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Das Wesen der Dinge und der Liebe: Roman (German Edition)

Das Wesen der Dinge und der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Das Wesen der Dinge und der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Gilbert
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sie sich kein bisschen für Gott den Herrn begeisterten! Sie haben die arme Mrs Welles jedes Mal ausgelacht, wenn sie versuchte, ihnen den Katechismus nahezubringen.«
    Die ersten Missionare führten ein beschwerliches Leben. Sorge und Ratlosigkeit trübten ihren Eifer. Ihre frohe Botschaft rief nichts als Gleichgültigkeit oder Erheiterung hervor. Zwei Mitglieder der Gruppe verstarben im ersten Jahr. Jede Unbill, die Tahiti traf, wurde den Missionaren angelastet, doch alles Segensreiche wurde nicht zu ihren Gunsten verbucht. Ihre Habseligkeiten schimmelten, wurden von Ratten gefressen oder vor ihren Augen stibitzt. Mrs Welles hatte nur ein geliebtes Familienstück aus England mitgebracht: eine wunderschöne Kuckucksuhr, die stets die volle Stunde schlug. Als die Tahitianer die Uhr zum ersten Mal schlagen hörten, ergriffen sie entsetzt die Flucht. Beim zweiten Mal legten sie Früchte vor der Uhr nieder und warfen sich ehrfürchtig vor ihr zu Boden. Beim dritten Mal stahlen sie sie.
    »Es ist schwierig, jemanden zu bekehren«, sagte der Reverend, »der größere Begeisterung für eine Schere als für einen Gott an den Tag legt! Hahaha! Aber kann man eine sterbliche Hülle dafür tadeln, dass sie eine Schere haben möchte, wenn sie nie zuvor eine gesehen hat? Erscheint solch eine Schere nicht wie ein Wunder, wenn man sie mit einer Klinge aus Haifischzähnen vergleicht?«
    Fast zwanzig Jahre lang, erfuhr Alma, war es weder Reverend Welles noch sonst jemandem auf der Insel gelungen, auch nur einen einzigen Tahitianer zum Christentum zu führen. Während sich viele andere polynesische Inseln bereitwillig dem wahren Gott zuwandten, blieb Tahiti unbeugsam. Freundlich, aber unbeugsam. Die Sandwichinseln, die Navigator-Inseln, die Gambierinseln, Hawaii, ja, selbst die gefürchteten Marquesas – sie alle bekehrten sich zu Christus, nur nicht Tahiti. So reizend und heiter die Tahitianer waren, so halsstarrig zeigten sie sich auch. Sie lächelten und lachten und tanzten und ließen einfach nicht ab von ihrer Genusssucht. »Ihre Seelen sind wie aus Stein und Eisen«, klagten die Engländer.
    Erschöpft und niedergeschlagen kehrte ein Teil der ursprünglichen Missionarsgruppe nach London zurück, wo sie alsbald ein ansehnliches Auskommen fanden, indem sie ihre Abenteuer in der Südsee in Vorträgen und Büchern zum Besten gaben. Ein Missionar war sogar mit vorgehaltenem Speer von der Insel vertrieben worden, weil er versucht hatte, einen der heiligsten Tempel der Eingeborenen niederzureißen, um aus den Steinen eine Kirche zu bauen. Die Gottesmänner, die auf der Insel zurückblieben, wandten sich nach und nach anderen, einfacheren Beschäftigungen zu. Einer verkaufte Flinten und Schießpulver. Ein anderer eröffnete ein Hotel in Papeete und nahm sich nicht nur eine, sondern gleich zwei Inselfrauen, die ihm fortan das Bett wärmten. Und ein Dritter – Edith Welles’ zartbesaiteter junger Vetter James – fiel schlicht vom Glauben ab, versank in Verzweiflung, stach schließlich als einfacher Matrose in See und ward nicht mehr gesehen.
    Tot, verbannt, abtrünnig oder erschöpft – bald waren die ersten Missionare allesamt verschwunden, bis auf Francis und Edith Welles, die in der Matavai-Bucht blieben. Sie lernten Tahitianisch und führten während der ersten Jahre ein Leben ohne jegliche Annehmlichkeiten. Edith brachte die ersten drei Mädchen, Eleanor, Helen und Laura, zur Welt, die alle, eins nach dem anderen, als Säuglinge starben. Doch das Ehepaar Welles gab nicht auf. Sie errichteten ihre kleine Kirche, die sie größtenteils selbst erbauten. Der Reverend fand heraus, wie man aus gebleichten Korallen, die man in einem improvisierten Brennofen erhitzte, bis sie zu Pulver zerfielen, weiße Wandfarbe herstellen konnte. Das ließ die Kirche einladender erscheinen. Aus Ziegenleder und Bambusrohr fertigte er Orgelpfeifen samt Balg. Er versuchte, aus dem kümmerlichen, feuchten englischen Saatgut einen Garten anzulegen. (»Nach drei Jahren größter Mühen«, erzählte er, »konnten wir tatsächlich eine Erdbeere ernten. Wir teilten sie miteinander, Mrs Welles und ich. Allein der Geschmack reichte aus, um meine liebe Frau in Tränen zerfließen zu lassen. Seither habe ich keine zweite mehr ziehen können. Mit Kohlköpfen hatte ich allerdings mitunter mehr Glück!«) Er legte sich vier Kühe zu, die ihm jedoch bald wieder gestohlen wurden. Er versuchte, Kaffee und Tabak anzupflanzen, scheiterte jedoch. Ebenso erging es ihm mit

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