Das Wiegen der Seele (German Edition)
spürte er, wie bloßes Entsetzen seinen Nacken hochkroch. Ihm brach kalter Schweiß aus, während er auf zwei Personen starrte, die sich küssten.
Es war en Maria Crampton und ... Nettgen.
Er musste sich setzen. Nach ein paar Schrecksekunden wühlte er fieberhaft den Schreibtisch durch. Außer ein paar nichtssagenden Blättern fand er nichts, bis auf ... Nettgen hielt ein Flugticket in der Hand und traute seinen Augen nicht. Es war ausgestellt auf den Namen McKinley .
Zitternd zog Nettgen sein Handy hervor und wählte die Nummer von Löffler. Kein Empfang. Er versuchte es erneut, doch die Stahlmauern schirmten alles ab.
Nettgen rannte, was das Zeug hielt, aus den Kammern. Er rannte einfach irgendwo hin, lief in irgendeine Richtung und verlor die Orientierung. Auf der Suche nach einem Aufstieg rannte er immer weiter. Nach einer Weile entdeckte er eine Leiter. Vor lauter Aufregung rutschte er mehrmals von den Stufen ab, konnte sich jedoch jedes Mal wieder fangen und stieg weiter hinauf.
Der Schacht endete in einer Nebenstraße. Nettgen war gar nicht bewusst gewesen, dass er sich so weit von der Abtei entfernt hatte.
Sofort griff er nach dem Telefon und rief Löffler an.
„Ja? Hier Löffler“, meldete sich eine besorgte Stimme.
„Dietmar, ich bin es, Ralf. Stell keine Fragen, dafür ist keine Zeit. Leite die Fahndung nach McKinley ein! Er ist in der Stadt. Er hat es auf Maria und mich abgesehen! Schick sofort eine Streife zu Maria Crampton, ich fahre jetzt auch hin!“
Nettgen beendete das Telefonat, ohne auf eine Antwort von Löffler zu warten und rannte zu seinem Auto. Seine Gefühle wechselten von Angst und Panik über Wut zu großen Sorgen, die er sich jetzt um Maria machte. Der Gedanke, ihr könne etwas zustoßen, war ihm unerträglich.
Wieder griff er zum Telefon und wählte ihre Nummer. Es dauerte eine Weile, bis Maria den Hörer abnahm. Nettgen unterrichtete sie nur kurz darüber, dass er auf dem Weg zu ihr sei, schilderte jedoch keine Einzelheiten. Seiner Stimme konnte sie entnehmen, dass etwas Schreckliches passiert sein musste.
Sie versicherte ihm, dass alles in Ordnung sei und sie bereits geschlafen habe. Nettgen bestand trotzdem darauf, sie aufzusuchen und startete den Motor.
Auf dem gepflasterten Gehweg zum Haupteingang blieb Nettgen stehen und blickte auf die hellerleuchteten Fenster des Erdgeschosses. Er hatte sich schon am Tor darüber gewundert, dass es sperrangelweit offen stand, was eigentlich unüblich war. Im Hof parkte jedoch das Zivilfahrzeug seiner Kollegen, sodass er sich die beunruhigenden Gedanken wieder aus dem Kopf schlug. Er freute sich auf ein Wiedersehen, konnte es kaum erwarten, Marias sanfte Lippen zu spüren. Doch die Freude war nur von kurzer Dauer, denn im selben Augenblick erloschen alle Lichter im Haus.
Nettgen spürte, wie sein Herz mehrere Schläge aussetzte und dann zu rasen begann, als wolle es explodieren. Dort, wo seine Albträume warteten, tief in seinem Inneren, die Paranoia, die ihn bedrohlich immer wieder aufsuchte, dort flüsterte eine grausige Stimme:
Anubis ist da ... Der Wächter des Jenseits erwartet dich ...
Nettgen wurde blass. Mit zitternden Knien stieg er die Treppe zum Eingang hinauf und bemerkte, dass die Tür nur angelehnt war.
Er griff nach seiner Waffe … Scheiße! Er stellte mit Entsetzen fest, dass er sie wohl bei seiner überstürzten Flucht aus den Katakomben verloren hatte.
So war die Sache nicht einfacher und er fühlte sich nun noch elender und unsicherer. Zögerlich drückte er mit äußerster Vorsicht die Tür auf, Aus dem oberen Stockwerk waren polternde Geräusche zu hören. Er setzte einen Schritt ins Haus und lauschte. Schweißperlen traten auf seine Stirn und eine Gänsehaut überkam ihn. Dann hörte er einen Schrei. Ihm stockte der Atem.
Erneut hörte er Schreie. Sie kamen aus den Räumen links von ihm und verstummten plötzlich. Nettgen bewegte sich weiter. Schritt für Schritt tastete er sich auf leisen Sohlen voran. Wenn er schon keine Waffe hatte, musste er wenigstens den Überraschungseffekt nutzen.
Er trat vor einen weichen Gegenstand, der nachzugeben schien. Zögernd ging er in die Hocke und tastete mit den Händen den Teppichboden ab. Unter seinen Fingern nahm er eine nasse, leicht klebrige , noch warme Flüssigkeit wahr. Es roch süßlich und Nettgen begann zu schlucken. Der Geruch wurde unerträglich, er atmete ihn ein, spürte den Geschmack auf der Zunge und in der Kehle.
Er wusste in diesem Moment
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