Das Weltgeheimnis (German Edition)
hin. Doch selbst Giuliano de’ Medici erreicht nichts. Galilei schickt ihm zwar ein paar aktuelle Ergebnisse seiner andauernden Jupiterbeobachtungen zu, von denen der Botschafter Kepler am 17. Juli berichten kann. Aber vergeblich bittet dieser Galilei darum, dem kaiserlichen Mathematiker ein ordentliches Teleskop zur Verfügung zu stellen, mit dem alle am Hof von der Existenz der Jupitermonde überzeugt werden könnten.
In Prag macht man sich inzwischen lustig über das Fernrohr, das nichts als Trugbilder hervorbringe. Während der Kaiser seine Mittelsmänner damit beauftragt, Linsen besserer Qualität aus Venedig zu beschaffen, hat sich Kepler unter den Gelehrten weitgehend isoliert. Sogar aus seinem überschwänglichen Kommentar zu Galileis Sternenboten picken andere nun ungeniert die Worte heraus, die sich für eine Kritik an Galilei am besten eignen, unter ihnen Maginis Schüler Martin Horky, dessen Pamphlet gegen den Himmelskaufmann aus Venedig und seinen »kranken Sternenboten« am Hof zirkuliert.
Galileis verschlüsselte Botschaften
Am 9. August, knapp vier Monate nach seinem Kommentar zum Sternenboten , wendet sich Kepler noch einmal an Galilei. Zuerst bringt er sein »heftiges Verlangen« zum Ausdruck, endlich selbst einen Blick durch eines der galileischen Fernrohre zu werfen. Die Qualität der Instrumente am Hof sei zwar ausreichend, um viele neue Sterne zu erkennen, nicht aber Jupiters vier Satelliten.
Die gerade veröffentlichte Publikation Horkys macht Kepler besonders zu schaffen. Der junge Böhme erhebe ausgerechnet ihn zum Zeugen gegen Galilei. »Nun will jener behaupten, ich hätte unumstößliche Gründe und Beweise gegen Euren Sternenboten vorgebracht!« Aber weder durch diesen »Lump« noch durch die ablehnende Haltung der Menge lasse er sich beirren. Er hege nicht den geringsten Zweifel an Galileis Entdeckungen, brauche allerdings Belege.
»Drum bitte ich Euch, mein Galilei, gebt mir sobald als möglich Zeugen an! Aus verschiedenen Briefen von Euch an andere habe ich nämlich erfahren, dass es Euch an solchen Zeugen nicht fehlt. Aber ich kann außer Euch keine anderen anführen, um die Zuverlässigkeit meines Sendschreibens zu verteidigen. Ihr seid der einzige Gewährsmann für die Beobachtung.«
Trotzdem stehe er unverbrüchlich zu ihm. Die Würfel seien längst gefallen. »Ihr, mein Galilei, habt das Allerheiligste des Himmels aufgetan. Was bleibt da anderes übrig, als dass Ihr den Lärm, der erregt worden ist, verachtet.«
Während er noch auf eine Antwort wartet, treffen unerwartete Neuigkeiten aus Padua ein: eine neue Entdeckung Galileis. Worum es sich dabei handelt, verrät der eigenwillige Beobachter nicht. Galilei möchte das Geheimnis zu diesem Zeitpunkt noch nicht preisgeben, seine Prioritätsansprüche aber schon einmal sicherstellen, indem er die Nachricht verschlüsselt. Das Buchstabenrätsel, das auf Keplers Schreibtisch landet, lautet:
»SMAISMRMILMEPOETALEUMIBUNENUGTTAUIRAS«
Es wird nicht das letzte Versteckspiel sein, das Galilei mit Kepler und anderen Gelehrten treibt. Wochenlang zerbricht sich der kaiserliche Mathematiker den Kopf über der Buchstabenfolge. Er kann sich keinen Reim daraus machen, reiht sie zu »halbbarbarischen« Versen zusammen, wie er selbst bekennt: »Salve umbistineum geminatum Martia proles.« – »Seid gegrüßt, doppelter Knauf, Kinder des Mars.« Könnte es sein, dass auch der Mars Monde hat?
Kepler komme nicht mehr zur Ruhe. Er verzehre sich danach, endlich zu erfahren, um welche Entdeckung es sich diesmal dreht, schreiben der Botschafter und Hasdale nach Padua. Galilei lässt ihn zappeln. Erst Monate später lüftet er das Geheimnis auf Drängen des Kaisers. Des Rätsels Lösung, die richtige Anordnung der Buchstaben, lautet: »Altissimum planetam tergeminum observavi« – »Ich habe den höchsten der Planeten als Dreigestirn beobachtet.« Der Saturn habe »zwei Diener, die ihn in seinem Lauf stützen und nie von seiner Seite weichen«.
Was für ein Theater um zwei Himmelskörper, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt! Galilei hat zu beiden Seiten des Saturns einen Wulst gesehen und daraus geschlossen, es handele sich um zwei große Begleiter des Planeten, einen auf jeder Seite. Die angeblichen Monde entpuppen sich fünfzig Jahre später als ein System aus Ringen und damit als ein völlig neues Himmelsphänomen. Modernen Erkenntnissen zufolge haben sich diese Ringe vor langer Zeit aus den Trümmern anderer Himmelskörper um den Saturn
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