Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
zwei Männer, ein junger in Jeans und Parka, er sah aus wie ein Student, und ein zweiter, der etwa in Alex’ Alter sein mochte. »Kripo München«, sagte er und lächelte höflich. »Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?«
Alex hob bedauernd die Schultern. »Ich muss dringend zur Arbeit.«
»Es dauert nicht lange«, sagte der Ältere und blockierte mit einem Fuß unauffällig die Tür. »Eigentlich haben wir nur eine einzige Frage. Wo sind Ihre Frau und Ihre Tochter?«
Alex blickte ihn verblüfft an. »Wieso? Ist etwas passiert?«
»Wir müssten mit beiden sprechen«, lautete die ruhige Antwort. Etwas im Lächeln des älteren Polizisten ließ die Haut in Alex’ Nacken kribbeln. Er wirkte geschäftsmäßig und verbindlich, aber dennoch beschlich Alex ein ungutes Gefühl. Sein junger Kollege im Hintergrund ließ Alex nicht aus den Augen.
»Das war keine Antwort auf meine Frage. Kim und meine Frau machen eine Woche Urlaub. In London«, fügte er hinzu. »Worum geht es eigentlich? Und könnte ich bitte Ihre Ausweise sehen?«
Sein Herz klopfte laut, und ihm schoss durch den Kopf: Ich lege mich gerade mit einem Polizisten an. Er dachte daran, was Jenna ihm erzählt hatte – und daran, dass sie etwas ausgelassen hatte. Jenna und er hatten einige Täler in ihrem Eheleben durch schritten, aber sie waren immer ehrlich zueinander gewesen. Die Zwischentöne bei ihrem letzten Telefonat ließen die Alarm glocken in ihm schrillen. Und aus irgendeinem Grund war Alex sich plötzlich sicher: Wenn der Mann ihm gegenüber ein echter Polizist war, dann war er Kreuzfahrtkapitän.
»Weiß Kommissar Sandberg, dass Sie hier sind?«, fragte er und war froh, dass ihm der Name des Ermittlungsbeamten in diesem Moment wieder einfiel.
»Sandberg?«, fragte sein Gegenüber jetzt, und ein süffisantes Lächeln spielte um seine Mundwinkel. »Ja, Sandberg … Der ist gerade mit etwas anderem beschäftigt. Selbstmord, nicht wahr? Sehr unschön.« Mit einer nachlässigen Handbewe gung schob er sich eine blonde Strähne aus der Stirn und fixierte den Arzt, wich keinen Millimeter von der Tür zurück. Er machte keine Anstalten, einen Ausweis zu präsentieren.
Alex hob den Blick und starrte in zwei blaue, eiskalte Augen.
Er versuchte, sich seine Angst nicht anmerken zu lassen, schob den Mann rüde zur Seite, trat auf den Gang hinaus und zog zugleich die Wohnungstür energisch hinter sich zu. Alex wusste, dass keiner seiner Nachbarn zu Hause war und er von daher keine Hilfe zu erwarten hatte.
Mit einem »Ich kann Ihnen leider nicht weiterhelfen, schönen Tag noch!« drängte er sich auch an dem zweiten vermeintlichen Beamten vorbei und rannte mehr, als er lief, die Treppe hinunter. Sekunden später fiel lautstark die Haustür ins Schloss.
Der Jäger drehte sich um und blickte seinen Gehilfen an. »Ich glaube, du hast ein ernstes Problem, kleiner Matthias«, sagte er gefährlich leise. »Wo sind sie?«
Matthew hob beruhigend beide Hände. »Ich finde sie, ganz bestimmt, sie können nicht weit sein, glauben Sie mir …«
»Ich gebe dir zwei Stunden. Danach übernehme ich«, stellte ihm von Keysern ein einfaches Ultimatum. »Und dann wirst du dir wünschen, nie gelebt zu haben. Denn dann …« Er machte eine Pause und trat ganz nahe an Matthew heran. »Dann wirst du meinen Platz bei den Schatten einnehmen.« Die Kälte und der Geruch nach Rauch waren plötzlich wieder da, schwebten im Treppenhaus. Abrupt drehte sich der Jäger um und stieg die Treppen hinunter. Zurück blieb der Gestank nach verbranntem Fleisch.
Matthew lehnte mit zitternden Knien an der Wand und musste sich fast übergeben.
O Gott, dachte er, während er krampfhaft würgte, jetzt bin ich so gut wie tot.
Das schaffe ich niemals.
Der Porter’s Club war in London eine Legende, eine der letzten Inseln britischer Ehrwürdigkeit und Tradition. Angesiedelt neben einer Reihe weiterer Gentlemen-Clubs, die inzwischen bereits Mobiltelefone und Laptops in ihren heiligen Hallen duldeten, lag der Porter’s zwischen Piccadilly Circus und dem Regierungsviertel. Clubs und London, das gehörte seit Jahrhunderten zusammen. Die Geschichte Englands wurde hier geschrieben, jeder Londoner, der etwas auf sich hielt und der es sich leisten konnte, verbrachte mindestens die Hälfte seines Lebens in einem Club – zumindest bis zum Beginn des letzten Jahrhunderts. Man tätigte beim Abendessen Regierungsgeschäfte, entließ oder engagierte Mitarbeiter in der Rauchpause in der Bibliothek,
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