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Das Wirken der Unendlichkeit

Das Wirken der Unendlichkeit

Titel: Das Wirken der Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Zauberers /u beginnen und einen Öffner zu finden - ein Ereignis in deinem Leben, an das du dich mit solcher Klarheit erinnerst, daß es als Scheinwerfer dient, um alles andere bei deiner Rekapitulation mit derselben oder mit vergleichbarer Klarheit zu beleuchten. Mach das, was die Zauberer das Rekapitulieren der Teile eines Puzzles nennen. Irgend etwas wird dich dahin führen, daß du dich an das Ereignis erinnerst, das als dein Öffner fungieren wird.«
    Mir gab mir noch eine letzte Ermahnung, bevor er mich allein ließ.
    »Versuch dein Bestes«, sagte er. »Tu dein Bestes.« Ich war einen Augenblick lang absolut ruhig - vielleicht lag es an der Stille, die mich umgab. Dann spürte ich ein Vibrieren, eine Art Stoß in meiner Brust. Das Atmen fiel mir schwer, doch plötzlich öffnete sich etwas in meiner Brust, das mir erlaubte, tief Luft zu holen. Blitzartig stand mir ein vergessenes Ereignis aus der Kindheit in allen Einzelheiten vor Augen, als sei es gefangengehalten gewesen und plötzlich befreit worden.
    Ich befand mich im Arbeitszimmer meines Großvaters, wo ein Billardtisch stand, und spielte mit ihm Billard. Ich war beinahe neun Jahre alt. Mein Großvater war ein sehr geschickter Spieler und hatte mich gezwungenermaßen jedes Spiel gelehrt, das er kannte, bis ich gut genug für eine ernsthafte Partie mit ihm war. Wir spielten endlose Stunden. Ich wurde so gut, daß ich ihn eines Tages schlug. Danach konnte er nie mehr gewinnen. Ich verlor viele Male, aber nur ihm zuliebe. Er wusste es und wurde dann wütend auf mich. Einmal regte er sich so auf, daß er mir mit dem Billardstock auf den Kopf schlug. Zum Ärger und zur großen Freude meines Großvaters konnte ich mit neun Jahren eine Karambole nach der anderen machen, ohne aufzuhören. Bei einem Spiel wurde er so frustriert und ungeduldig, daß er sein Queue hinwarf und sagte, ich möge allein spielen. Mein Fanatismus machte es möglich, daß ich gegen mich selbst spielte und an einem Spiel so lange arbeitete, bis ich es perfekt beherrschte.
    Eines Tages besuchte ein Mann meinen Großvater, der für seine Verbindungen mit Spielern in der Stadt bekannt war und einen Billardsalon besaß. Die beiden unterhielten sich und spielten Billard, als ich zufällig ins Zimmer kam. Ich wollte mich sofort zurückziehen, doch mein Großvater ergriff meine Hand und zog mich ins Zimmer.
    »Das ist mein Enkel«, sagte er zu dem Mann. »Ich freue mich sehr, dich kennen zulernen«, sagte der Mann. Er sah mich ernst an und hielt mir eine Hand entgegen, die so groß war wie der Kopf eines normalen Menschen.
    Ich war entsetzt. Sein schallendes Lachen verriet mir, daß er mein Unbehagen verstand. Er sagte, er heiße Falelo Quiroga, und ich murmelte verlegen meinen Namen. Er war sehr groß und äußerst elegant gekleidet. Er trug einen zweireihigen blauen Nadelstreifenanzug. Die Hosenbeine verengten sich elegant nach unten. Er muss damals Anfang Fünfzig gewesen sein, aber er wirkte gepflegt, und abgesehen von einem leichten Bauchansatz war er in guter körperlicher Verfassung. Er war nicht dick. Er schien Wert auf das Aussehen eines Mannes zu legen, der gut genährt ist und keine Not leidet. Die meisten Menschen in meiner Heimatstadt waren mager. Sie arbeiteten schwer, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und hatten keine Zeit für die Annehmlichkeiten des Lebens. Falelo Quiroga schien das Gegenteil zu sein. Sein Auftreten war ganz das eines Mannes, der nur Zeit für die Annehmlichkeiten des Lebens hat. Er bot einen erfreulichen Anblick. Er hatte ein angenehmes Gesicht, war glatt rasiert und hatte freundliche blaue Augen. Er besaß das Gebaren und das Selbstvertrauen eines Arztes. Die Leute in der Stadt sagten, er sei fähig, einem alle Befangenheit zu nehmen, und er hätte Priester, Anwalt oder Arzt sein sollen und nicht ein Spieler. Man sagte auch, daß er mit dem Spielen mehr Geld verdiente als alle Ärzte und Anwälte der Stadt zusammen.
    Er war sorgfältig frisiert, doch seine schwarzen Haare wurden bereits sichtbar dünner. Er versuchte, den zurückweichenden Haaransatz zu verbergen, indem er sich die Haare in die Stirn kämmte. Er hatte einen kantigen Unterkiefer und ein sehr einnehmendes Lächeln. Seine großen weißen Zähne waren sehr gepflegt - eine absolute Neuheit in einer Gegend, in der die überwältigende Mehrheit der Leute schlechte Zähne hatte. Zwei weitere bemerkenswerte Dinge an Falelo Quiroga waren für mich seine riesigen Füße und die handgearbeiteten

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