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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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aushalte und nicht überdrüssig werde, so kann ich in sechs bis sieben Stunden hintereinander die Ephemeriden des Mars für ein Jahr schreiben … Wäre es möglich, dass wir uns zu einer sicheren und vertrauensvollen Zusammenarbeit verbinden …? Das würde die Bücher wegen des Rufes, den wir beide genießen, leichter verkäuflich machen und die Sache selber fördern.«
    Kepler lädt den auch vom Kaiser geschätzten Professor zu einem Forschungsaufenthalt nach Prag ein. Er kann ihm allerdings keine finanziellen Sicherheiten geben. Mit der prekären Lage Rudolfs II. ist bereits seine eigene Stellung am Hof unsicherer denn je.
    Sämtliche kaiserlichen Hofdiener haben zu Beginn des Jahres im Schlosshof protestiert und den Kammerpräsidenten beschimpft, weil ihnen die Löhne nicht mehr ausbezahlt werden. Kepler selbst hat seine Neue Astronomie komplett veräußern müssen. Nicht einmal an seine Mathematikerkollegen hat er Freiexemplare senden können, weil ihm der Kaiser sein Gehalt nicht zahlt. »Da er mich stramm hungern lässt, sah ich mich genötigt, alle ohne Ausnahme an den Drucker zu verkaufen.« Kein Wunder, dass Magini unter solchen Umständen dankend ablehnt.
    Unfassbare Neuigkeiten
    Keplers berufliche Aussichten in Prag sind trist, als er Mitte März 1610 von einer Nachricht überrascht wird, die sich in der Gelehrtenwelt wie ein Lauffeuer verbreitet: In Padua soll Galileo Galilei mit einem Fernrohr zum Nachthimmel geschaut haben. Mithilfe der geschliffenen Gläser habe er vier bislang unbekannte Planeten entdeckt.
    Die Neuigkeit reißt ihn aus seiner Winterstarre. Als ihm sein Freund Wackher von Wackenfels im Vorbeifahren davon erzählt, ist Kepler so verwirrt, dass er für einen Augenblick den Boden unter den Füßen verliert. Mit einem Mal sieht er all das infrage gestellt, was er selbst bisher am Firmament gesehen, was er darüber gedacht und geschrieben hat.
    Was sind das für neue Planeten? Und gleich vier an der Zahl? Seine ganze Anspannung entlädt sich in einem unwillkürlichen Lachen, das er zu Beginn eines langen Briefes an Galilei beschreibt:
    »Schon lange saß ich untätig zu Hause herum, immer nur in Gedanken an dich und einen Brief von dir, unübertrefflicher Galilei! Auf der vergangenen Messe habe ich nämlich ein Buch …, die Frucht langjähriger Arbeit, an die Öffentlichkeit gegeben. Und seit der Zeit, als hätte ich in schwerstem Kriegszug Ruhm genug erworben, machte ich eine Pause in meinen Studien. Es müsse doch sein, glaubte ich, dass unter anderen auch Galilei, der Fähigste von allen, brieflich mit mir über die von mir verkündete neue Art der Astronomie oder Himmelsphysik in Gedankenaustausch trete, und den vor zwölf Jahren begonnenen, aber abgebrochenen Briefwechsel wiederaufnehme.
    Ganz unvermutet kommt da aber um den 15. März durch Kuriere die Nachricht nach Deutschland, mein Freund Galilei sitze statt an der Lektüre des Buches eines andern an einer eigenen Arbeit ganz ungewöhnlichen Inhalts, nämlich (von den andern Kapiteln seines Büchleins zu schweigen) über vier bisher unbekannte, durch Anwendung einer zweifachen Linse gefundene Planeten. Als mir das der erlauchte Rat Seiner Kaiserlichen Majestät und Berichterstatter des hohen kaiserlichen Konsortiums, Herr Joh. Matthäus Wackher von Wackenfels, vom Wagen herab vor meiner Wohnung verkündet hatte, befiel mich bei näherem Nachdenken über das Unglaubliche, was ich gehört hatte, solches Staunen, bestürmten mich solche Gemütserregungen (ganz unvermutet war nämlich eine alte Streitfrage zwischen uns entschieden), dass er vor Freude, ich vor Schamgefühl, jeder lachend in der Verwirrung über die Neuigkeit, er nicht genug erzählen, ich nicht genug hören konnte.«
    Keplers ganze Aufregung spiegelt sich in der Schilderung dieser Szene. Wackher teilt ihm die mitreißenden Neuigkeiten zwischen Tür und Wagen mit, und noch bevor er irgendwelche Einzelheiten erfahren hat, spürt Kepler die Bedeutung des historischen Augenblicks bereits am eigenen Leib.
    Er lacht. Er lacht, als stünde er neben sich und könnte sich und seine Situation für einen Moment aus einer anderen Warte betrachten: Wenn Galilei recht hat, dann haben ihn die eigenen Augen bisher getäuscht. Sie haben ihm nur einen kleinen Ausschnitt aus einer Wirklichkeit gezeigt, die viel umfassender ist. Und nicht nur ihm ist es so ergangen, sondern allen Protagonisten der Jahrtausende alten astronomischen Wissenschaft, ob sie nun Hipparchos oder Ptolemäus

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