Das Werk der Teufelin
kam ich hierher.«
Wenn Pater Ivo Anstoß an dieser drastischen Schilderung nahm, so zeigte er es nicht. »In einer Badestube habt Ihr also gearbeitet!« Eingedenk des legendären Rufes des Domherren nickte er gedankenvoll. Er fragte, jetzt in einem etwas sanfteren Ton: »Habt Ihr in jener Zeit jemals einen Domherren kennen gelernt?«
»
Einen
Domjrafen? Pater,
einen
?«
»Nun gut, ich will etwas genauer werden – den Domherren Sigbert von Antorpf meine ich.«
»Pater, diese hohen Herren pflegen sich den Bademägden nicht vorzustellen«, flötete Johanna gewollt vornehm, verfiel dann aber wieder in ihren üblichen Tonfall. »Es mag schon sein, dass ich auch ihm seinen feisten Rücken geschrubbt hab. Und so weiter.«
»Und so weiter. Ich verstehe.« Pater Ivo nickte, und Almut war sich sicher, dass der grimmige Ausdruck diesmal nicht Johanna galt. Er fragte, ohne weiter darauf einzugehen: »Wann habt Ihr ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Was weiß denn ich? Im August hat mich der Bader rausgeworfen.«
»Und Aziza, meine Schwester hat sie aufgenommen, Pater Ivo. Sie war krank.«
»Hat sie behauptet. Nun gut, so kommen wir nicht weiter. Begine, war eine von Euch am Sonntagnachmittag in der Kirche von Sankt Kunibert?«
»Nein. Alle waren hier, nur Clara und ich haben im Dom gebetet. Da haben wir allerdings einen Domgrafen gesehen. Was aber im Dom auch nicht verwunderlich ist. Er sprach mit einem der Vikare.«
Johanna hatte sich stillschweigend aus der Türe gedrückt. Almut und der Pater sahen sich jetzt schweigend an. Schließlich holte Pater Ivo tief Luft, schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf.
»Begine, ich habe einen üblen Fall aufzuklären, und es wäre mir eine große Hilfe, wenn Ihr mir ehrlich und nach bestem Wissen antworten würdet.«
»Soweit es in meiner Macht steht, will ich das tun.«
Trotz dieser Zusicherung war Almut ein wenig ungehalten über die kurz angebundenen Fragen und die unausgesprochene Verdächtigung des Paters. Irgendwie fühlte sie sich dadurch ins Unrecht gesetzt, und ihr Bedürfnis, die Ihren vor ihm zu schützen, war geweckt. Er schien es zu bemerken und sah ihr offen in die Augen, als er erklärte: »Versteht bitte. Es gibt eine Sache dabei, die mich persönlich betrifft. Ich habe seit Anfang des Jahres die Verantwortung für einen Novizen übernommen, der bald seine Gelübde ablegen wollte. Seit dem Brand von Sankt Kunibert ist er verschwunden. Ich weiß nicht, warum er geflohen ist, aber ich würde es sehr begrüßen, wenn er wieder auftauchte, denn ansonsten muss ich den Verdacht haben, auch er sei in diesen unangenehmen Fall verwickelt. Die besagte Teufelin könnte eine Spur zu ihm sein. Aber im Moment finde ich keinerlei Anhaltspunkte. Wenn Ihr etwas hört oder herausfindet, Begine, versprecht Ihr mir, mich zu benachrichtigen?«
Almut hatte sich von dem Blick aus seinen kühlen, grauen Augen abgewandt und schaute aus dem Fenster, damit ihr Gesicht sie nicht verriet. Die Erwähnung des Novizen verursachte ihr einen schmerzlichen Gewissensbiss. Wahrscheinlich sollte sie Pater Ivo helfen, jetzt, da er höflich darum bat. Aber verraten mochte sie Ewald nicht.
»Gut, Pater Ivo«, lenkte sie schließlich ein. »Ich werde darüber nachdenken. Und noch einmal mit Johanna sprechen. Ich finde Euch vermutlich im Weinberg bei der Lese.«
»So ist es, Begine.«
Sie begleitete ihn zum Tor und sah ihm nach. Im ersten Augenblick hatte sie sich gefreut, ihn wieder zu sehen, denn sie war in dem Glauben gewesen, sie seien Freunde geworden, als sie sich um den Fall des jungen Jean gekümmert hatten. Doch bis auf das kleine Geplänkel über Sirachs weise Sprüche war er unnahbar geblieben. Nachsichtig bedachte sie, die Verantwortung für den Novizen müsse ihn wohl doch nachhaltiger bedrücken, als er zugab. Und ihr schlechtes Gewissen plagte sie.
»Johanna, warum warst du so bockbeinig dem Pater gegenüber?«, wollte Almut wissen, als sie sich zu der jungen Frau gesellte, die jetzt Honigsirup in einem Kessel rührte.
»Ich mag Priester nicht. Wenn du wüsstest, was sich hinter deren heiligem Gehabe verbirgt.«
»Tja, es wird unter ihnen schon einige geben, die ziemlich unkeusche Gewohnheiten haben.«
Johanna gab ein schnaubendes Geräusch von sich.
»Was verstehst du schon davon – du tugendsame Begine.«
»Seit vier Jahren bin ich Begine, zuvor war ich verheiratet.«
»Oh. Ach ja, das hast du erzählt.«
»Und im Übrigen sind nicht alle Priester
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