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Das wird mein Jahr

Das wird mein Jahr

Titel: Das wird mein Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Lange
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gleich stenographieren.
    »Tja, also, davon habe ich noch nie was gehört«, antwortete ich so unschuldig wie möglich. Herr Merk wurde ans Telefon gerufen, er entschuldigte sich, und ich stand plötzlich mit den beiden Bullen allein auf dem Hof.
    »Nach unseren Informationen soll eine jugendliche Person mit einem Haarschnitt wie …«, Rudi Völler blätterte in seinem Notizbuch, »… wie Elvis Presley Näheres zu dieser Angelegenheit wissen. Arbeitet so jemand hier?« In Comedy-Fernsehsendungen wie »Sketch Up« wäre jetzt das lachende Publikum aus dem Off eingeblendet worden, aber zu hören war nur das Rattern des Computerdruckers aus dem Büro.
    Ich rückte mein Basecap zurecht. »Elvis, wer? Ich glaube, das war noch vor meiner Zeit.«
    Der Unauffällige zog ein Foto aus der Innentasche seines sandfarbenen Blousons und hielt es mir unter die Nase. Darauf zu sehen war Double Trouble, der gerade sehr betretenin die Polizeikamera schaute und ein Schild hochhielt, auf dem sein bürgerlicher Name stand: »Udo Merk«.
    »Kennen Sie diese Person?«, fragte mich Rudi Völler und schaute dabei sehr ernst. Unser alter ABV in Grünau erschien mir plötzlich viel harmloser als die West-Bullen.
    Ich versuchte mein bestes Pokerface aufzusetzen. »Nein, nie gesehen.«
    »Wirklich? Das ist der Sohn Ihres Chefs. Den werden Sie doch mal getroffen haben.«
    »Nein, tut mir leid, der arbeitet hier nicht.«
    »Wir haben nicht gesagt, dass er hier arbeitet. Dafür fehlte ihm offenbar das Talent.« Der Unauffällige grinste zu seinem Kollegen und der grinste zurück. Was die alles wussten …
    »So wie es aussieht, sind Sie hier der einzige, der im gleichen Alter ist wie Merk Junior. Sie können uns doch nicht erzählen, dass Sie noch nie mit ihm in Kontakt gekommen sind.«
    »Der wird Sie bestimmt gefragt haben, wie das mit dem Hanfanbau funktioniert. Sie haben doch hier alles, was man dazu braucht«, ergänzte der unauffällige Rudi Völler.
    »Ich wusste bis eben nicht mal, dass Herr Merk einen Sohn hat«, entgegnete ich. Doch ich wurde langsam nervös. In was für eine Scheiße hatte mich Double Trouble nur reingeritten?
    »Junger Mann, ich kann Ihnen nur raten, uns alles zu sagen, was Sie wissen. Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sind kein Kavaliersdelikt. Wir könnten Sie auch schnell mal mit auf die Dienststelle nehmen und uns dort in Ruhe zusammen mit dem jungen Herrn Merk überalles unterhalten. Vielleicht fällt Ihnen dann wieder ein, woher Sie sich kennen.« Der Unauffällige war einen Schritt vorgetreten und spielte ziemlich glaubhaft die Rolle des Bad Cops. In meinem Gesicht konnte er jetzt wahrscheinlich mühelos erkennen, dass ich mir fast in die Hosen machte.
    »Also, das wird mir jetzt alles zu Stasi-mäßig«, entgegnete ich mit zitternder Stimme. Die Beamten schauten mich ungläubig an. »Ich bin letztes Jahr aus der DDR geflüchtet, politisch, verstehen Sie? Es tut mir leid, aber ich weiß wirklich nicht, wovon Sie sprechen. Ich will hier nur meine Arbeit machen.«
    »Ach, aus der Ost-Zone?« Die beiden Polizisten schauten sich an. »Ja, da werden Sie so was gar nicht kennen.« Dann drehten sie sich um und gingen zu ihrem Wagen. Ohne auch nur ein weiteres Wort.
    Ich brachte den Schlüssel ins Büro. Was war hier nur gerade für ein Film abgelaufen? Wenn ich Double Trouble in die Finger kriegte, würde er nicht nur »doppelten« Ärger bekommen, das stand schon mal fest. Ob er gewusst hat, dass ich in der Gärtnerei seines Vaters arbeite? Wohl eher nicht.
    Als ich wieder aus dem Büro kam, fuhren die Polizisten gerade vom Gelände. »Herr Blumenstrauß?« Gärtnermeister Merk rief mich aus dem offenen Fenster.
    Ich zuckte fast etwas zusammen. »Ja, bitte?«
    »Konnten Sie den Beamten weiterhelfen?«
    »Nein, leider nicht. Mit so was kenne ich mich überhaupt nicht aus.«
    Herr Merk starrte auf den Asphalt des Hofes und wirkte für einen kurzen Augenblick abwesend. Dann hatte er sichwieder gefangen. »Ach übrigens, Sie haben mir noch nicht Ihren Urlaubsantrag eingereicht. Ich will nachher den Dienstplan fertig machen.«
    »Gut, dass Sie mich deswegen ansprechen, Herr Merk. Könnte ich gleich nächste und übernächste Woche frei bekommen? Mein Vater hatte eine Blinddarmoperation.« Eiskalt tischte ich ihm diese Lüge auf. Keine Ahnung, woher ich die Skrupellosigkeit nahm.
    »Oh verstehe, Herr Blumenstrauß. Kommen Sie nachher noch mal vorbei.«
    »Ja, vielen Dank. Das wäre echt wichtig. Meine Mutter

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