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Das weiße Mädchen

Das weiße Mädchen

Titel: Das weiße Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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der vermutlich reihenweise Immobilien aufkaufte und deren Betreuung einer Anwältin überließ. Vielleicht lebte er nicht einmal in Deutschland, sondern leitete sein Imperium von Mallorca oder von den Malediven aus.
    Lea schob die Angelegenheit einstweilen beiseite, trank einen Kaffee und legte sich – ganz gegen ihre Gewohnheit – eine halbe Stunde ins Bett, um in Ruhe nachdenken zu können. Als ihr Handy klingelte, fuhr sie erschrocken hoch, denn sie hatte mit halb geschlossenen Augen vor sich hin gedämmert und war dabei fast eingeschlafen.
    »Jörg Hausmann«, meldete sich ihr Redaktionskollege. »Ich hoffe, ich störe nicht.«
    »Ach was, wobei denn!«, wehrte Lea ab, die ehrlicherfreut war, seine Stimme zu hören. »Wie läuft es in der Redaktion?«
    »Ach, nur das Übliche«, meinte Jörg. »Wie geht’s dir? Schlägst du dich immer noch mit dieser Vermisstengeschichte herum?«
    »Ehrlich gesagt, ja«, gab Lea zu.
    »Dann habe ich etwas, das dich vielleicht interessieren wird. Mein Bekannter beim Hamburger Archivservice hat es ausgegraben.«
    »Tatsächlich? Worum handelt es sich denn?«
    »Zwei Meldungen aus einem wendländischen Wochenblatt vom Oktober 1984.   Vielleicht gibt es keinen Zusammenhang, aber der Computer sprang auf die Stichwörter
Verchow
und
Christine
an. Es geht um irgendeine Tierseuche, die von Katzen übertragen wurde.«
    »Christines Mutter züchtete Katzen«, sagte Lea. »Das klingt nach einem Treffer.«
    »Ich habe dir den Artikel geschickt.«
    »Großartig! Tausend Dank.«
    Sie verabschiedeten sich mit gegenseitigen guten Wünschen, und Lea öffnete sofort ihren Laptop, um sich die Artikel anzusehen.
     
    Katzenseuche im Verchower Forst
     
    11.   Oktober 1984.   Wie das Veterinäramt in Lüchow gestern bestätigte, häufen sich in Verchow und Umgebung seit kurzem Fälle von Toxoplasmose. Die Infektionskrankheit, die alle Säugetiere und auch den Menschen befallen kann, wird hauptsächlich durch Katzen übertragen und gilt im Allgemeinen nicht als gefährlich. Oft verlaufe die Erkrankung gänzlich symptomfrei, sagte ein Sprecher des Amtes. Allenfalls bestehe ein Risiko für Menschen mit geschwächter Immunabwehr. Eine Gefahr für die Allgemeinheit sehe man jedoch nach bisheriger Einschätzung nicht.
    Landwirt Hans F. aus Verchow beurteilt die Lage kritischer: Aufgrund der Seuche, so der 4 2-Jährige , habe er bereits mehrere Jungschweine verloren. Tierarzt Frank S. behandelt die verbliebenen Tiere prophylaktisch mit Medikamenten, wodurch dem Bauern erhebliche Kosten entstehen. Die Quelle der Seuche müsse ausfindig gemacht werden, meint auch Rechtsanwalt Harald J.   Es sei nicht auszuschließen, dass sich der Erreger durch eine Katzenzucht in unmittelbarer Nähe der Ortschaft verbreitet habe. »Die Tiere streifen frei in den Wäldern und auch im Dorf umher«, berichtet der 3 6-Jährige . »Dieser Plage sollte Einhalt geboten werden.« Die Veterinärbehörde veranlasst derzeit eine Prüfung.
     
    Streit um Katzenseuche
     
    16.   Oktober 1984.   Ein alter Gutshof, romantisch einsam gelegen im Verchower Forst: Das ist die Heimat der Familie G. und ihrer 26   Norwegischen Waldkatzen.
    »Sie sind mein Ein und Alles«, sagt Züchterin Maria G. (41), ihren 5   Kilo schweren Lieblingskater »Teddy« im Arm, während Tochter Christine (14) mit den sechs Wochen alten Katzenbabys spielt. Liebe und Fürsorge erhalten die langhaarigen Samtpfoten bei Maria G. im Überfluss, und auch Auslauf haben sie zur Genüge. Vor kurzem jedoch ist eine Wolke am Himmel des Katzenparadieses aufgetaucht: In der benachbarten Ortschaft Verchow grassiert die Parasitenkrankheit Toxoplasmose bei Haus- und Nutztieren. Hauptüberträger der Seuche sind Katzen. Ein Dorfbewohner hatte die Familie G. angezeigt, der Inspektor der Veterinärbehörde stand bereits vor der Tür.
    »Ich kann mir das überhaupt nicht erklären«, klagt Maria G. »Meine Katzen sind gesund!« Deutlichere Worte findet Ehemann Martin G. (40): »Das ist nichts weiter als üble Nachrede. Es wäre nicht das erste Mal, dass man versucht, uns mit haltlosenBeschuldigungen das Leben schwer zu machen.« Genauer will sich der freiberufliche Kunstmaler nicht äußern.
    Die Inspektion erbrachte das Ergebnis, dass die Zucht der Familie G. nicht durch Toxoplasmose verseucht ist. Zwar machen rund zwei Drittel aller Katzen irgendwann eine Erkrankung mit dem Parasiten durch, bleiben danach jedoch lebenslang immun. Eine Impfung gegen die Krankheit, die in

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