Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
auch immer Sie üben – tun Sie es nicht im Flugzeug.« Damit umarmte sie Kim ebenfalls. Sie wechselte einen Blick mit Linus, dann nahm sie das Buch ihrer Großmutter und drückte es Jenna in die Hand. »Es ist kein Handbuch, aber Sie werden es brauchen. Ich habe meine Aufgabe hiermit erfüllt, und ich hoffe, Granny ist zufrieden mit mir.«
Linus nickte zustimmend. »Gwen hat recht. Nehmen Sie es. Wir wünschen Ihnen viel Glück.«
Auf dem Flughafen erwartete sie erneut Nora Miller. »Schön, Sie alle wiederzusehen. Wir fliegen nach Augsburg, mit einem Zwischenstopp in Cambridge.«
»Wo ist denn der coole Hubschrauber?«, fragte Kim. »Und wieso Augsburg?«
Die Pilotin wies auf ein Flugzeug hinter sich, das vor einem Hangar stand. »Wir nehmen heute unsere Cessna Conquest. Sechs Sitze und eine Reichweite von knapp zweitausendfünfhundert Kilometern. Sie ist schon ein altes Mädchen, aber sehr zuverlässig. In München darf man als Privatflieger nicht landen. Oberschleißheim hat keinen internationalen Flugverkehr. Also Augsburg. Steigen Sie ein.«
Sie verteilten sich auf die Plätze, Nora konferierte mit dem Tower, und keine Viertelstunde später waren sie in der Luft. »Falls jemand Hunger hat: Hinter dem Vorhang am Heck befin det sich ein Schrank, darin findet ihr kleine Snacks und etwas zu trinken«, rief sie ihren Passagieren zu, als sie die Reiseflughöhe erreicht hatten. »Ankunft in Cambridge voraussichtlich 14:30 Uhr. Dort gehen Sie alle durch die Passkontrolle. Ich habe uns für den Weiterflug nach Deutschland schon angemeldet.«
Während Kim und Lagardère die Köpfe zusammensteckten – der Franzose hatte die beiden Bücher erneut durchforstet und versucht, damit einen Sinn in der Zahlenkombination auf dem Grab zu erkennen –, löste Jenna ihren Gurt und ging nach hinten. Sie schob den grauen, schweren Vorhang zur Seite und stützte sich mit beiden Händen auf den kleinen Schrank. Der Stoff schwang hinter ihr zurück. Was Linus gesagt hat, ergibt Sinn, dachte sie. Lieber Gott, das wird mir keiner glauben. Was erzähle ich Rainer? Und unsere Mädelsabende werden ohne Anne nie wieder dieselben sein. Und kann Kim wieder in die Schule? Sie spürte, wie hinter ihr der Vorhang geöffnet wurde und jemand hinter sie trat.
Langsam drehte sie sich um und war nicht überrascht. Ohne ein Wort nahm George ihr Gesicht in seine Hände, dann fühlte sie seine Lippen auf ihren. Jenna schlang die Arme um seinen Nacken, schloss die Augen und hörte für eine Weile auf zu den ken. Es begann ganz sanft, doch als George merkte, dass Jenna den Kuss erwiderte, zog er sie heftig an sich.
»Kleiner Glücksbringer«, flüsterte George, als sich Jenna von ihm löste, und legte ihr kurz die Hand an die Wange. Anschließend trat er in die Kabine zurück, der Vorhang schwang noch kurz nach, dann war sie wieder allein.
Jenna versuchte ihren Herzschlag wieder unter Kontrolle zu bringen und war nur froh, dass die Motorengeräusche das verräterische Keuchen übertönt hatten. Sie nahm sich eine kleine Plastikflasche mit Wasser aus dem Kühlschrank und hielt sie sich abwechselnd links und rechts gegen die heißen Wangen. Mit zitternden Knien ging sie ein paar Minuten später wieder zurück an ihren Platz, lächelte Kim zu, ignorierte George, der sich auf die Lehne neben Antoine gesetzt hatte und ihm über die Schulter sah, und lehnte den Kopf gegen das Polster. Schließlich gab es eine Menge, worüber sie nachdenken musste. Wenn das mit George weiterging, was würde Alex sagen? Sie wusste, ihr Mann hatte sie nie ganz aufgegeben. Er glaubte tief in seinem Inneren daran, dass ihre Liebe letztendlich stark genug sei, dass Jenna wieder zu ihm zurückfinden würde. Er hatte das nie laut gesagt, es war auch nicht nötig gewesen. Jenna wusste es auch so.
Matthew Johnson lag im Badezimmer einer luxuriösen Suite im Charles Hotel auf dem Boden und erbrach sich über der Kloschüssel. Immer und immer wieder. Es wurde erst besser, als er nur noch Galle hochwürgte. Er ließ sich zurück auf den Boden sinken, bis er mit der Stirn auf den kalten Fliesen lag. Der Preis ist zu hoch, dachte er verzweifelt, bitte, lieber Gott, lass mich einfach sterben. Trockenes Schluchzen schüttelte ihn, als er an die vergangenen Stunden dachte.
Jonathan von Keysern hatte dafür gesorgt, dass er das Krankenhaus auf eigenen Füßen verlassen konnte. Er – oder die Männer in England, Matthew war sich nicht so sicher – hatte die Rechnung übernommen.
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