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Das Winterhaus

Das Winterhaus

Titel: Das Winterhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Lennox
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Hitze seines Zorns nicht abkühlen. In der Wohnung trat er die Tür mit dem Fuß hinter sich zu und versuchte mit zitternden Händen, die Gaslampe anzuzünden.
    »Joe?« Als er sich herumdrehte, sah er Robin. Sie hatte eines von Francis' Hemden an, und ihre Augen waren vom Schlaf ein wenig verschwollen. Sie starrte sein Gesicht an. »Du bist verletzt –«
    »Mir geht's gut«, fuhr er sie ungeduldig an. »Geh wieder ins Bett.«
    Aber sie blieb, wo sie war. »Hat es im Pub eine Prügelei gegeben?«
    »Ich war nicht im Pub.«
    »Aber was –?«
    Ihre unersättliche Neugier war einer ihrer schlimmsten Fehler. »Clodie hatte diesen – diesen Kerl bei sich. So einen fetten, glatzköpfigen, aufgeblasenen –«
    »Clodie hat einen anderen?«
    Er lachte bitter. »Clodie hat drei andere. Wir sind fertig miteinander.«
    »Aber warum denn?«
    Ihre Begriffsstutzigkeit war nicht zu fassen. Herrschsüchtig, ja – naiv auch, aber im allgemeinen doch halbwegs intelligent. Joe bemühte sich um Geduld.
    »Liegt das nicht auf der Hand?«
    »Für mich nicht, nein.«
    Er warf seine Jacke auf das Sofa. »Ich hatte keine Ahnung, daß ich Mitglied einer Vierergenossenschaft war. Daß ich Aktien gekauft hatte.«
    »Ach, nur weil ihr ein Liebespaar wart, war Clodie dein Eigentum ?«
    Sie verdrehte ihm das Wort im Mund. »Natürlich nicht. Ich habe eben geglaubt, wir hätten etwas – ich dachte, es wäre Liebe –«
    Robin setzte sich aufs Sofa. Sie legte sich seine Jacke um die Schultern, um nicht zu frieren. »Es war Begierde, Joe. Ihr habt einander begehrt. Spielt es für dich wirklich eine Rolle, wenn Clodie auch andere Männer begehrenswert findet?«
    Er wußte, daß sie unrecht hatte. Und er wußte auch, daß der Zorn, den er empfand, nur vorübergehend den Schmerz verdeckte, der bald einsetzen und lange bleiben würde.
    »Alle verwechseln Begehren mit Liebe«, dozierte sie. »Und sie bilden sich ein, sie müßten die Menschen besitzen, die sie lieben. Du benimmst dich genauso wie jeder bürgerliche Ehemann, Joe.«
    »Sie hat Geld dafür genommen, Herrgott noch mal!« rief er. »Kleider – Schmuck –« Er wandte sich ab. Er wollte ihre Bekümmerung nicht sehen.
    Sie sagte viel weicher als vorher: »Witwen sind die ärmsten der Armen, Joe – besonders wenn sie ein Kind haben, das sie ans Haus bindet, wie das bei Clodie der Fall ist.«
    Er murmelte: »Ich weiß.« Das war ja das Schlimmste, daß er nicht in der Lage war, für sie zu sorgen. Er wußte schon jetzt, daß er Lizzie ebenso vermissen würde wie Clodie.
    »Ich konnte sie nicht teilen, Robin«, sagte er nach einer kleinen Pause. »Das konnte ich einfach nicht. Du könntest doch Francis auch nicht teilen, nicht wahr?«
    »Was hat denn Francis mit dieser Geschichte zu tun? Wir sind Freunde, und wir schlafen miteinander, das ist alles. Ich liebe Francis nicht.«
    Er sah sie an, klein und schmal, in Francis' Hemd und seine Jacke eingepackt, und sagte müde: »Aber natürlich liebst du ihn, Robin.«
    Er rieb sich die Augen und setzte sich neben sie aufs Sofa. »Du liebst Francis und du liebst ihn schon seit mehr als einem Jahr, und es wird langsam Zeit, daß du aufhörst, dir was vorzumachen.«
    Er hörte, wie sie anfing zu widersprechen, aber er schloß die Augen und blendete sich einfach aus. Er konnte sich nicht aufraffen, zu Bett zu gehen. Während langsam der Schlaf kam, lief in seinem Kopf immer wieder die Szene mit Clodie ab und stürzte ihn in tiefen Schmerz und Bedauern.
    »Sie werden dafür sorgen, daß alle Probleme, alle Entscheidungen, die das Kaufhaus betreffen, auf meinen Tisch kommen«, hatte Maia gesagt, und innerhalb von ein oder zwei Wochen wurde ihr klar, daß Liam Kavanagh ihren Befehl bis aufs i-Tüpfelchen befolgte.
    Jedes Problem, ob groß oder klein, landete auf Maias Schreibtisch. Die verspätet eingegangenen Lieferungen in der Haushaltwarenabteilung; die streunende Katze in den Garagen. Der stetige, unaufhaltsame Rückgang der Gewinne in den letzten zwei Quartalen; die Klumpen im Reispudding in der Kantine. Wenn sie morgens um Viertel nach neun in der Firma eintraf, fand sie ihren Schreibtisch, den sie am Abend leer zurückgelassen hatte, vollbeladen mit Aktennotizen, Briefen, die unterzeichnet werden mußten, Abrechnungen und Rechnungsbüchern. Sie wußte, daß er sie auf die Probe stellte; sie wußte, wenn sie sich jetzt erneut beschwerte, würde das in seinen und in den Augen seiner Verbündeten bestätigen, daß sie nichts weiter war als ein

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