Das Wirken der Unendlichkeit
Falcon zwei- bis dreimal in der Woche, und ich gewann jedes Spiel, das ich für ihn spielte. Und er hielt sein Versprechen und bezahlte alles, was ich kaufte, besonders das Essen in einem chinesischen Restaurant, das ich mir ausgesucht hatte und wohin ich jeden Tag ging. Manchmal lud ich sogar meine Freunde ein, denen ich schreckliche Angst machte, indem ich schreiend aus dem Restaurant rannte, wenn der Kellner die Rechnung brachte. Es verblüffte sie, daß sie nie auf die Polizeiwache geschleppt wurden, weil sie in einem Restaurant gegessen hatten, ohne dafür zu bezahlen.
Ich litt jedoch Höllenqualen, denn ich hatte niemals damit gerechnet, daß ich mit den Hoffnungen und Erwartungen all der vielen Leute zurechtkommen musste, die auf mich setzten. Die Feuerprobe kam, als ein Spitzenspieler aus einer Nachbarstadt Falelo Quiroga herausforderte und seine Herausforderung mit einer riesigen Summe bekräftigte. Die Nacht des großen Spiels begann wenig glückverheißend. Mein Großvater war krank geworden und konnte nicht einschlafen. Die ganze Familie war in Aufruhr. Es stellte sich heraus, daß niemand zu Hell ging. Ich bezweifelte, daß es mir möglich sein würde, mich aus meinem Zimmer zu stehlen, doch das Pfeifen und die Kiesel, die gegen die Scheiben prallten, waren so hartnäckig, daß ich es schließlich riskierte und vom Fenster in Guillermo Falcons Arme sprang. Jeder Mann der Stadt schien sich im Billardsalon eingefunden zu haben. Gequälte Gesichter baten mich stumm, nicht zu verlieren. Einige Männer versicherten mir, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen, sie hätten ihre Häuser und ihre gesamte Habe gewettet. Ein Mann sagte halb im Spaß, er habe seine Frau verwettet. Wenn ich nicht gewinne, würde er in dieser Nacht entweder zum Hahnrei oder zum Mörder. Er verriet nicht, ob er seine Frau umbringen wollte, damit er nicht zum Hahnrei wurde, oder mich, weil ich das Spiel verloren hatte. Falelo Quiroga ging mit großen Schritten auf und ab. Er hatte einen Masseur bestellt, der mich massieren sollte. Der Mann legte mir heiße Handtücher um Arme und Handgelenke und kalte Handtücher auf die Stirn. Er zog mir die bequemsten weichen Schuhe an, die ich je getragen hatte. Sie hatten einen harten, militärischen Absatz und eine Stütze für die Wölbung der Fußsohle. Falelo Quiroga setzte mir sogar eine Baskenmütze auf, um zu verhindern, daß mir die Haare ins Gesicht fielen, und ließ mich einen weiten Overall anziehen. Dazu bekam ich sogar noch einen Gürtel.
Die Hälfte der Männer um den Billardtisch waren Fremde aus einer anderen Stadt. Sie starrten mich an. Sie gaben mir das Gefühl, sie hätten mich am liebsten tot gesehen.
Falelo Quiroga warf eine Münze in die Luft, um herauszufinden, wer beginnen würde. Mein Gegner war ein junger, sehr eleganter und sehr selbstsicherer Brasilianer chinesischer Abstammung mit einem runden Gesicht. Er begann und machte eine beunruhigend große Zahl Karambolen. Ich konnte an der Farbe von Falelo Quirogas Gesichts erkennen, daß er ebenso wie die anderen Männer, die alles, was sie besaßen, auf mich gesetzt hatten, dicht vor einem Herzschlag stand. Ich spielte in dieser Nacht sehr gut, und als ich mich der Zahl der Karambolen des anderen Mannes näherte, erreichte die Nervosität der Männer, die auf mich gesetzt hatten, ihren Höhepunkt. Falelo Quiroga wurde regelrecht hysterisch. Er schrie die Leute an und verlangte, daß jemand die Fenster öffnete, weil ich vor Zigarettenrauch nicht atmen konnte. Der Masseur lockerte mir auf seinen Befehl Arme und Schultern. Schließlich musste ich mir Ruhe verschaffen und machte in großer Eile die acht Karambolen, die ich brauchte, um zu gewinnen. Die Euphorie meiner Anhänger war unbeschreiblich. Mich berührte das alles nicht, denn es war bereits früh am Morgen, und man musste mich schnellstens nach Hause bringen.
Meine Erschöpfung an diesem Tag war unermeßlich. Falelo Quiroga war sehr zuvorkommend und ließ mich eine ganze Woche lang nicht holen. Doch eines Nachmittags erschien Guillermo Falcon vor der Schule und brachte mich in den Billardsalon. Falelo Quiroga war sehr ernst, er bot mir nicht einmal Kaffee oder Blätterteiggebäck im. Er schickte alle aus dem Büro und kam direkt zur Sache. Er schob seinen Stuhl dicht an mich heran. »Ich habe eine Menge Geld für dich zur Bank gebracht«, erklärte er sehr feierlich. »Ich halte, was ich versprochen habe. Ich gebe dir mein Wort, daß ich mich immer um dich kümmern
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