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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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dieser schwierigen Materie. Wer könne so dreist sein, irgendeinen anderen Mathematiker in dieser Hinsicht mit Tycho messen zu wollen? Tycho selbst habe sich damit zurückgehalten, andere für ihre Beobachtungen zu kritisieren. Bei der Auswahl der besten Daten aber habe er dieselben Maßstäbe an andere gelegt wie an sich selbst.
    Kepler meint, Galilei könne nur im Eifer des Wortgefechts derart über Tycho geurteilt haben. Mit einer gewissen Ironie nimmt er Galilei sogar in Schutz gegen Verdächtigungen, die besagen, der Neid auf Tychos Autorität habe ihn angetrieben. Nebenbei streift er auch die wenigen Passagen, in denen er selbst namentlich zitiert wird.
    Im Saggiatore hat Galilei seinen deutschen Kollegen an einer Stelle als einen »nicht weniger freien und aufrechten als intelligenten und gebildeten« Mann bezeichnet, ihn dann aber sogleich für seine Zwecke vereinnahmt. Kepler kann wenig mit Galileis Behauptung anfangen, die Kometen seien Reflektionen des Lichts an aufsteigenden Dünsten der Erde. Doch gerade in diesem Zusammenhang benennt Galilei ihn als Zeugen. Er habe ihn hier falsch zitiert, schreibt Kepler.
    Schon in einem Brief an Remo Quietano einige Jahre zuvor hat Kepler darauf hingewiesen, dass die Kometen mit den Gestirnen auf- und untergehen und dass sie von verschiedenen Ländern aus an derselben Stelle am Himmel zu sehen seien. Schon damals fragte er sich, wie das mit Galileis Hypothese in Einklang zu bringen sei. Galilei hat auch jetzt nirgends dargelegt, wie sich das Bild des Kometen in seiner Theorie abhängig vom jeweiligen Stand der Sonne verändert.
    Kepler hält ihm seine eigenen Ideen von der Natur der Kometen entgegen, deren Kopf er als kugelförmig verdichteten Nebel bezeichnet. Der Schweif dagegen sei »eine Ausströmung aus dem Kopf, die durch die Strahlen der Sonne nach der von ihr abgewandten Seite herausgetrieben wird. Für dieses Ausströmen wird der Kopf selbst an- und schließlich aufgebraucht, sodass der Schweif gleichsam der Tod für den Kopf ist.« Das klingt modern. Kepler zieht allerdings nicht in Betracht, dass Kometen erst nach mehreren Umläufen um die Sonne auf diese Weise verlöschen. Er hält sie für viel kurzlebiger.
    Sein Ton gegenüber Galilei ist gewohnt höflich, humorvoll, an vielen Stellen anerkennend. Er lobt dessen Buch, das wegen der scharfsinnigen Berechnungen allgemein empfohlen und von Studenten der Philosophie gern gelesen werde. Dennoch sind Keplers Ausführungen seine erste und einzige deutliche Kritik an seinem kopernikanischen Weggefährten.
    Galileis Rückzug
    Galilei wird sofort von mehreren Seiten in Briefen, die ihn aus Rom, Cesena, Bologna und Venedig erreichen, auf die Einwände des kaiserlichen Mathematikers angesprochen. Natürlich will er dessen Kritik nicht einfach auf sich sitzen lassen.
    Am 17. Januar 1626 schreibt er an Cesare Marsili in Bologna, er verstehe, um die Wahrheit zu sagen, äußerst wenig von Keplers Schrift, wisse aber nicht, ob das seinem eigenen mangelnden Fassungsvermögen oder dem extravaganten Stil des Autors zuzuschreiben sei. »Es scheint mir, dass er, weil er seinen Tycho nicht gegen meine Anfechtungen verteidigen kann, sich damit beholfen hat, etwas zu schreiben, was andere nicht verstehen und was vielleicht nicht einmal er selbst verstehen kann.« Eine bereits bekannte Wendung Galileis in solchen Fällen.
    Nur vierzehn Tage später kündigt er an: »In meinem Dialog werde ich Raum genug haben, mich gegen die haltlosen Einwände Keplers zu verteidigen.« Am 28. März schreibt er Marsili, er sehe sich gezwungen, auf Keplers Appendix zu reagieren, das sei er dessen und seinem eigenen Ruf schuldig. Es sei ein Leichtes, Keplers Argumente zu entkräften, er wisse nur noch nicht, in welcher Form er seine Entgegnung am besten publizieren solle. Am 25. April ist er sich darüber immer noch nicht im Klaren. Am 27. Juni entschuldigt er sich bei Marsili dafür, dass er weiterhin mit seiner Antwort in Verzug sei, verschiedene Dinge hätten ihn davon abgehalten. Am 17. Juli taucht die Sache dann nicht mehr wie bisher zu Beginn, sondern erst ganz am Ende seines Briefes an Marsili auf. Ein weiteres Mal bedauert er es, dass sich seine Stellungnahme verzögert. Erst im August ist anscheinend genügend Gras über die Sache gewachsen, dass er stillschweigend darüber hinweggehen kann.
    Diese Zeugnisse sind das Protokoll eines Aufschubs und Rückzugs. Über Monate hinweg drängt es Galilei, Kepler Paroli zu bieten. Seine abwehrenden

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