Das wilde Herz der Highlands
starrte den Mann fassungslos an. Als sie ihn zum ersten Mal in der Klosterkapelle gesehen hatte, war ihr nicht aufgefallen, wie schön sein Leib tatsächlich war. Aber da war er auch bekleidet gewesen - was jetzt nicht der Fall war.
Bewundernd ließ sie den Blick über die breiten Schultern und kräftigen Arme gleiten. Welch wohlgeformte Glieder, dachte sie, als er sich das feuchte goldfarbene Haar nach hinten strich. Die kleine Bewegung ließ sämtliche Muskeln in Armen, Schultern und Rücken tanzen.
Seonaid wusste, sie hätte es bei diesem einen Blick belassen sollen, und eine richtige Dame hätte es gewiss getan. Doch statt sich sofort abzuwenden, musterte sie Sherwells prächtigen Rücken und seinen nicht minder prächtigen Hintern und starrte ihn ungeniert an.
Es war schon verwunderlich, dass ihr in ihren vierundzwanzig Jahren noch nie aufgefallen war, wie schön der männliche Körper sein konnte. Vermutlich weil sie gemeinhin zu sehr mit dem Gedanken beschäftigt war, was für Trottel Männer doch waren - vor allem wenn eine Frau zugegen war. Sobald sich ein weibliches Wesen mit hübschem Gesicht und wohlgestaltem Leib zeigte, verhielten sie sich oft genug närrisch. Also im Grunde wie sie selbst gerade, musste sie sich eingestehen.
Der Mann vor ihr war schier umwerfend. Seonaid konnte sich nicht entsinnen, je ein stattlicheres Hinterteil gesehen zu haben. Keiner der Krieger, mit denen sie aufgewachsen war, war ihr so vollkommen erschienen. Dieses Gesäß war weder platt noch schlaff wie die wenigen, auf die sie im Laufe der Jahre einen unfreiwilligen Blick geworfen hatte. Sherwells Hintern war wohlgerundet und ... nun, knackig war das einzig passende Wort, das ihr einfiel. Wie gern hätte sie die Hand ausgestreckt und zugedrückt...
„Habt Ihr etwa vor, mich den ganzen Tag anzustarren?“ Seonaid versteifte sich, hob ruckartig den Blick und sah, dass er das Gesicht nach wie vor abgewandt hatte. Auch war sie sicher, dass er sich nicht umgeschaut hatte, denn das damit einhergehende Muskelspiel hätte sie gewarnt. Das hieß, dass er die ganze Zeit von ihrer Gegenwart gewusst hatte - zweifellos hatte er sie brüskieren wollen, indem er sich vor ihr aufgerichtet hatte, in der Annahme, sie würde verschreckt ins Lager zurückeilen, was ihm bei einer anständigen Dame auch gelungen wäre. Seonaid hingegen stand da und starrte seinen entblößten Körper an, als ob sie ...
„Nun?“
Schnell wischte sie ihre Gedanken beiseite und stemmte gereizt die Hände in die Hüften. „Nun was, Sassenach ? Wie könnte ich Euch den ganzen Tag anstarren, wenn der Tag doch fast herum ist? Außerdem erschien es mir nur höflich, das Publikum zu geben, wenn Ihr Euch schon die Mühe macht, ein solches Schauspiel zu bieten.“
„Also findet Ihr Gefallen daran? Gut zu wissen. Ihr werdet Euch demnach nicht mit dem Vorwand gegen die Ehe verwehren, ich sei missgestaltet?“
Sein erheiterter Ton ließ sie finster die Stirn runzeln. „Allerdings solltet Ihr Euch davon überzeugen, dass dies auf meinen ganzen Leib zutrifft.“ Damit wandte er sich um und bot Seonaid seine Vorderseite dar, und zwar vom Kopf bis zu den Knien. Nur seine Unterschenkel befanden sich noch im Wasser.
„Grundgütiger“, hauchte sie und starrte ihn abermals an. Hatte er das Wort „missgestaltet“ verwendet? Nun, wohlweislich, denn er war in gewisser Weise missgestaltet: Er war riesig. Unwillkürlich presste sie die Schenkel zusammen bei dem Gedanken daran, dass er mit diesem Monstrum zwischen seinen Beinen auch nur in die Nähe ihres Schoßes kommen könnte. Nichts auf Gottes Erdboden würde sie dazu bewegen, ihn sein Schwert in ihre Scheide schieben zu lassen. Du lieber Himmel! Die wenigen Male, die sie aus Versehen auf zwei ins Liebesspiel Vertiefte getroffen war, war ihr die Angelegenheit derb, würdelos und unangenehm erschienen. Und stets hatte sie sich gefragt, was es mit dem Gestöhne auf sich haben mochte. Nun wusste sie es. Die Schmerzen waren schuld. Zumindest war sie gewiss, dass sie vor Schmerz aufstöhnen würde, wenn er versuchte, ihr ...
„Beeindruckt seht Ihr nicht gerade aus.“
Bei seiner spöttischen Bemerkung hob sie den Blick. Sherwell hatte die Stirn in Falten gelegt.
„Im Gegenteil“, merkte er an. „Ihr wirkt eher ... abgestoßen.“
Kurz sah sie ihm in die Augen, aber zu einer Erwiderung war sie nicht in der Lage. Stattdessen schüttelte sie nur den Kopf und drehte sich in Richtung Lager um. Ihr Schrecken über
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