Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
D’Ornano, nicht wahr? Ein Höfling, wie er im Buche steht. Immer bereit, jemandem in den Rücken zu fallen«, erklärte er Lagardère wie nebenbei. »Nun, Monsieur, Ihr müsst Euch schon etwas anderes einfallen lassen, um mich zu erschrecken.«
Falls d’Ornano überrascht war, dass der Kardinal ihn erkannt hatte, ließ er es sich nicht anmerken. »Das mag schon sein. Aber ich denke, Ihr habt Euch noch etwas Sinn für Schönheit bewahrt, nicht wahr? Bringt sie herein!«, rief er hinter sich.
Zwei seiner Männer zogen die sich heftig wehrende Sophie hinter sich her und stellten sich neben d’Ornano. Sie hatten ihr die Hände auf dem Rücken gefesselt und hielten ihr den Mund zu. Sophie hatte die Augen weit aufgerissen, Angst und Wut flackerten darin.
Lagardère starrte sie entsetzt an. Was sollte das bedeuten?
»Wer ist denn die junge Dame?«, fragte der Kardinal gelassen.
»Sie gehört zu ihm«, gab d’Ornano höhnisch zurück und wies auf den schreckensbleichen Lagardère.
»Hm«, machte der Kardinal. »Das verkompliziert die Sache. Dennoch, findet Ihr es ehrenhaft, einen Sekretär und seine …« Er warf einen Seitenblick auf Lagardère. »… seine Geliebte hier hineinzuziehen?«
Lagardère schluckte trocken. Er war bis eben der Meinung gewesen, seine Beziehung zu Sophie sei über die Gemächer von Marie de Bourbon hinaus nicht bekannt.
»Im Gegensatz zu ihm und Euch bin ich ein Ehrenmann. Aber Ihr … Ihr seid das Schlimmste, was Frankreich passieren konnte!« Verächtlich spuckte d’Ornano dem Kardinal ins Gesicht.
Dieser wischte sich seelenruhig die Wange ab und nickte kurz. Mit einer blitzschnellen, fast unsichtbaren Bewegung beschrieb der Degen eines der Leibwächter einen eleganten Bogen und schnitt d’Ornano die rechte Wange von der Schläfe bis zum Mundwinkel auf. D’Ornanos Schrei war wie ein Signal. Einen Moment später waren Lagardère und die zwei Wachen in einen heftigen Kampf mit den drei maskierten Männern verwickelt. Richelieu griff an seinen Gürtel und zog einen langen Dolch.
»Seid Ihr es, Chalais?«, fragte er, sprang elegant über einen Stuhl und griff einen der Männer an.
»Das werdet ihr nie erfahren!«, ertönte eine heisere Stimme unter der Maske. Doch Lagardère, der gerade Rücken an Rücken mit einer der Wachen focht, griff zu und riss ihm die Maske vom Gesicht.
Der Comte de Chalais heulte vor Überraschung auf und setzte zum Stoß an. Antoine parierte den Schlag und wich zwei Schritte zurück. Er warf einen Blick zur Tür, wo einer der Angreifer immer noch Sophie in Schach hielt. Das Mädchen versuchte verzweifelt, seine Hände zu befreien. Wild um sich tretend wehrte es sich gegen seinen Aufpasser, der ihm daraufhin genüsslich eine Locke absäbelte. »Halt still, du Dirne«, knurrte er. »Sonst ist es dein Hals.«
Lagardère, der feststellen musste, dass Chalais ein wendiger und gefährlicher Gegner war, versuchte eine Finte nach links oben. Gleichzeitig und ohne genau hinzusehen, griff er hinter sich nach einem Schürhaken und warf ihn Sophies Bewacher an den Kopf. Lautlos brach dieser zusammen, und Sophie rannte los, in die stürmische Nacht hinaus.
Lagardère atmete erleichtert auf, bis er ihren verzweifelten Schrei hörte. Er stand für einen Moment wie erstarrt, dann stürmte er zur Tür. Als er Sophie draußen bewegungslos auf dem Boden liegen sah, stieg der Zorn in ihm hoch. »Verräter«, schrie er den Verschwörern entgegen, »das überlebt Ihr nicht!«, und stürzte sich mit einem Satz wieder ins Gefecht.
Auch der Kardinal, der einem der verwundeten Männer den Degen entrissen hatte, focht um sein Leben. Aus dem Augenwinkel sah er eine Bewegung und schrie: »Passt auf!«
Lagardère wirbelte herum, erwartete einen Degenstoß des Comte und schaute einen Lidschlag später fassungslos an sich herunter. Ein langes Messer steckte in seiner Brust. Chalais hatte es in einer fließenden Bewegung aus dem Stiefel gezogen und geworfen. Bei dieser geringen Entfernung hatte er Lagardère nicht verfehlen können.
Lagardères letzter Blick galt dem Kardinal. »Ich habe versagt, Eminenz«, hauchte er verzweifelt, dann übermannte ihn die Nacht, und seine Augen brachen. Als er zu Boden sank, war er bereits tot.
»Im Namen des Königs, ergebt Euch!«, rief eine befehlsgewohnte Stimme von draußen. Die Verschwörer verdoppelten ihre Anstrengung, doch es war umsonst. Gegen ein Dutzend Musketiere des Königs hatten sie keine Chance.
»Seid Ihr verletzt,
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