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Das Werk - 14

Das Werk - 14

Titel: Das Werk - 14 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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hatte, seinen Abschied zu nehmen. Fast fünf Jahre lang hatte ihre Mutter, die Pariserin war, dort unten in der Provinz sparsam von ihrer spärlichen Pension gelebt und durch Fächermalerei etwas dazuverdient, um ihre Tochter standesgemäß zu erziehen; vor fünfzehn Monaten war nun auch sie gestorben und hatte Christine allein auf der Welt zurückgelassen, ohne einen Sou7; allein die Freundschaft einer Nonne blieb ihr, der Oberin der Schwestern von der Heimsuchung Mariens, die sie in ihrem Pensionat behalten hatte. Unmittelbar aus dem Kloster kam sie, da die Oberin endlich diese Vorleserinnenstelle bei ihrer alten Freundin, der Frau Vanzade, die fast blind war, für sie gefunden hatte.
    Claude blieb stumm bei diesen neuen Einzelheiten. Dieses Kloster, diese gut erzogene Waise, dieses Abenteuer, das eine Wendung zum Romantischen nahm, machte ihn wieder verlegen, ungeschickt in Bewegungen und Worten. Er arbeitete nicht mehr, hatte die Blicke auf seine Skizze gesenkt.
    »Ist es hübsch in Clermont?« fragte er schließlich.
    »Nicht sehr hübsch, eine düstere Stadt … Außerdem weiß ich nicht recht, ich bin kaum rausgekommen.« Sie hatte sich auf den Ellbogen gestützt, sie fuhr sehr leise fort, als spreche sie zu sich selber, mit einer Stimme, die vom Schluchzen über ihren Trauerfall noch ganz gebrochen klang: »Mama war nicht sehr kräftig, sie hat sich zu Tode gearbeitet … Sie hat mich verwöhnt, nichts war zu schön für mich, ich hatte Lehrer in allen Fächern; und es ist mir so wenig zugute gekommen, zuerst bin ich krank geworden, dann habe ich nicht zugehört, war immerzu zum Lachen aufgelegt, hatte Unsinn im Kopf … Die Musik langweilte mich, am Klavier verkrampften sich mir die Arme. Mit dem Malen ging’s noch am besten …«
    Er sah auf und unterbrach sie:
    »Sie können malen?«
    »O nein, ich kann nicht, überhaupt nicht … Mama war sehr begabt, sie hat mich ein bißchen Aquarelle machen lassen, und ich half ihr manchmal beim Hintergrund auf ihren Fächern … Sie hat so schöne Fächer gemalt.« Unwillkürlich ließ sie einen Blick durch das Atelier schweifen, auf die schreckerregenden Skizzen, die an den Wänden flammten; und in ihren hellen Augen zeigte sich wieder Verwirrung, das unruhige Erstaunen über diese brutale Malerei. Von fern sah sie die Rückseite der Studie, die der Maler nach ihr entworfen hatte, und war so entgeistert über die heftigen Tönungen, über die großen Pastellstriche, die das Dunkel zersäbelten, daß sie ihn nicht zu bitten wagte, sich die Skizze aus der Nähe ansehen zu dürfen. Da es ihr übrigens unbehaglich war in diesem Bett, in dem sie schier verbrannte, bewegte sie sich, weil sie von dem Gedanken gequält wurde, fortzukommen und mit all diesen Dingen Schluß zu machen, die ihr seit gestern abend wie ein Traum vorkamen.
    Zweifellos merkte Claude diese Erschlaffung. Jähe Scham erfüllte ihn mit Bedauern. Er ließ von seiner unvollendeten Zeichnung ab und sagte sehr schnell:
    »Vielen Dank für Ihre Gefälligkeit, Mademoiselle … Verzeihen Sie, daß ich Sie dazu mißbraucht habe, wahrhaftig … Stehen Sie auf, stehen Sie bitte auf. Es wird Zeit, daß Sie sich um Ihre Angelegenheiten kümmern.« Und ohne zu begreifen, warum sie sich nicht dazu entschloß, sondern im Gegenteil errötete und ihren nackten Arm wieder unter die Decke steckte, je mehr er sich vor ihr ereiferte, wiederholte er immerfort, sie solle aufstehen. Dann fuchtelte er herum wie ein Irrer, stellte den Wandschirm wieder hin und ging aus übertriebener schamhafter Rücksichtnahme ans andere Ende des Ateliers und räumte geräuschvoll sein Geschirr auf, damit sie aus dem Bett springen und sich anziehen konnte, ohne fürchten zu müssen, daß er das hörte.
    Inmitten des Lärms, den er entfesselte, vernahm er nur eine zaghafte Stimme:
    »Herr Claude, Herr Claude …« Schließlich hörte er hin. »Herr Claude, wenn Sie so freundlich wären … Ich kann meine Strümpfe nicht finden.«
    Er stürzte herzu. Wo hatte er nur seinen Kopf? Was sollte sie denn im Hemd machen hinter diesem Wandschirm, ohne die Strümpfe und die Röcke, die er in der Sonne ausgebreitet hatte? Die Strümpfe waren trocken, er vergewisserte sich dessen, indem er sie sanft zwischen seinen Händen rieb; dann reichte er sie über die dünne Scheidewand hinweg, und er erblickte ein letztes Mal den nackten Arm, der frisch und rund und von kindlichem Liebreiz war. Er warf die Röcke auf das Fußende des Bettes, schob die Halbstiefel

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