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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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lehnte sie an der Wand und kaute auf einer Haarsträhne. »Dann sind wir erwachsen. Nie wieder Lacrosse. Nie wieder lächerliche Regeln und Vorschriften.«
    »Ich heirate mal einen reichen Mann«, sagte Maia. »Dann wohne ich in einem gigantischen Haus mit ganz vielen Bediensteten. Ich habe die tollsten Kleider – Vionnet, Fortuny, Chanel …« Maias helle blaue Augen waren halb geschlossen. Licht und Schatten spiegelten sich auf ihrem schönen Profil. »Alle Männer werden sich in mich verlieben.«
    »Das tun sie doch jetzt schon«, bemerkte Robin säuerlich. Es war eine Qual, mit Maia durch Cambridge zu gehen: Köpfe drehten sich, Botenjungen fielen von ihren Fahrrädern. Sie beschattete ihre Augen und sah blinzelnd aufs Wasser. »Ich hole meinen Schwimmanzug. Es ist bestimmt warm genug.«
    Sie lief durch den Garten und verschwand im Haus. In ihrem Zimmer warf sie ihre Kleider ab und schlüpfte in ihren Schulbadeanzug, schwarz und unförmig, auf dem Rücken mit »R. Summerhayes« bestickt. Als sie über den Rasen zurückrannte, hörte sie von der Veranda her Helens Stimme.
    »Ich wünsch mir ein kleines Haus. Nichts Großartiges. Und Kinder natürlich.«
    »Ich will nie Kinder haben.« Maia hatte ihre Strümpfe ausgezogen und ließ ihre nackten Beine von der Sonne bräunen. »Ich kann Kinder nicht ausstehen.«
    »Daddy hat gesagt, wir müssen Mrs. Lunt entlassen. Sie trinkt. Ich glaube, Daddy wäre froh, wenn sie abschwören würde, obwohl das natürlich ziemlich Low Church ist.« Helens Stimme war gedämpft. Zwei Stufen auf einmal nehmend, sprang Robin die Holztreppe hinauf. »Daddy sagt, ich bin jetzt alt genug, um das Haus zu führen. Ich bin ja schließlich schon achtzehn.«
    »Aber du kannst doch nicht …« Robin starrte sie entsetzt an. »Ich meine … abstauben … die Basare veranstalten und all das. Das kannst du doch nicht, Helen. Ich könnte es nie. Lieber würde ich sterben.«
    »Ach, es ist ja nicht für immer. Nur bis wir die richtige Lösung gefunden haben. Und Briefe schreibe ich gern. Daddy hat gesagt, er kauft mir vielleicht eine Schreibmaschine.«
    »Wir dürfen nie die Verbindung untereinander verlieren.« Robin schlüpfte unter dem Holzgeländer der Veranda hindurch und blieb einen Moment zum Sprung bereit über dem dunklen, glasigen Wasser stehen. »Wir müssen einander versprechen, daß wir jeden wichtigen Meilenstein im Leben einer Frau zusammen feiern.«
    Sie ließ das Geländer los und sprang ins Wasser. Die Kälte raubte ihr fast den Atem, und als sie die Augen öffnete, konnte sie über sich gedämpftes, grünschimmerndes Licht sehen. Sie stieß durch die Wasseroberfläche ins Sonnenlicht und schüttelte den Kopf, daß die Wassertropfen wie Glasperlen um sie flogen.
    Maia sagte: »Wir müssen unsere erste Arbeitsstelle feiern –«
    »Die Hochzeit.«
    »Ich hab nicht vor zu heiraten.« Robin, die im Teich Wasser trat, warf ihr nasses Haar zurück.
    »Dann eben den Tag, an dem wir die Unschuld verlieren«, sagte Maia lachend. Sie zog ihren Trägerrock über ihren Kopf und hängte ihn über das Verandageländer.
    »Maia«, flüsterte Helen. »Du kannst doch nicht –«
    »Nein?« Maia knöpfte ihre Bluse auf, faltete sie ordentlich und legte sie neben den Trägerrock. Nur in ihrem Hemdhöschen stand sie groß und langbeinig auf der Veranda.
    »Du hast doch auch vor, deine Unschuld zu verlieren, oder, Robin?«
    Helen wandte sich ab, rot vor Verlegenheit.
    Robin begann auf dem Rücken über den Teich zu schwimmen. »Ich denke schon. Wenn ich einen Mann auftreiben kann, der nicht erwartet, daß ich ihm die Hemden wasche und die Knöpfe annähe, nur weil er in mich verknallt ist.«
    Maia sprang wie von der Sehne geschnellt. Es spritzte kaum, als sie ins Wasser eintauchte. Sie schwamm Robin entgegen. »Ich glaube nicht, daß irgendein Mann das von dir erwarten würde, Robin, mein Schatz.« Sie schnippte mit dem Finger gegen den losen Knopf, der vom Träger des unförmigen Schwimmkostüms baumelte, das Robin anhatte.
    »Also gut. Verlust der Unschuld und erste Arbeitsstelle. Was noch?«
    »Auslandsreisen«, sagte Helen auf der Veranda. »Ich würde wahnsinnig gern reisen. Ich bin nie über Cambridge hinausgekommen.« Einen Moment erfaßte Robin stürmische Erregung, in die sich sogleich Niedergeschlagenheit mischte. Das Leben wartete auf sie, aber sie mußte erst noch Jahre Latein und Griechisch hinter sich bringen.
    »Und was hast du vor, Robin? Wenn du nicht heiraten willst.«
    »Girton,

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