Das Werk der Teufelin
der öffentlichen Badestube an der Marspforte herumgetrieben hat.«
»Oh, hat er das?«
»Ja, das war der Grund, warum er seine Bußgebete bei den Ewalden ableistete. Könnte er Eure Bademagd dort getroffen haben?«
»Johanna? Ich glaube kaum. Zu dieser Zeit war sie noch bei Aziza, oder besser, bei deren Mutter. Aber das kann ich in Erfahrung bringen. Nun sagt mir allerdings eins: Was versteht ein Domherr unter einer Teufelin? Glaubt Ihr, er meint eine, die besessen ist? Oder gar seine Mörderin?«
»Ich habe Euch noch eine delikate Kleinigkeit vorenthalten, Begine.«
»Darüber, was unbedeutend ist oder Kleinigkeiten sind, gehen unsere Ansichten manchmal auseinander. Diesmal erwarte ich das Schlimmste!«
»Mit Recht, Begine. Der Domherr Sigbert von Antorpf wurde – nach Meinung unseres Krankenpflegers – vor etwa zwei Monaten entmannt.«
Almut schnappte nach Luft, brauchte ein paar Lidschläge, um sich wieder zu fangen, und murmelte dann leise: »Ei wei!«
»Das kann man wahrlich als das Werk einer Teufelin bezeichnen.«
»In der Tat!«
»Ihr seht also, der Fall ist nicht ganz einfach. Noch wissen nur wir davon, doch seine Angehörigen und die Mitglieder des Domkapitels werden früher oder später Gerüchte hören.«
»Ja, Gerüchte verbreiten sich auf seltsame Weise. Und Ihr habt völlig Recht, die Sache muss aufgeklärt werden. Es wäre verheerend, wenn wir Beginen als Teufelinnen verschrien würden oder wenn gar der Verdacht auf uns fällt, eine von uns sei vom Teufel besessen und trachte den Männern – na, Ihr wisst schon!« Almut errötete und erhob sich. Energisch schüttelte sie ihre Tracht zurecht und meinte: »Aber nun muss ich gehen, auf mich wartet viel Arbeit.«
»Ich begleite Euch zurück, Begine.«
Einträchtig wanderten sie den kurzen Weg zum Konvent zurück, und Pater Ivo schlug vor: »Ich kümmere mich also um Angelikas Herkunft und um Ewald, und Ihr widmet Euch Eurer Bademagd und dem Klageweib.«
»Nehmt es mir nicht übel, Pater Ivo, aber wäre es nicht besser, wenn zunächst ich mit Ewald spreche? Wenn Ihr bei Meister Krudener auftaucht, werdet Ihr wenig Gesprächsbereitschaft finden, denke ich«, gab Almut zu bedenken.
»Wohl wahr, Begine. Aber kostet es Euch nicht zu viel Mühe, auch das noch zu übernehmen?«
»Unsere Trine ist jetzt bei Krudener als Lehrling. Ich werde sie am Samstag besuchen, um zu sehen, ob alles seinen geordneten Gang geht. Ein guter Anlass, um sich mit Ewald zu unterhalten, will mir scheinen.«
»Nun, dann sollten wir am Sonntag nach der Messe unsere Erkenntnisse austauschen, Begine. Ihr besucht ja noch unsere Gemeindekirche?«
»Wir besuchen die Messe in Sankt Brigiden, ja, Pater. Aber wird Euer Abt nicht Einspruch erheben, wenn Ihr Euch mit mir trefft?«
»Vater Theodoricus ist selbst äußerst begierig, den Fall des Domherren aufgeklärt zu wissen. Ein entlaufener Novize und ein Mord an einem Domherren – die Gerüchte, versteht Ihr!«
»Ja, ich verstehe. Nun, dann bis Sonntag, Pater Ivo.«
»Bis Sonntag, Begine, und die huldreiche Mutter Maria beschütze Euch auf Euren Wegen.«
16. Kapitel
Die Glocken der Klöster und Kirchen läuteten zur mittäglichen Sext, als Almut in den Hof trat. Eine geradezu lähmende Stille herrschte hier, wo es sonst vor Geschäftigkeit summte. Mit wachsendem Unbehagen überquerte sie das menschenleere Geviert und begab sich in das Refektorium. Hier fand sie die zehn Beginen, die Mägde und die beiden Besucherinnen in tiefem Schweigen versammelt. Nur das leise Schluchzen der Weberinnen war zu hören.
»Heilige Maria, ist ein Unglück geschehen?«, fragte Almut in die Runde und suchte mit ihren Blicken die Meisterin. Sie fand sie nicht. »Mein Gott, ist etwas mit Magda geschehen? Clara, Thea, Rigmundis – so gebt doch Antwort.«
Clara hob den Kopf und räusperte sich.
»Die… die Büttel haben sie geholt. In die Hacht gebracht.«
»Himmel, warum denn das?«
Aber die Antwort auf diese Frage konnte sich Almut schon beinahe selbst geben. Die Gerüchte! Die gefürchteten Gerüchte um den Tod des Domherren und die Teufelin, die er bei den Beginen vermutete! Und natürlich war es eine diabolisch wirksame Maßnahme, das Oberhaupt der Gemeinschaft festzusetzen, ob schuldig oder nicht.
»Sie haben nichts verlauten lassen, nur der Vizevogt Wigbold Raboden habe es befohlen.«
»Hat Magda noch irgendetwas gesagt?«
»Sie war sehr gelassen, Almut. Aber ich glaube, sie hatte Angst. Du möchtest sie vertreten, solange
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