Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
Fassade und die dunkelrot gestrichene Eingangstür mit der 44 darüber. »Tatsächlich. Danke fürs Heimbringen, Matthew. Und danke für … du weißt schon.«
»Gern geschehen.« Nach einer Pause fragte er: »Also, nachher bei mir? Gegen neun?«
Kim, die Hand bereits am Türgriff, sah ihn forschend von der Seite an. »Du machst dich wirklich nicht über mich lustig?«
»Bestimmt nicht«, gab Matthew zurück und strich ihr noch einmal kurz über die Wange. Seine Finger waren warm auf ihrer Haut, und Kim spürte, wie ein Teil seiner Gelassenheit auf sie überging.
»Okay«, gab sie nach. »Um neun bei dir.« Kim stieg aus dem Wagen, warf die Tür mit Schwung zu, schloss die Haustüre auf und trat ins Treppenhaus.
Matthew ließ tatsächlich Hoffnung in ihr aufkeimen.
Sie wusste nicht, was sie von diesem Abend erwarten durfte. Küssen konnte er sie, sooft er wollte, hatte sie beschlossen. Oder mehr? Kim schüttelte gedankenvoll den Kopf. In ihr drehte sich alles. Aber ehrlich, schlimmer, als es jetzt war, konnte es ohnehin nicht werden.
Matthew Johnson blieb, wo er war und zog sein Handy hervor. Er wählte eine ausländische Nummer und trommelte mit der freien Hand ungeduldig auf das Lenkrad, bis die Verbindung zustande kam.
»Sie ist so weit«, sagte er ohne Vorrede. »Wir machen es heute Nacht.« Er hörte einen Moment seinem Gesprächspart ner zu, dann antwortete er: »Nein, keine Sorge. Sie vertraut mir. Sie wird es tun.« Ein Hauch Verachtung lag in seiner Stimme.
Damit legte er auf, ließ den Motor an und fuhr rasch davon.
Jenna hatte den Tag wie angekündigt mit Schokolade und einer Staffel Grey’s Anatomy verbracht. Ohne besonderen Erfolg versuchte sie mithilfe der so wunderbar lapidaren Probleme der hinreißend aussehenden Ärzte, die Ereignisse der letzten Tage zu verdrängen. Irgendwann mitten in der siebten Folge klingelte das Telefon, und Jenna drückte widerstrebend auf die Pausentaste des DVD -Players, bevor sie abhob. Die Realität ihres Wohnzimmers hatte sie wieder.
»Was macht die Kunst?«, klang eine sonore Männerstimme durchs Telefon.
»Rainer, bin ich froh, deine Stimme zu hören! Wie geht’s dir?« Jenna jubelte förmlich und biss gleichzeitig ein großes Stück Schokolade ab.
»Mir geht’s gut«, grummelte es zurück. »Aber der Service lässt zu wünschen übrig. Ich werde meine Versicherung verklagen. Wozu zahlt man eine Privatversicherung, wenn man nicht das essen darf, was man will?«
Jenna lachte und versuchte gleichzeitig zu schlucken. »Könnte dran liegen, dass du krank bist. Ruf die Versicherung an. Aber bitte erst, wenn du wieder senkrecht bist.«
Sie berichtete von ihrem Gespräch mit Klaus und versicherte, dass sie und Klaus die Agentur am Laufen halten würden, bis Rainer wieder zur Verfügung stand. »Was für mich gilt, gilt für dich erst recht. Kurier dich aus, ja? Mach keinen Unsinn.«
Rainer wusste, wenn seine Mitarbeiterin Ablenkungsmanöver durchführte. »Warte, Jenna, bevor du auflegst. Wie geht’s dir wirklich? Und Kim? Klaus hat mir erzählt, was bei euch passiert ist – also versuch es erst gar nicht mit ›Ich weiß nicht, wovon du redest‹.« Seine Stimme war ernst geworden.
Jenna seufzte. »Dir kann man nichts vormachen, hm? Offen gesagt, es war schrecklich. Und Kim sieht aus wie der Leibhaftige. Ich habe sie noch nie so fertig gesehen. Sie war da und gleichzeitig meilenweit weg. Alex und ich haben lange miteinander gesprochen. Wir warten jetzt noch ein paar Tage, dann muss sie entweder mit einem von uns oder mit einem Therapeuten reden. Und dabei geht es nicht nur um den Selbstmord ihrer Freundin. Es geht um die letzten Monate.«
Jenna schwieg einen Moment und starrte auf ihren Fernseher. Das Standbild zeigte eine herbstliche Bilderbuchansicht von Boston. Wunderschön … und weit weg. Sie riss sich los und fuhr fort: »Sie hat vor irgendetwas Angst. Und es macht mich wahnsinnig, nicht zu wissen, wovor. Alex hat es auch schon versucht. Ihm hat sie ebenfalls nichts gesagt.«
»Wo ist sie denn jetzt?«, fragte Rainer.
»In der Schule. Heute war eine Gedenkfeier für Carolin.«
»Jenna!« Rainer klang unvermittelt scharf. »Ich habe keine Kinder, ich bin bestimmt kein Erziehungsexperte. Aber ich verstehe was von Beziehungen. Und eines sage ich dir: Ihr seid auf dem besten Wege, Kim zu verlieren. Lasst ihr nicht zu viel Zeit.«
»Wie kommst du denn darauf? Wir versuchen es ja«, gab Jenna verunsichert zurück.
»Versuchen reicht nicht«,
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