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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Richtung Clare.
    Clare wandte sich an Kristen, die immer noch die Arme defensiv vor ihrer Brust verschränkt hielt. »Sie kennen sich aus in Finanzfragen«, sagte sie.
    »Jeder hat seine Stärken. Mir macht so was Spaß. Ich mag Zahlen.«
    »So zuverlässig, so logisch, nicht wahr? So gut kontrollierbar.« Kristen warf ihr einen stechenden Blick zu. Clare fuhr fort. »Manchmal ist es viel leichter, sich in seine Arbeit zu stürzen, als sich persönlichen Problemen zu stellen. Haben Sie das auch schon gemerkt? Es ist bequem und lenkt ab.«
    Kristen schoss von dem Sofa hoch und lief zwischen den schweren Möbeln hindurch zur Küche. »Wollen Sie was zu trinken? Ich weiß, dass Ma Limo dahat.«
    »Nein, danke. Haben Sie vor, mit Ihrer Mutter die zwei Bestattungen zu besprechen?«
    Brenda McWhorter kam durch den Flur zurückgetappt, ein Bündel Papiere und Briefkuverts in der Hand. Bei Clares Worten blieb sie wie angewurzelt stehen. »Oh, Krissie«, sagte sie. »Darüber müssen wir wirklich reden. Du kümmerst dich doch um die Einzelheiten, nicht wahr, Schatz? Du weißt ja, ich hab’s nicht so mit solchen Sachen.«
    Kristen schlug die Kühlschranktür zu, dass dessen Inhalt schepperte. »Ja, Ma, ich kümmere mich um die Einzelheiten. Ich weiß, du hast’s nicht so mit solchen Sachen.« Ihre Stimme wurde brüchig. »Du hast’s nicht so mit dem beschissenen Kleinkram, den das Leben mit sich bringt.« Sie knallte eine Literflasche Orangenlimo auf die Anrichte und stieß zwei Kunststoffgläser auf dem Abtropfbrett um, von denen sie sich eines schnappte.
    »Krissie …«
    »Ma, ich bin hier das Kind, du erinnerst dich? Du solltest dich um mich kümmern, nicht umgekehrt.« Die Limonade schwappte über das falsche Bergkristall. »Du hättest dich eigentlich um Katie und mich kümmern müssen, und, Ma, das hast du scheißerbärmlich gemacht.« Ein bellendes Schluchzen entrang sich ihrer Kehle. Sie hielt sich den Mund zu.
    »Krissie …« Brendas Hände fuchtelten hilflos herum, und plötzlich sah Clare glasklar die kleine Frau im Innern dieses massigen Körpers. Hatte Brenda sich das selbst angetan? Oder war es mehr Darrells Werk? »Ich habe immer versucht … Du verstehst nicht. Du hast nie verstanden, wie das ist, jemanden zu brauchen.« Sie sah auf den Papierkram, wo Darrels und ihr Vermögenszuwachs aufgezeichnet war. Flehentlich schaute sie zu Clare. »Er war in vielerlei Hinsicht ein sehr guter Ehemann und Vater.«
    Clare biss die Zähne zusammen, um sich nicht zu übergeben.
    »Ma, ich muss das wissen. Hat er mit Katie rumgemacht? Hat er nach meinem Auszug angefangen, sich an ihr zu vergreifen?«
    »Kristen! Wie kannst du so was sagen!«
    Ihre Tochter beugte sich über die gesprenkelte Anrichte. »Ich weiß. Wir sagen so was nicht, stimmt’s? Keiner von uns hat das Kind je beim Namen genannt, nicht wahr? Nicht mal Katie und ich. Hat er, Ma? Hat er das getan?«
    Brenda senkte ihren Blick auf den Teppich und schüttelte den Kopf. »Er … Ich weiß nicht, ob Katie ihm irgendwas gesagt hat oder ob es … ob es bloß du warst. Er war gut zu Katie.« Sie blickte wieder zu ihrer Tochter auf. »Ich durfte ihn nicht verlieren, Krissie. Ich hab nicht …« Sie sah auf die Unterlagen in ihrer Hand. »Ich hab einfach nicht darüber nachgedacht. Wenn man verheiratet ist, muss man lernen, bestimmte Dinge zu übersehen. Er hat sich immer um mich gekümmert, und er hat mich geliebt.« Sie fing an zu weinen.
    »O Ma. Mein Gott, Ma, du hast nicht darüber nachgedacht.« Kristen kam langsam um die Anrichte herum und nahm ihre Mutter, so gut es ging, in die Arme. »Ma, er hat uns alle nur benutzt.« Ihr brach die Stimme, aber sie fuhr fort. »Ich habe mich aus eigener Kraft in jemanden verwandelt, der sich nie mehr benutzen lässt. Das kannst du auch. Es ist nie zu spät.«
    Ihre Mutter schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht so zäh wie du oder so clever wie Katie. Ich brauchte immer jemanden, der mir über die Runden hilft. Ich weiß, du hasst ihn, und das kann ich dir nicht verübeln, du hast ein gutes Recht dazu. Aber ich weiß nicht, was ich ohne ihn tun soll. Zum Teufel mit ihm, weil er dachte, er könnte ’nen letzten großen Deal machen.«
    Clare trat unwillkürlich einen Schritt nach vorn. Wie?
    Kristen wischte sich Augen und Nase am Ärmel ab. »Oh, der und seine großen Deals …«
    »Kristen.« Das Mädchen blickte mit wässrigen Augen zu Clare. »Wenn Ihr Vater bei seinem ›letzten großen Deal‹ getötet wurde, dann

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