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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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hoch, die Linus niesen ließ.
    »Gut, dass du da bist«, sagte sie. »Bleib zum Essen. Dann könnt ihr euch alle kennenlernen. Oder noch besser, kannst du Lord Covington vom Hotel abholen? Kim und der nette Franzose sind auch gleich wieder da.«
    »Was gibt’s denn zum Essen?«
    »Eintopf«, beschied ihn Gwen knapp und wies auf einen großen Topf, aus dem es leise blubberte. »Also los, los, in zwanzig Minuten könnten wir essen.«
    Linus drehte sich wortlos um und verließ die Küche. Er stieß fast mit Jenna zusammen, die ihm misstrauisch hinterherblickte. »Das ist Ihr Vetter?«
    Gwen nickte und blätterte in dem Buch.
    »Was weiß er von uns?«
    »Noch nicht viel. Ich glaube, er hält nichts von der ganzen Sache.«
    »Hm.« Jenna hatte in den wenigen Sekunden, in denen sie sich gegenübergestanden hatten, einen ganz anderen Eindruck gewonnen. Linus’ Augen hatten ihn für einen Moment verraten – das war kein Desinteresse gewesen. Nein, eher … Unbehagen? Oder sogar Angst? Um das zu erkennen, brauchte sie nicht einmal Lagardère.
    Im Charing Cross Hospital begann die Abendschicht. Während Ärzte und Schwestern sich umzogen und in kleinen Gruppen durch die Gänge zum Ausgang strömten, hatten die Kollegen bereits übernommen und arbeiteten sich in die neuesten Krankenakten ein. In den oberen Stockwerken wurden die letzten Reste des Abendessens eingesammelt und zurück in die Krankenhausküche gefahren. Die Medikamente für die Nachtstunden wurden verteilt, und die letzten Angehörigen verabschiedeten sich.
    In dem ständigen Kommen und Gehen beachtete niemand den groß gewachsenen, hageren Mann im langen Mantel, der den vorgelagerten Eingangsbereich durchschritt und vor den Aufzügen stehen blieb. Während er wartete, sah er sich um. Ein leises Klingeln riss ihn aus seinen Betrachtungen, die Tür glitt auf, und er trat in die Kabine. »Die Besuchszeit ist für heute vorbei«, sprach ihn ein Arzt an, der mit ihm den Lift betrat. »Sie sollten besser morgen wiederkommen.«
    Der hagere Mann sah ihn kalt an, dann lächelte er dünn, sagte aber nichts. Doch im gleichen Moment hielt mit einem Ruck der Lift zwischen zwei Etagen an, und der Arzt fluchte leise. Dann wollte er auf den »Hilfe«-Knopf drücken, doch der Hagere hob nur wortlos die Hand. Der Arzt in seinem weißen Kittel stöhnte auf und griff sich an die Kehle. Dünne Ströme von Blut rannen plötzlich aus seinen Mundwinkeln, dann aus seiner Nase, schließlich aus seinen Augen. Dann sank er lautlos zusammen.
    Der hagere Mann setzte den Lift mit einer Handbewegung wieder in Bewegung.
    Intensivstation, fünfter Stock.
    Leise zischend glitten die Türen auf und gaben den Weg in die sensibelste Station von Charing Cross frei. Vor dem Mann lag eine Doppeltür mit Milchglasscheibe, daneben ein Kartenlesegerät und ein Nummernpad. Der Hagere legte wie selbstverständlich die Hand auf das Pad, und das elektronische Tür schloss klickte. Dann stieß er die Tür auf. Wenn er seine Aufgabe beendet haben würde, dann würde hier niemand mehr intensive Betreuung benötigen, dachte er.
    Gab es nicht ohnehin viel zu viele Menschen auf dieser Erde? Keine großen Weltkriege, keine Pest und keine tödlichen Seuchen. Dieses Jahrhundert war viel zu human. Die Menschen wurden immer älter, und es wurden immer mehr. Aber das konnte man ändern. Jonathan von Keysern schritt wie ein Racheengel durch den Hauptgang, mit wehendem Mantel und ausdruckslosen Augen. Wer immer auch starb, es war kein Verlust, und von Keysern letztendlich auch egal. »Nun, mein Freund, ist das nicht dein Paradies, deine Dunkelheit, dein Reich?«, murmelte er leise, als er den Tod an seiner Seite spürte. Es wurde kalt in dem Gang, und die Neonröhren flackerten und verloschen eine nach der anderen, als von Keysern unter ihnen hindurchging. Er hob seine rechte Hand, wie zu einem Segen. Mit einem Mal fielen sämtliche Apparate in der Intensiv station aus. Das beruhigende Piepsen der Geräte verstummte. Künstliche Beatmung stoppte, Herzschrittmacher stellten ihre Funktion ein. Menschen bäumten sich in Krankenbetten auf und starben.
    Wer dem hageren Mann begegnete, erkannte zu spät, wen er vor sich hatte. Ärzte und Schwestern brachen zusammen, bevor sie auch nur ein Wort des Erstaunens herausbrachten. Nach den lebenserhaltenden Geräten fiel nun die gesamte Elektrik aus.
    Es wurde stockdunkel.
    Vor der Tür mit der Nummer 534 blieb Jonathan von Keysern stehen. Er hatte sein Ziel erreicht.
    Er griff in

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