Das weisse Kaenguruh
verband er die Buchstaben mit einer Kordel zu einer Kette und befestigte die Kette mit zwei Heftzwecken von außen an seiner Zimmertür. »W-I-L-L-K-O-M-M-E-N--W-U-M-M«stand da jetzt. In Regenbogenfarben. Mit seinen Filzstiften schraffiert.
Damit war Billy bereit. Aber es sollte noch drei weitere Stunden dauern, bis er feststellte, daß er mit seinem Vater nie, und zwar so was von nie, zusammenarbeiten würde.
Treffer versenkt.
»Wo ist der Wumm?« fragte Billy aufgeregt und im Schlafanzug.
Sein Vater war noch nicht einmal dazu gekommen, den Schlüssel in die Haustüre zu stecken, da hatte sie Billy schon von innen aufgerissen.
»Da ist etwas dazwischengekommen, Peter«, sagte Hans Büttgen darauf, hatte eine Fahne und stellte einen Karton auf den Boden.
»Wo ist der Wumm?« wiederholte Billy seine Frage und schaute den Karton an. Mit einem ganz schlechten Gefühl.
Dann fing er an zu zittern. Einfach so, am ganzen Körper und nicht zu knapp. Obwohl sein Schlafanzug aus anständigem Frottee und die Temperatur immer noch angenehm warm war, zitterte er leise vor sich hin. Und er konnte nichts dagegen tun.
»Wo ist mein Wumm?« fragte er ein drittes Mal und fast schon weinerlich.
»Also, eins sag ich dir«, antwortete sein Vater. »Daß du mir hier jetzt kein Theater machst, verstehst du?«
Billy trieb es die Tränen in die Augen. Spätestens jetzt wußte er, daß etwas Schreckliches passiert sein mußte. Nur was, das wußte er noch nicht. Die Tränen liefen über sein Gesicht, und das Oberteil seines taubenblauen Schlafanzuges saugte jede einzelne davon bereitwillig auf. Es war sein Lieblingsschlafanzug. Er hatte ihn extra für Wumm angezogen. Er wollte schließlich einen guten Eindruck machen.
»Jetzt warte doch erst mal ab«, sagte Hans Büttgen und merkte, daß seine Lage nicht besser wurde. »Und hör bloß auf zu weinen, verdammt noch mal. Das macht einen ja ganz bekloppt.«
So ging es natürlich nicht. Der Effekt war Null. Billy flossen die Tränen nun immer stärker aus den Augen, und die Flecken auf seinem Schlafanzug wurden erschreckend schnell größer.
»Ich war ja bei dieser Losbude«, machte sein Vater trotzdem und unbeirrt weiter. »Und ich wollte auch deinen Bären abholen, verstehst du? Aber dann …«
In diesem Moment wurde Billy schlecht. Als würde Weinen und Zittern allein nicht genügen, war ihm auf einmal auch noch zum Kotzen. Aber dann was? Was sollte das denn bitte heißen? Wovon sprach sein Alter überhaupt? Und was hatte dieser ganze Wahnsinn bloß mit ihm und seinem Wumm zu tun?
Billy fand keine Antworten und fing an zu schluchzen. Kompromißlos und ab jetzt in einer Tour. Es hörte sich schrecklich an.
»Jetzt hör mir halt erst mal zu, Peter«, steuerte Hans Büttgen weiter in den Untergang und packte Billy dabei am Arm. »Ich hätte den Bären schon mitgebracht, das kannst du mir glauben. Ich hatte es vor. Aber dann, dann stand da auf einmal diese Kaffeemaschine. Und du weißt ja, die von der Mama ist doch gestern kaputtgegangen. Ein Scheißteil war das. Hab ich von Anfang an gesagt. Und der Kaffee war auch nicht berühmt. Und ich dachte mir, weil, denk doch mal nach, Peter. Und hör endlich mit der Flennerei auf, zum Teufel! Wie oft soll ich es denn noch sagen? Ich meine, es ist doch so. Du hast doch schon ganz viele Stofftiere. Wie viele sind es eigentlich? Bestimmt über zehn, oder? Egal. Was ich dir sagen wollte. Wegen der Kaffeemaschine, hörst du? Da habe ich mir gedacht, wir beide, also du und ich, ein Geschenk,von uns beiden, verstehst du? Für die Mama. Um ihr eine Freude zu machen. Und du willst doch auch, daß sich die Mama freut, oder? Peter! Hab ich recht? Sag mal, hörst du mir überhaupt zu? Hey! Peter! Ich rede mit dir.«
Billy ging es nicht gut. Es ging ihm eher immer schlechter, und er hatte das seltsame Gefühl, sich langsam aufzulösen. Sein Gesicht wurde zum See, und in seinem Rachen konnte man das Zäpfchen flattern sehen.
Dann wurde ihm schwindelig. Von einer Sekunde auf die andere. Er schlug sich die Hände vors Gesicht, sackte in sich zusammen, konnte sich nicht mehr halten, ging zu Boden und war fortan nur noch ein kleiner Haufen heulendes, bibberndes Etwas.
Doch es kam noch schlimmer.
»Jetzt übertreibst du aber«, sagte Hans Büttgen und ging in die Offensive. »Was soll denn das? Steh wieder auf, Peter, komm! Das ist doch kindisch, hörst du? Bist doch schon ein großer Junge. Und ich habe ja auch noch eine gute Nachricht für dich. Aber
Weitere Kostenlose Bücher