Das weisse Kaenguruh
orangefarbenem, transparentem Kunststoff, die in einem Haufen auf dem Tresen des Glückshafensherumlagen. Egal was, Hauptsache gewonnen. Aber daß es nun tatsächlich einer dieser riesigen, weißen Bären sein sollte, die in einer kleinen Gruppe vom Budendach herunterhingen, das war schon eine Sensation. Potztausend!
»Papa, Papa, ich habe gewonnen«, rief Billy freudestrahlend und völlig außer Atem, als er am Bierstand angerannt kam.
Sein Vater stellte sein Glas ab.
»Wo hast du was gewonnen?«
»Einen Bären. Ich habe einen Bären gewonnen. Einen so großen Bären.«
Billy spannte seine Arme auf, um die Dimension seines Gewinns zumindest anzudeuten.
»Na bravo«, sagte sein Vater und drehte sich zu seinen Saufkumpanen. »Da schaut ihr, was? Das ist mein Sohn. Ein echter Gewinnertyp. Genau wie ich, haha.«
Die Runde glaubte dem Hans kein Wort.
Billy war es egal. Er bekam so und so nichts mehr mit. Er hatte nur noch eins im Sinn. Er wollte los.
»Du mußt mitkommen, Papa. Sofort. Wir müssen den Wumm abholen.«
»Wer zum Teufel ist der Wumm?«
»Der Wumm ist mein Bär. Ich habe ihn gewonnen. Da drüben an der Bude. Bei dem Schild da. Gehen wir jetzt?«
»Nun mal langsam. So schnell scheißen die Preußen nicht«, sagte sein Vater. »Ich muß erst mal zahlen, ja? Und wo ist überhaupt der … na sag schon, ach ja, genau, der Thomas?«
Hans Büttgen nahm sein Glas wieder vom Tresen auf, nahm einen Schluck und schaute sich um. Zur Sicherheit hielt er sich dabei mit der anderen Hand fest.
»Wahrscheinlich beim Autoscooter«, sagte er vor sich hin und hatte bereits ein verdächtiges Lallen in der Stimme. »Kleinen Moment. Genau, da ist er. Ich kann ihn sehen.«
Dann trank er sein Glas leer, zahlte seine Biere und war einletztes Mal charmant zur Lady am Zapfhahn. Er gab ein fulminantes Trinkgeld, zwinkerte ihr dabei zu, zog danach seine rechte Augenbraue nach oben und griff sich ihre Hand.
»Du bist eine richtig Süße, Sigrid«, sagte er. »Bleib so.«
»Klaro bin ich süß, Hans«, sagte die Sigrid darauf. »Ich komm ja auch aus dem Sauerland.«
Hans Büttgen lachte noch einmal auf, hob seine linke Hand zum Gruß und nahm Billy an der rechten. Dann lief er mit ihm zum Autoscooter hinüber, um Thomas aus einem feuchten Traum zu reißen.
Als die drei kurze Zeit später im Glückshafen einliefen, war der breite Hans schwer beeindruckt. Das war wirklich ein verdammt großer Bär, den sein Sohn da gewonnen hatte. Viel größer, als er im ersten Moment gedacht hatte. Und das war schon ein Problem, wie er fand.
»Hast du dir eigentlich schon mal Gedanken darüber gemacht, wie wir dieses Ding da nach Hause bringen sollen.«
»Das ist kein Ding, Papa. Das ist der Wumm«, widersprach Billy energisch.
»Jacke wie Hose. Wir können den Bären in keinem Fall mitnehmen. Wir sind schließlich mit dem Bus da und nicht mit einem Sattelschlepper.«
»Aber ich habe doch gewonnen«, stammelte Billy und verstand plötzlich gar nichts mehr. »Der Wumm ist mein Bär.«
Und auf einmal standen sich Vater und Sohn gegenüber und schauten sich an. Auf der einen Seite Billy, bei dem die pure Freude über seinen Hauptgewinn schlagartig in eine noch unbestimmte, aber gerade deswegen blanke Angst umgeschlagen war. Und auf der anderen Seite sein Vater, der das zwar irgendwie spürte, sich aber nicht zu helfen wußte, weil er dafür erstens nicht geboren war und außerdem schon viel zu besoffen. Und wäre da nicht noch die sexy Losverkäuferin gewesen, die entspannt in ihrer Bude stand, es wäre unweigerlich zur Katastrophe gekommen. Aber Gott sei Dankmischte sie sich ungefragt ein und entschärfte die Situation mit einem Vorschlag, der nur eines war: brillant.
»Kommen Sie halt morgen mit dem Auto vorbei«, sagte sie. »Der Bär kann ja solange hier bleiben.«
Dann wandte sie sich zu Billy und streichelte ihm mit beiden Händen über den Kopf.
»Und du mußt keine Angst haben, mein Kleiner. Deinem Wumm wird garantiert nichts passieren. Ehrenwort. Wenn jemand dem Wumm zu nahe kommt, dann soll er mich kennenlernen. Da passe ich auf wie eine Löwin.«
»Puh«, dachte sich Billy und war zurück im Himmelreich. Sein Vater griff den Vorschlag der Blondine nämlich sofort auf. Und klar, wie auch sonst? Die Blondine hatte alles, was ein guter Vorschlag brauchte. Und so versprach Hans Büttgen seinem Sohn großherzig, daß er sich selbstverständlich gerne und insbesondere persönlich um diese Angelegenheit kümmern werde. Das sei
Weitere Kostenlose Bücher