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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Größe trägst du? Nimm das hier … und das.«
    Mit drei Kleidern und einer hochnäsigen Verkäuferin in die Umkleidekabine eingezwängt, verlor Helen ihren Überschwang. Sie wußte nicht, wieviel Geld sie in der Tasche hatte, war aber sicher, daß es nicht reichen würde, um ein Kleid zu kaufen. Aber in ihrer Verlegenheit wußte sie nichts anderes zu tun, als sich von der Verkäuferin das erste Kleid über den Kopf ziehen und im Rücken knöpfen zu lassen, während sie das billige, anliegende Material über ihren Hüften Blattstrich.
    Sie probierte sie alle drei: das kirschrote, das marineblaue und das schwarze. Ihr Spiegelbild verblüffte sie, sie erkannte sich kaum wieder. Maia begutachtete sie mit zusammengekniffenen Augen und ließ sie sich drehen wie ein Mannequin.
    »Das schwarze macht dich zu alt. Das marineblaue sieht schick aus, Helen.«
    »Ich bin ganz verliebt in das rote.« Dann fiel ihr ein, daß sie es sich ja nicht leisten konnte, und sie warf Maia einen bedauernden Blick zu.
    Maia flüsterte ihr lächelnd' ins Ohr: »Ich schenk es dir zu Weihnachten. Keine Widerrede.«
    Helen mußte das Kleid unbedingt gleich anziehen, und danach gingen sie zum Tee in ein kleines Café in der Hauptstraße. In der Damentoilette drehte Maia Helens blondes Haar im Nacken zu einem Knoten, den sie mit Nadeln feststeckte, und bot Helen, die so etwas noch nie benutzt hatte, ihren Lippenstift an. Als sie in das Café zurückkehrten, rief jemand: »Haben Sie Lust, heute abend mit ins Kino zu gehen, Hübsche?« Maia ging hocherhobenen Hauptes weiter, doch Helen, die sich nach dem Tisch umdrehte, an dem drei Männer saßen, begriff, daß der Mann mit dem Schnurrbart sie gemeint hatte und nicht Maia. Einen Moment lang starrte sie ihn an, unsicher, ob eine Antwort angebracht war, dann eilte sie mit rotem Kopf Maia nach.
    Maia setzte sie am Pfarrhaus ab, umarmte sie zum Abschied und fuhr zurück nach Cambridge. Als Helen die Haustür öffnete, hörte sie den Gong zum Abendessen. Auf dem Weg ins Eßzimmer sah sie ihr Spiegelbild im trüben Glas der gerahmten Drucke. Den Lippenstift hatte sie sich im Wagen abgewischt, aber das rote Kleid hatte sie noch an, und das Haar trug sie noch hochgesteckt. Sie küßte ihren Vater und setzte sich auf ihren Platz, als Ivy die Suppe hingestellt hatte und hinausging.
    »Das ist doch ein neues Kleid, nicht wahr, Helen?« sagte ihr Vater.
    »Maia hat es mir gekauft.« Helen wußte, daß ihre Stimme trotzig klang. »Es ist mein Weihnachtsgeschenk.«
    »Tatsächlich?« Die vollen roten Lippen mißbilligend verzogen, starrte er sie an. »Dabei ist Maia doch immer so elegant.«
    Helen sagte nichts, aber als etwas später Ivy hereinkam, um den Hauptgang zu servieren, merkte sie, wie zornig sie war. Als sie wieder allein waren, sagte sie: »Dann gefällt dir also mein neues Kleid nicht, Daddy?«
    Er antwortete wegwerfend: »Ich weiß nicht, ob das ein schicklicher Anzug für ein junges Mädchen ist.«
    »Aber ich bin doch kein junges Mädchen mehr. Ich bin vierundzwanzig. Fast eine alte Jungfer.« Ihr Ton war heftig. Sie versuchte nicht an Hugh zu denken. Obwohl es mittlerweile ein Jahr her war, konnte sie es immer noch nicht ertragen, an Hugh zu denken oder sich daran zu erinnern, was sie und was er gesagt hatten.
    Julius Ferguson streute in aller Seelenruhe Salz auf seinen Hammelbraten und tupfte sich dann die Mundwinkel mit seiner Serviette, eine Gewohnheit, die Helen in letzter Zeit zunehmend auf die Nerven fiel.
    »Was für ein Unsinn«, sagte er milde. »Du bist immer mein kleines Mädchen.«
    Sie konnte nicht essen. Sie war sich der Stille im Zimmer bewußt, des Tickens der Uhr, der öden Landschaft draußen. Tausendmal hatten sie hier so gesessen und würden sie in Zukunft hier so sitzen. Den Rest ihres Lebens vielleicht. Bis einer von ihnen starb. Genauso wie er und Florence vor fünfundzwanzig Jahren hier gesessen hatten, umgeben von Stille und Leere.
    Er sagte: »Und diese Frisur steht dir nun wirklich nicht, Helen. Sie macht dich älter. Und du siehst damit leider ziemlich billig aus.«
    Merlins letzte Ausstellung fand in einer ehemaligen Fabrikhalle in Whitechapel statt. Robin, die mit Joe kam, sah, daß einige der alten Maschinen noch herumstanden: Porträts lehnten an Drehbänken, und ein riesiges Triptychon mit einer besonders blutrünstigen Darstellung der Kreuzigung blickte von der Höhe eines Schmelzofens herab.
    Charis Fortune packte Joe und schleppte ihn auf die Tanzfläche; Robin

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