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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Handzetteln, leere Flaschen und schmutziges Geschirr überall. In der Mitte des Raums stand eine unförmige Maschine, von der mit schwarzer Tinte verschmiertes Papier herabhing.
    »Eine Druckerpresse«, sagte Robin.
    Joe, der gerade Feuer machte, murmelte: »Das verdammte Ding hat wieder mal den Geist aufgegeben. Ich hab den ganzen Tag damit verschwendet, daran herumzubasteln.«
    Aus der benachbarten Küche rief Francis: »Es sind keine Eier da.«
    »Natürlich sind keine Eier da. Es war ja seit mindestens einer Woche niemand mehr beim Einkaufen.«
    Das Feuer brannte. Joe ging zu der Presse.
    »Ich werd das verdammte Ding auseinandernehmen müssen. Sie ist mit Druckfarbe verstopft.« Sein dunkles, kantiges Gesicht wurde etwas weicher, als er über die Presse strich.
    »Ich hab noch ein paar Kekse gefunden«, rief Francis aus der Küche. »Und Vivien hat mir Kaviar geschickt …«
    Auf dem Boden sitzend, weil keiner Lust hatte, die Stühle freizuräumen, aßen sie Kaviar auf Teegebäck. Francis erklärte, was es mit der Druckerpresse auf sich hatte.
    »Wir drucken Flugblätter und Wahlprogramme und auch kommerzielle Sachen. Ich habe sie vor anderthalb Jahren aus zweiter Hand gekauft. Joe hat sie aufgemöbelt, und ich bin für den Verkauf und die Gestaltung zuständig. Ich bin gerade dabei, eine kleine Zeitschrift zu starten. Lyrik … politische Kommentare, so in der Art. Sie soll vierteljährlich herauskommen.«
    Joe goß Bier in drei Teetassen. »Wir haben einen Auftrag für tausend Prospekte von einem Hersteller medizinischer Geräte. Deswegen muß ich die Maschine wieder flottkriegen.«
    Stöße von Handzetteln lagen neben Robin auf dem Boden. Sie las: »Sozialistische Demokratie«, von Henry Green. »Sozialistischer Leitfaden für Mütter«, von Sarah Salmon. »Eine kurze Geschichte der Gewerkschaftsbewegung«, von Ernest Hardcastle.
    Sie nahm eines der Blätter in die Hand. »Diese Leute schicken Ihnen also ihre Schriften, und Sie drucken sie für sie?«
    »So ungefähr.« Francis reichte Robin eine Tasse. »Na ja, so haben wir angefangen. Aber wir haben ziemlich bald gemerkt, daß es einen Haufen Zeit und Arbeit spart, wenn man alles selbst macht. Da muß man sich nicht erst durch massenhaft Rechtschreibfehler und falsche Interpunktion durchackern.«
    Joe bemerkte: »Das ist einer der Vorteile einer guten Schulbildung.«
    »Joe und ich waren zusammen in Dotheboys Hall«, fügte Francis hinzu. »Sie haben uns wegen unsportlichen Verhaltens an die Luft gesetzt.«
    Sie sah ungläubig erst den einen, dann den anderen an. Francis' hellgraue Augen blickten völlig unschuldig drein. Joe hatte sein Bier ausgetrunken und machte sich wieder an der Presse zu schaffen.
    »Die Dinger schreibt alle Francis«, erklärte er gutmütig.
    Francis lächelte. »Sie sind alle unterschiedliche Persönlichkeiten. Na, kommen Sie schon, Robin, trinken Sie aus. Henry Green sehe ich als gesetzten älteren Herrn mit Pfeife und einer Vorliebe für Cricket und Elgar. Sarah Salmon – na, ein halbes Dutzend Bälger natürlich, war früher Fabrikarbeiterin. Sie leistet sich ab und zu einen Grammatikfehler. Und Ernest Hardcastle – Schiebermütze und Brieftauben, ganz klar. In seiner Freizeit baut er Lauch an.« Robin entgegnete kühl: »Die Leute kaufen diese Bücher … Sie glauben das, was darin steht. Und Sie machen sich nur über sie lustig … Halten sie zum Narren. Ihnen bedeutet das alles überhaupt nichts.« Francis schüttelte heftig den Kopf. »Aber natürlich bedeutet es mir etwas. Ich glaube jedes Wort, das ich schreibe. Ich kann nur besser schreiben als die meisten Leute.«
    Nicht überzeugt, schlug Robin eines der Heftchen auf und las einige Absätze.
    »Zigarette?« fragte Francis und hielt ihr die Packung hin.
    Bei schönem Wetter fand der Osterbasar stets im Garten des Pfarrhauses statt. Dieses Jahr schien die Sonne, darum wurden die Stände auf der großen, von Blumenbeeten gesäumten Rasenfläche neben dem Haus aufgestellt. Helen war als einzige Tochter des verwitweten Pastors für die Organisation des Basars zuständig. Da sie es nicht über sich brachte, andere um Gefälligkeiten zu bitten, blieb am Ende fast alles an ihr selbst hängen. Sie hatte Tage und Wochen damit zugebracht, Kleinigkeiten für den Kurzwarenstand zu nähen, Kuchen und Plätzchen zu backen und auf dem Speicher herumzukriechen, um passende Dinge für die Ramschbude aufzustöbern. Zum Glück hatte sich Mrs. Lemon, die Frau des Arztes, erboten, für

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