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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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nichts mehr heraus. Wir sollten ihn irgendwo hinbetten, damit er seinen Rausch ausschläft.«
    »In sein Bett, wenn es geht!«
    »Frau Almut, das übersteigt meine Kräfte, seine Kammer ist oben unter dem Dach.«
    »Lasst nur, Meister Krudener, Trine und ich richten das schon. Wenn Ihr uns voranleuchten würdet!«
    Als sie den tief schlafenden Ewald glücklich in seine Decken gehüllt hatten, hatte der Sturm etwas nachgelassen, aber der Regen strömte noch in mächtigen Güssen vom Himmel.
    »Ihr könnt heute Abend nicht mehr nach Hause gehen, Frau Almut. Ich denke, es wird das Klügste sein, Ihr richtet Euch in Trines Kammer ein Nachtlager.«
    »Ja, Meister Krudener, das wird das Beste sein. Ich habe Clara schon erklärt, ich bliebe notfalls hier, wenn das Wetter schlechter wird. Magda wird das zwar nicht gutheißen, aber was soll ich tun?«
    Und so fand sich Almut bald darauf, in warme Decken gehüllt, in Trines Kämmerchen wieder und lauschte den klappernden Schindeln, dem knarrenden Dachbalken, dem trunkenen Schnarchen nebenan und Trines leisem Atem. Auf lautlosen Samtpfötchen huschte die graue Katze hinein, sprang auf das Lager des schlummernden Mädchens und stupste es mit der Nase an. Im Halbschlaf hob Trine die Decke ein Stückchen, und die Katze schlüpfte darunter in ihre Armkuhle. Die Geräuschkulisse wurde durch ein anhaltendes Schnurren bereichert.

19. Kapitel
    Salve Regina caelorum, ave Domina Angelorum… Gegrüßet seist du, Himmelskönigin, gegrüßt der Engel Herrscherin. Ach Maria, ewige Jungfrau, ich hoffe, ich habe das Richtige getan. Ich habe das Gefühl, Dutzende von Fäden liegen in meiner Hand, aber sie sind alle verwirrt und verknotet. Und ich muss irgendwie den Anfang und das Ende finden. Vor allem aber nagt dieser schreckliche Verdacht an mir und wird immer größer. O Maria, du Trösterin der Betrübten, kann es denn wirklich sein, dass Ewald die Teufelin getroffen hat? Und, Heilige Mutter, warum bin ich mir so vollkommen sicher, es war Johanna, die er meinte? Zu viel spricht dafür, nicht wahr? Er hat ja das Badehaus aufgesucht, in dem sie gearbeitet hat. Ich denke, daher kannte er sie. Er hat Pater Ivo von den Versuchungen des Fleisches erzählt, und das hat ebenfalls mit der lockeren Bademaid zu tun. Doch bei ihr erlag er nicht nur der Versuchung des Fleisches, nein, er hat sich auch noch in sie verliebt, der arme Tropf, und hat vorhin von Heirat geredet. Johanna kannte aber auch den Domherren, und sie sprach von Rache. Wenn die sich auf ihn bezog? Was, wenn sie wirklich dort in der Kirche geblieben ist, als Ewald schon geflohen war, und den Domherren erstochen hat? Sie war an jenem Nachmittag bis zur Vesper fort und wollte nicht sagen, wo sie hingegangen ist. Süße Maria, hilf mir, diese Knoten zu entwirren. Ich mag Johanna nicht für eine kaltblütige Mörderin halten.«
    Durch die mannigfachen Geräusche der Nacht lauschte Almut auf eine Antwort. Und im Dunkel erschien vor ihren Augen das Bild der Gottesmutter, die so aussah wie die kleine Bronzestatue. Ihr Gesicht war ruhig, und ein mildes Lächeln lag auf ihren Lippen. Es füllte ihr Herz mit Ruhe, und als es schließlich verblasste, musste Almut, von der Erkenntnis getroffen, heftig den Atem einziehen.
    »Ja, Maria, du Stärke der Kleinmütigen, der andere Mann, den habe ich vergessen. Ich muss unbedingt herausfinden, ob es wirklich dieser Wevers war. Wenn er es war, hat er sich dann mit dem Domherren getroffen? Welchen Grund sollte er dafür haben? Ach, Mist, Maria, die Fragen werden ständig mehr und nicht weniger. Ich glaube, morgen werde ich diese Ursula in der Webergasse aufsuchen und sie dazu bringen, mich zum Vogt zu begleiten. Außerdem könnte ich versuchen, Magda dann in der Hacht zu sehen und ihr von unseren Bemühungen berichten.«
    Zufrieden mit ihren Überlegungen, kuschelte Almut sich in die Decken. Aber dann fuhr sie noch mal auf.
    »O nein! Das vergaß ich beinahe! Maria, barmherzige Mutter, wer, um Himmels willen, hat dein Bild zerstört? Wessen Hass habe ich auf mich gelenkt?«
    Doch diesmal wollte das Bild der Maria sich nicht formen, sondern nur Dunkelheit umgab sie, wie ein stumpfer, schwarzer Morast, der sie tiefer und tiefer hinunterziehen wollte. Angstvoll krallte Almut ihre Hände in die Decke und wehrte sich gegen diesen Sog.
    »Heilige Maria, was droht mir?«, flüsterte sie. »Hilf mir, Wurzel, der das Heil entsprossen, diese Dunkelheit macht mir Angst! Lass mich nicht hinabsinken in die Schwärze

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