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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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besondere Mühe gegeben habe.
    Vermutlich überzeugen seine Lehrer die Eltern und Großeltern davon, dass der Hänfling für die harte Landarbeit nicht taugt, während die schulische Ausbildung den talentierten Jungen zu einem geistlichen Amt führen könnte. Diese Chance erkennen seine beiden Großväter wohl am ehesten. Sebald Kepler unterstützt seinen Enkel bei den Bemühungen um ein Stipendium, während Großvater Guldenmann dem jungen Universitätsstudenten den finanziellen Ertrag einer Wiese überschreibt. Doch das sind späte und vergleichsweise kleine Hilfestellungen auf einem Weg, den ihm vor allem die württembergische Schulordnung ebnet.
    Als Johannes Kepler seine ersten Schuljahre gemeistert hat, kommt er aufgrund seiner Leistungen ohne besondere elterliche Unterstützung weiter. Als einer von zweihundert Auserwählten wird er nach bestandenen Prüfungen in die Klosterschulen von Adelberg und Maulbronn aufgenommen und bekommt später ein Stipendium für das Tübinger Stift.
    In den evangelischen Seminaren von Adelberg und Maulbronn lebt er in Klausur, trägt eine Mönchskutte und beginnt im Sommer schon um vier Uhr morgens mit dem Psalmensingen, muss sich mit kargen Mahlzeiten und wenig Schlaf begnügen. Mit seinen Mitschülern darf er nur in lateinischer Sprache reden. Er wird dazu angehalten, die Vergehen seiner Kameraden anzuzeigen, was er nur unter Qualen befolgt. Von seinen Rivalen wird er geschnitten, wenn er als guter Schüler mit seinen Leistungen auf sich aufmerksam macht, ist jedoch selbst genauso eifersüchtig, wenn andere gelobt werden.
    Im Internat lebt er in einer Atmosphäre ständiger Konkurrenz und Verdächtigungen. Unter den Stipendiaten hat er viele Feinde, »in Adelberg Lendlin, in Maulbronn Spangenberg, in Tübingen Kleber, in Maulbronn Rebstock, Husel, in Tübingen Dauber, Lorhard, Jaeger, ein Verwandter, Joh. Regius, Murr, Speidel, Zeiler …« Kepler zählt hier nur die langjährigen auf. Von Freundschaften lesen wir in dieser Zeit nichts.
    Wegen seiner teils schonungslosen Offenheit und Selbstkritik ist über Keplers persönliches Schicksal, sein Verhältnis zu den Eltern und Mitschülern oder über seine Ehen viel mehr bekannt als über Galilei. Obwohl er leicht verletzbar ist, verführt ihn seine Intelligenz immer wieder dazu, seine Mitschüler zu provozieren, sie mit »bissigstem Witz« anzugreifen und sich selbst zur Zielscheibe ihrer Angriffe zu machen. Der Streit mit ihnen macht ihn regelrecht krank, ganz zu schweigen von den sonstigen körperlichen Leiden, von denen er immer wieder spricht: Hautausschläge, Geschwüre, Fieber, Kopfschmerzen.
    Es überfordert ihn maßlos, all die Gegensätze und Widersprüche des familiären, schulischen und religiösen Alltags zu vereinen. Er schämt sich für seine Herkunft, verteidigt den Vater aber zugleich gegen Diffamierungen vonseiten der Klassenkameraden, ist hin und her gerissen zwischen Selbstvorwürfen und Selbstgefälligkeit, Selbsterniedrigungen und Selbstüberschätzungen, bezeichnet sich als fromm bis zum Aberglauben und erlegt sich selbst Strafen auf.
    Unter einem schlechten Stern geboren?
    Wie stark sein Wunsch nach Anerkennung und wie prägend der Einfluss der Mutter ist, geht unter anderen aus seinem Traum vom Mond hervor, den er als Siebenunddreißigjähriger schreibt. Trotz ihrer phantastischen Elemente trägt die kurze Rahmenhandlung des Textes autobiografische Züge, sie liest sich wie der sehnsüchtige Wunsch, endlich mit der Mutter ins Reine zu kommen: Held der Geschichte ist der Junge Duracoto, mit dem sich Kepler offensichtlich identifiziert. Der Vater stirbt, als Duracoto drei Jahre alt ist, die Mutter verstößt ihn. Wegen einer nichtigen Begebenheit verkauft sie den Tunichtgut an einen Schiffer.
    Der Knabe erkrankt, gelangt aber schließlich zu dem Astronomen Tycho Brahe, unter dessen Fürsorge er seine astronomischen Kenntnisse erwirbt. »Auf diese Weise machte ich, nach meinem Vaterlande ein halber Barbar und von dürftiger Herkunft, die Bekanntschaft jener göttlichen Wissenschaft, die mir den Weg zu Höherem ebnete.«
    Die Jahre gehen dahin, Duracoto hat Sehnsucht, seine Heimat wiederzusehen. »Ich meinte, man würde mich wegen meiner Kenntnisse, die ich mir erworben, gern dort aufnehmen und mich vielleicht zu einer gewissen Würde erheben.« Und tatsächlich freut sich die alte und inzwischen kranke Mutter über alle Maßen über die Rückkehr des Sohnes, nachdem sie ihr ganzes Leben von Gewissensbissen

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