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Das Wiegen der Seele (German Edition)

Das Wiegen der Seele (German Edition)

Titel: Das Wiegen der Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Ullsperger
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ganz genau, auf was er gestoßen war, trotzdem zündete er sein Feuerzeug an. Das Licht der winzigen Flamme ließ die Umrisse eines Kopfes erkennen. Vom Boden blickten ihn die starren Augen des Hausmädchens an.
    Routinemäßig wollte er ihren Puls an der Halsschlagader fühlen, doch er wusste, es war zwecklos. Aus einem tiefen Schnitt in der Kehle rann Blut den Nacken hinab und bildete um ihren Oberkörper eine Blutlache. Sanft strich er mit der flachen Hand über die Oberlider und schloss ihre Augen. Wenigstens ist es nicht Maria.
    Dann erhob er sich. In diesem Moment hörte er einen weiteren Schrei. Maria!
    Nettgen unterdrückte den Reflex, sofort in das Kaminzimmer zu stürzen, aus dem der Schrei gekommen war. Unbewaffnet wie er war, wäre er ihr wohl keine große Hilfe gewesen. Er tastete sich im finsteren Korridor zur Tür. Die Schreie verstummten und wurden von ersticktem Murmeln abgelöst. Die Tür war nur angelehnt und durch den Spalt flimmerte das sanfte Licht des Kaminfeuers. Als Nettgen die Tür erreichte und versuchte, durch den Türspalt zu spähen, konnte er nichts als die tänzelnden Flammen des Feuers erkennen.
    Aus dem Raum ertönte ein Rascheln, als ob jemand einen Plastiksack zerknüllte. Dann wurde es still. Er wartete einen Moment und drückte dann vorsichtig – Millimeter für Millimeter – die Tür auf, gerade so weit, dass sein Kopf durch den Spalt passte und er geradewegs auf den Kamin schauen konnte.
    Die Wächterfiguren wirkten im flackernden Schein des Feuers bedrohlich. Sonst schien der Raum verlassen zu sein, bis auf …
    Sein Blick fiel auf das Ritualbett. Sein Herz setzte aus.
    Maria lag ausgestreckt auf dem Bett, Hände und Arme an die goldenen Köpfe der Bettpfosten gefesselt. Mit weit aufgerissenen Augen hechelte sie verzweifelt nach Luft. Der Mund war stramm geknebelt und über ihren Kopf hatte man eine durchsichtige Plastiktüte gezogen und verschnürt. Sie drohte zu ersticken und strampelte wie bei einem epileptischen Anfall, während die Plastiktüte beschlug.
    Nettgen stürzte ins Zimmer, alle Vorsicht vergessend.
    Nur noch wenige Schritte vor Maria versuchte er, aufmunternd zu lächeln und ihr die baldige Erlösung zu verstehen zu geben.
    Statt sich zu beruhigen, strampelte sie noch wilder und stieß erstickte Laute aus, die Nettgen nicht verstehen konnte. Dabei schüttelte sie panisch den Kopf.
    Als er endlich vor ihr stand, riss er ihr die Plastiktüte vom Kopf und löste eilig den Knebel.
    Japsend holte sie Luft  und schüttelte weiter unentwegt den Kopf.
    „Du … du ... “, stieß sie halb erstickt aus.
    Die Luft reichte noch nicht aus, um sich Nettgen mitzuteilen.
    Dann blieb ihr Kopf ruckartig stehen und ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
    Mehr nahm Nettgen erst einmal nicht von ihr wahr. Ein brutaler Schlag auf den Rücken ließ ihn durch den Raum torkeln.
    Tief gebückt, die Hände auf die Knie gestützt, blieb er vor dem Kamin stehen. Unter seinen Füßen schien der Boden zu schwanken. Er schnappte nach Luft.
    Mit einem bestialischen Knurren sprang eine Kreatur auf ihn zu. Vor Nettgen stand ein menschlicher Körper mit einem Schakalkopf, der mit gefletschten Zähnen auf ihn hinabblickte. Der Körper war pechrabenschwarz, bis auf den goldfarbenen Holzkragen, der im Licht der Feuerstelle glänzte. Es roch stark nach Lack. Der furchtbare Schmerz auf Nettgens Rücken ließ etwas nach, aber er bekam nur schlecht Luft. Sollte das wieder eine seiner Halluzinationen sein? Die Kreatur packte ihn am Hals und schloss eine Hand um seine Kehle. Mit der anderen Hand ergriff sie sein Haar. Mit ausgestreckten Armen hob sie ihn an, bis er in der Luft baumelte. Nach ein paar Sekunden ließ sie von ihm ab. Nettgens Beine standen wieder auf dem Boden. In diesem Moment schmetterte ihn ein Schlag mit solcher Wucht gegen die Wand, dass jede Luft aus seinen Lungen entwich. Der Kopf prallte gegen ein Regal und zerschmetterte die hölzerne Sonnenbarke. Grelle Schmerzblitze explodierten vor seinen Augen, er spürte eine pochende Platzwunde, die stark blutete. Keuchend sank Nettgen nach vorn.
    Aus dem Hintergrund drang Marias Stimme an sein Ohr, die lautstark um Hilfe kreischte. Mit einem gezielten Schlag vor die Stirn wurde sie zum Schweigen gebracht.
    Nettgen war noch immer benommen, sein Kopf schmerzte und er spürte, wie das Blut über sein Gesicht lief. Er war hilflos und konnte nicht reagieren, als die Kreatur auf ihn zurannte und mit voller Wucht gegen sein Kinn trat. Nettgen

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