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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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schlich er sich an dem Weiher entlang, die Kapelle immer im Blick.
    Das sieht ihr ähnlich, sich in einem Gotteshaus zu verstecken, dachte von Keysern höhnisch. Glaubte die Hüterin vielleicht, er würde vor einer Kirche haltmachen? Das hatte er noch nie getan. Damals nicht – und jetzt würde es ihn auch nicht aufhalten. Geweihter Boden? Nun, er entschied, was geweiht war und was nicht. Niemand sonst.
    Erneut verhielt er den Schritt, lauschte nach der Verbindung, nahm Witterung auf.
    Doch, die Angst war zu spüren, kaum merklich, aber vorhanden. Und nun erkannte er auch die Anwesenheit der Tochter. Wie ein helles Flirren von Libellenflügeln im Sonnenlicht. Angst – aber nicht nur das.
    Langsam lief der Jäger weiter, setzte Schritt vor Schritt.
    Dann begann er sie zu rufen. Seine Gedanken dehnten sich aus, lockten die, die der Versuchung nachgeben würde.
    »Er ist direkt vor uns«, hauchte Jenna.
    Lagardère horchte, doch er vernahm keinen Laut. In diesem Moment traten Kim und Nicholas wieder in den Raum, und Kim machte das Daumen-hoch-Zeichen. Da erschien plötzlich ein verwunderter Ausdruck in ihrem Gesicht, und sie ging zögernd in Richtung Tür.
    »Kim«, zischte Jenna. »Bleib hier!«
    Doch Kim reagierte nicht. Jetzt hatte sie die Tür erreicht und griff nach der Klinke.
    Nicholas und Lagardère sahen sie überrascht an. »Wo willst du denn hin?«, fragte Nicholas.
    »Er ist hier!«, gab Kim zurück. »Lass mich zu ihm gehen!«
    »Spinnst du?« Jenna sprang aus der Bank, schob ihre Tochter hinter sich und blockierte die Tür. »Keinen Schritt weiter, Kim. Was ist denn los mit dir? Bist du lebensmüde?«
    Lagardère, der Kim ins Gesicht sehen konnte und darin etwas erkannte, das ihn zutiefst erschreckte, zuckte zusammen. Er ergriff ihre Hand. »Ma chère, machen Sie keinen Unsinn«, warnte er.
    Kim entzog ihm ihre Hand mit einem heftigen Ruck. »Geh zur Seite, Mam«, forderte sie kühl.
    Jenna sah Lagardère hilfesuchend an. Der hob seine Waffe und stellte sich vor Kim, sah ihr in die Augen. »Sie gehen nicht weiter, Kim!«, sagte er kategorisch.
    Kim lächelte verächtlich.
    Im nächsten Moment begann sie zu schreien.
    Der Jäger hob zufrieden den Kopf. Das war einfacher gewesen, als er erwartet hatte. Wenn nicht die Mutter, dann eben die Tochter.
    Der Schrei verstummte abrupt.
    Lagardère hielt Kim den Mund zu, Jenna hielt ihre Arme fest. Kim wehrte sich heftig, wie ein wildes Tier, biss den Franzosen in die Hand und trat um sich.
    »Sei still, oder, bei Gott, ich ziehe dir mit der Pistole eins über«, zischte Nicholas, der Kim fassungslos ansah. »Wie kannst du nur?«
    »Sie ist nicht sie selbst«, erklärte Lagardère. »Schaut!«
    Er drehte sie herum, und Jenna keuchte auf. »Kim! O Gott.« Das Gesicht ihrer Tochter war verzerrt, doch ihre Augen waren leer. »Was macht er mit dir?« Jenna fühlte die Übelkeit wieder in sich hochsteigen, sie presste Kims Gesicht an ihre Schulter, hielt sie fest und versuchte ihre Angst zu unterdrücken.
    Kim hörte auf sich zu wehren. Sie löste sich aus Jennas Umklammerung und lächelte. »Es ist schon okay, Mam«, sagte sie leise und wandte sich wieder Richtung Tür.
    »Nein!«, kreischte Jenna, »du bleibst hier!« Sie sah das grausame Gesicht des Jägers förmlich vor sich, fühlte die Kälte, die von ihm ausging und nun die Kapelle durchdrang wie ein eisiger Windhauch des Todes. »Nein!«
    Und nun war sie es, die schrie, die ihre Angst hinausschrie, die Angst um ihre Tochter, um sich, um all die anderen … bis sie nicht mehr schreien konnte.
    Der Wind frischte auf, wurde zum Sturm und schließlich zum Orkan. Die Welle der Zerstörung breitete sich aus, raste von der Kapelle im Zentrum hinaus in den Park.
    Tiefe Stille weckte sie aus der Erstarrung. Jenna merkte, dass sie auf die Knie gesunken war, und rappelte sich auf. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war.
    Augenblicke? Minuten? Stunden?
    Neben ihr lag Kim auf dem kalten Steinboden, die Augen geschlossen, ihr Atem ging stoßweise.
    Nicholas und Lagardère lagen ebenfalls bewusstlos auf dem Boden, wie Marionetten, deren Fäden man durchtrennt hatte. Jenna stieg mit zitternden Knien über die beiden Männer und öffnete die Tür der Gruft einen Spaltbreit.
    Frische Luft! Sie brauchte Luft!
    Jenna war klar, dass der Jäger hier war, aber seine Präsenz war nur mehr unterschwellig spürbar. Die Holztür öffnete sich mit leisem Knarren. Vor der Kapelle, etwa vier Meter entfernt, lag eine reglose schwarz

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