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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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französische König, der Erzherzog Leopold von Österreich, der Fürst Federico Cesi und die ganze »Akademie der Luchse« in Rom warten, kann keine systematischen Kometenbeobachtungen anstellen.
    Als im Herbst und Winter 1618 die Diskussion über die Kometen entbrennt, empfängt Galilei in seiner wunderschönen Villa mit Blick über Florenz ein paar Freunde, denen er seine Ansichten über die Natur der Kometen erläutert. Wortführer in der öffentlichen Debatte aber sind in Italien die Jesuiten. Sie bestätigen Brahes Messungen, aus denen er abgeleitet hatte, dass es sich bei den Kometen um Himmelskörper handelt, die sich außerhalb der Mondbahn bewegen. Auch Kepler stimmt seinem ehemaligen Lehrer in diesem Punkt zu. In einer langen wissenschaftlichen Abhandlung wirft er den Blick noch einmal zurück zu dem außergewöhnlichen Kometen aus dem Jahr 1607, der später als »Halleyscher Komet« berühmt wird.
    Galilei meldet sich erst zu Wort, als die Kometen wieder vom Nachthimmel verschwunden sind. In der Kometenschrift des Jesuitenpaters Orazio Grassi findet er etliche Angriffspunkte, die er in deftigen Kommentaren öffentlich macht. Damit will er wenigstens seine Überlegenheit als Philosoph unter Beweis stellen.
    Das von Galilei entworfene Bild lässt sich mit wenigen Worten folgendermaßen beschreiben: Während der Hofphilosoph der Medici das Bett hütete, tobte draußen die Dummheit. Galilei stellt sämtliche Beobachtungen seiner Kollegen grundsätzlich infrage. Sie hätten ja nicht einmal nachgewiesen, dass die Kometen reale Objekte seien. Er selbst hat eine alternative Hypothese: dass es sich bei den Kometen um bloße Lichtreflexe in der Erdatmosphäre handele, also um optische Erscheinungen wie Nordlichter oder Regenbögen und nicht um Himmelskörper.
    Diese traditionelle Vorstellung passt in Galileis Kosmologie. Schon Jahre zuvor hat er darüber spekuliert, die Ausdünstungen der Erde und der anderen Planeten könnten sich geradewegs bis zur Sonne ausbreiten. Solche Materieströme rufen seiner Ansicht nach beim Auftreffen auf die Sonne die dunklen Sonnenflecken hervor. In Galileis Bild wird die Sonne mit Materie aus dem sie umgebenden Kosmos »gefüttert« und gibt ihrerseits Licht zurück.
    Mit dem Jesuiten Grassi liefert er sich eine Auseinandersetzung über die Kometen, die sich über mehr als sieben Jahre hinzieht. Er charakterisiert den Kontrahenten als blinden Gefolgsmann Tycho Brahes, der seine Argumente willkürlich zusammensuche und erdichte. Grassi glaube wohl, in der Wissenschaft müsse man irgendeinem berühmten Autor folgen. Aber die Philosophie sei kein von Menschen erfundenes Buch wie die Ilias oder der Rasende Roland : »Die Philosophie ist in jenem großartigen Buch geschrieben, das uns ständig offen vor Augen steht (ich meine das Universum), aber man kann es nicht verstehen, wenn man nicht zuvor die Sprache lernt und sich mit den Zeichen vertraut gemacht hat, in denen es geschrieben ist. Es ist in mathematischer Sprache geschrieben, und die Buchstaben sind Dreiecke, Kreise und andere geometrische Figuren, ohne die es dem Menschen unmöglich ist, auch nur ein einziges Wort zu verstehen; ohne sie ist es ein vergebliches Herumirren in einem dunklen Labyrinth.«
    Es sind solche Passagen, die Galileis umfangreiche Kometenschrift, den Saggiatore oder Goldwäger , auszeichnen. Um sich aus der Defensive zu befreien, bietet er seine ganze Redekunst auf. Wie einem Karikaturisten gelingt es ihm, den Jesuiten Grassi in einen engstirnigen Schulphilosophen zu verwandeln, obschon man einige Argumente Galileis genauso gegen ihn selbst wenden könnte: Ohne Anschauung des Universums und ohne Kenntnis der Mathematik keine Philosophie – und nun will ausgerechnet derjenige, der die Kometen erklärtermaßen nicht beobachtet hat, diejenigen belehren, die hingeschaut haben?
    Dass der Jesuitenpater empirische Belege für seine Interpretation der Kometen vorlegt, wiegt in Galileis Augen wenig. Denn Grassis Beweisführung enthält viele Ungereimtheiten. Galilei fällt über jede fragwürdige Formulierung her und holt gleichzeitig gegen Tycho Brahe aus.
    Schon Brahe habe in seinen Werken »die elementarsten Kenntnisse der Mathematik« vermissen lassen, die tychonische Planetentheorie kommt ihm wie eine groteske Mischung aus dem alten ptolemäischen und dem kopernikanischen System vor. Sie sei nicht abgeschlossen und keine eigenständige schöpferische Leistung wie die seiner Vorgänger Ptolemäus und Kopernikus.

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