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Das wird mein Jahr

Das wird mein Jahr

Titel: Das wird mein Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Lange
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Garten saßen und über das Verwöhnaroma eines Kaffees philosophierten.
    »Ja, fast, Friedemann. Der ist von Aldi. Du musst wissen, der ganze Kram aus der Werbung, das sind alles nur überteuerte Markenprodukte. Diese Kunden wollen uns als Kunden voll verarschen. Bei Aldi kriegst du das gleiche Zeug zum halben Preis. Nur in einer anderen Verpackung. Da spart man eine Menge Kohle. Frag Katrin.« Ich nickte beeindruckt. »Tja, Friedemann, Fuchs sein heißt nicht nur Schwanz haben. Aber keine Angst, das erklär ich dir noch alles. Hier im Westen muss man sich kümmern.« Andi grinste und schaute auf die Uhr. »Oh Mann, ich muss los.« Er stand auf und gab Katrin einen flüchtigen Kuss. »Macht’s gut. Bis nachher.«
    »Du musst am Samstag zur Arbeit?«, fragte ich ihn.
    »Ja, unser Autohaus hat heute bis vierzehn Uhr auf. Da kommen die meisten Leute vorbei. Du weißt schon: Verkaufsgespräche,Kundenberatung, Probefahrten und so weiter. Bis nachher.« Er schloss die Wohnungstür, und man hörte seine eiligen Schritte im Treppenhaus.
    Wenn man sich nicht ganz ausstreckte, konnte man auf dem Sofa einigermaßen liegen. Das Wohnzimmer von Andi und Katrin hatte keine Vorhänge, und die Sonne schien ein wenig herein. Ich starrte eine Weile die weiße Zimmerdecke an, bis mir die Augen zufielen. Unten im Hof hörte man Kinder Fußball spielen, dem Geräusch nach offenbar gegen eine leere Mülltonne. Irgendjemand rief etwas in einer fremden Sprache. Jemand anderes antwortete. Ob das Türkisch war? Von der Straße hörte man Autos. Nicht das Knattern von Trabbis und Wartburgs, sondern das elegante Summen von Viertaktmotoren. Auch die LKWs klangen komplett anders. Jede Ost-Kiste hatte einen unverwechselbaren Sound, die konnte man mit geschlossenen Augen unterscheiden. Hier wusste ich überhaupt nicht, welcher Wagen gerade unten vorbeifuhr. Langsam schlief ich ein.
    Am Nachmittag kam Andi wieder. Ich wurde wach vom Geklapper in der Küche. Zunächst rief ich meine Eltern an und sagte, dass alles glattgegangen war.
    »Wo kann man denn heute Abend schön weggehen? Gibt es hier irgendwo eine coole Disco? Habt ihr schon ein paar nette Leute kennengelernt?«, fragte ich anschließend Andi.
    »Tja, Friedemann, ist alles sauteuer. Da bezahlst du schon ’nen Fünfer, nur um reinzukommen. Überlege mal, fünf D-Mark nur für Eintritt. Und dann die Preise für die Mixgetränke. Das ist alles Abzocke, verstehste? Katrin und ich hatten für heute einen gemütlichen Heimabend mit Videosund ein paar Bierchen geplant – ganz entspannt. Fernseher und Videorecorder haben wir ja. Gab’s sehr günstig bei Neckermann auf Teilzahlung.« Andi deutete mit einer Handbewegung auf seine technischen Errungenschaften, die auf dem Wohnzimmerfußboden standen. Vorhin hatte ich die doch glatt übersehen.
    »Ja, warum nicht ein paar gute Filme. Cool.«
    »Videos haben wir aufm Rückweg geholt, zweimal ›Star Trek‹. So Weltraumaction. Wird dir gefallen.« Andi verschwand in der Küche, um die mitgebrachten Biere im Kühlschrank zu verstauen. »Zum Film gibt’s italienisches Essen«, rief er mir zu und schob drei Tiefkühlpizzas in den Backofen.
    Star Trek war der Hammer. Dem Namen nach kannte ich das schon, aber gesehen hatte ich noch keinen. Dort konnten sich die Typen von der »Enterprise« von einem Ort zum anderen beamen lassen. Einfach hinstellen, auf einen »Kommunikator« an der Brust drücken, den Zielort nennen, und schon war man wieder im Raumschiff oder auf irgendeinem Planeten.
    Nachts konnte ich lange nicht einschlafen. Das lag nicht nur an der unbequemen Couch und an der vielen Cola, die ich getrunken hatte. Ich stand unter Strom. Wie würde es jetzt weitergehen? Ob ich hier gleich einen Job bekäme? Und wie sähe es mit ’ner Wohnung aus? Bei Andi und Katrin konnte ich ja nicht ewig aufm Sofa übernachten. Obwohl, wir könnten ja auf WG machen.
    Während ich so dalag, blätterte ich in einem Neckermann-Katalog, den ich auf dem Fußboden gefunden hatte. Offenbar war er die Lieblingslektüre von Katrin, so abgegriffen,wie der aussah. Sie hatte vorhin, als der Film lief, pausenlos darin rumgeblättert und Andi immer wieder Sachen gezeigt, die sie sich bestellen wollte. Auf vielen Seiten waren Preise mit rotem Filzstift eingekreist, und es lagen mit Bestellnummern beschriebene Zettel drin, als Lesezeichen. Wollte sich Katrin ernsthaft eine blaue Jeanslatzhose kaufen? Immerhin sah der ausgewählte Bikini ganz nett aus. Ein grauer Anzug für 159

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