Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)
Nicholas widerstrebend nach, »aber nicht hier. Wo steht dein Wagen?«
»Auf dem Parkplatz des Porter’s. Tommy, mein Fahrer, wartet dort auf mich.«
»Gut«, nickte Nicholas. »Dann fahren wir ins Charing Cross Hospital zu Anne, und unterwegs erzähle ich dir eine Geschichte. Eine Geschichte, die verrückter ist als alles, was wir beide zusammen je erlebt haben. Vielleicht kannst du mir dann erklären, wie ich mich in Gottes Namen da heraushalten soll.«
George drehte sich wortlos um und bedeutete Nicholas, ihm zu folgen.
Auf welcher Seite stehe ich, fragte sich Nicholas, während er hinter seinem alten Freund herging.
Das war die Frage, die wahrscheinlich über Leben und Tod entschied. Sein Leben und seinen Tod.
Wenn man sie nur richtig beantwortete …
Als Alex Winters die ersten zwei anberaumten Operationen hinter sich hatte, war er erschöpft. Er warf seine blutverschmierte blaue OP -Kleidung in den Müll und ging unter die Dusche. Das ungute Gefühl über den Besuch der Polizisten, das er während seiner Arbeit erfolgreich verdrängt hatte, traf ihn wieder mit voller Wucht. Ein bisschen frische Luft würde ihm guttun, und so nahm er die Tram in die Innenstadt, stieg an der Oper aus und wanderte in Richtung Rathaus. Ohne wirklich etwas zu sehen, spazierte er an den Schaufenstern der Kaufingerstraße entlang. Rechts von ihm ragten die Türme der Frauenkirche in die Höhe, wie immer strömten Touristen in die Kirche, auf dem Domplatz wurden Fotos geschossen. Um der Menschenmenge zu entgehen, lief er langsam um den Dom herum und prallte mit einem Mann zusammen, der ebenfalls in Gedanken versunken die Straße hinunterging und eine Tüte mit gerösteten Maroni fallen ließ. »Das war mein Mittagessen!« schimpfte dieser.
»Kommissar Sandberg«, sagte Alex erstaunt nach einem Blick ins Gesicht seines Gegenübers.
»Dr. Winters, nicht wahr? Wie geht es Ihrer Tochter?« Sandberg schüttelte ihm die Hand, bückte sich seufzend nach den Maroni, begann eine zu schälen und kaute vorsichtig.
»Komisch, dass Sie fragen. Haben Sie deswegen heute zwei Kollegen zu mir geschickt?«
Sandberg sah ihn verwirrt an. »Nein, warum sollte ich?«
In diesem Moment klingelte Sandbergs Handy. Er bedeutete Alex mit einer Geste zu warten, drückte ihm kurzerhand die Maronitüte in die Hand und nahm das Gespräch an.
»Tristan? Hannes Seltmann hier. Ich fahre momentan Streife auf der A 92, Ausfahrt Hallbergmoos, kurz vor dem Münchner Flughafen. Wir haben hier einen schwer verletzten jungen Mann von der Böschung aufgeklaubt. Er sagt, er sei aus einem fahrenden Auto gestoßen worden. Die Flugrettung ist alarmiert, wir lassen ihn nach Großhadern fliegen.«
»Ja, und?«, warf Sandberg unwirsch ein. »Vielleicht war das mit dem Autostopp doch keine so gute Idee in seinem Fall.«
»Witzbold«, brummte Seltmann. »Der Junge hat den Namen Winters gemurmelt, bevor er ohnmächtig geworden ist. Ist das nicht der Name von der Schülerin, du weißt schon, mit dem Selbstmord auf dem Balkon? Du solltest also vielleicht besser nach Großhadern kommen, solange er sich noch an den Lebensfaden klammert. Ich weiß nicht, ob er lange durchhält, es hat ihn nämlich ziemlich schwer erwischt.« Damit klickte es in der Leitung.
Sandberg starrte sein Handy einige Sekunden mit offenem Mund an. »Es scheint kein Zufall zu sein, dass wir uns heute über den Weg laufen, Herr Winters«, sagte er dann. »Kennt Ihre Tochter vielleicht einen gewissen Matthew? Müsste im gleichen Alter sein.«
Alex zuckte zusammen. »In der Tat«, antwortete er langsam. »Matthew Johnson. Austauschschüler. Er geht in Kims Klasse. Wieso, was ist mit ihm?«
»Er liegt in Großhadern und ringt um sein Leben«, erklärte Sandberg. »Ich fahre jetzt zu ihm in die Klinik, aber vielleicht könnten wir im Laufe des Nachmittags noch einmal reden? Möglicherweise hat es auch gar nichts zu bedeuten, aber er hat Ihren Namen gesagt …«
Alex blickte ihn verwirrt an. »Gegen fünf?«, schlug er dann vor.
Der Kommissar nickte, nahm ihm die Maroni wieder aus der Hand und verschwand mit langen Schritten in Richtung Präsidium.
Die Tür zum Zimmer 534 im Charing Cross Hospital öffnete sich mit leisem Zischen.
Kim, die in einem der Besucherstühle lümmelte, die Stöpsel ihres MP3-Players in den Ohren, und in einer Zeitschrift blätterte, hörte sie nicht. Jenna saß neben Anne auf dem Bett, hatte sich zu ihr hinuntergebeugt und strich ihr leicht übers Haar. Die Monitore am
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