Das Wispern der Schatten - Roman
wohl das Mindeste, was ich tun kann. Oder hattest du das Glück, darum herumzukommen, zu den Erlösern gezogen zu werden?«
Jillan nickte langsam. Warum vertraute er diesem anscheinend so umgänglichen Mann immer noch nicht? Seine Eltern hatten ihm schließlich geraten, Thomas Eisenschuh zu suchen, und Aspin schien sich auch gut mit ihm zu verstehen. » Ich bin mir nicht sicher, ob wir Zeit haben, in dein Dorf zu reisen. Ich suche Freistatt, und danach muss ich nach Hyvans Kreuz, das weit von hier entfernt liegt.«
Thomas erstarrte. » Was weißt du über Freistatt? Wo hast du den Namen gehört?«
» Von meiner Mutter Maria.«
» Und wie lautet der Name deines Vaters?«
» Jed. Jedadiah.«
Thomas’ Augen weiteten sich. » Maria und Jedadiah aus Neu-Heiligtum? Sind sie also in Gottesgabe gelandet? Ich habe mich immer gefragt, was aus ihnen geworden ist. Du weißt nicht, was es mir bedeutet zu hören, dass es ihnen gut geht. Es war klug von ihnen, sich davonzumachen– das waren dunkle Zeiten damals! Und du bist ihr Junge, ja? Kein Wunder. Dann ergibt alles ein wenig mehr Sinn. Freut mich, dich kennenzulernen, Jillan aus Gottesgabe! Es ist mir eine Ehre. Aber du stammst deinem Akzent nach zu urteilen nicht aus Gottesgabe, Aspin?«
Aspin schüttelte den Kopf. » Aber aus der Nähe.«
» Nun, Aspin-aus-der-Nähe, es ist mir ebenfalls eine Ehre. Gepriesen seien die Götter, dass sie uns zusammengeführt haben!«
Jillan rutschte bei dieser offenen Anrufung der heidnischen Götter unbehaglich hin und her, während Aspin zustimmend nickte. Thomas entging diese unterschiedliche Reaktion der beiden nicht, und er lächelte bei sich.
» Was ist Freistatt?«, fragte Jillan, um ihn abzulenken.
Thomas maß ihn mit einem prüfenden Blick. Nach einem Augenblick sagte er: » Freistatt ist hier.« Er legte sich eine Hand aufs Herz. » Und hier.« Er berührte seinen Kopf. » Und hier.« Er wies auf seinen Magen. » Es ist das Zuhause des Geas, unserer Lebensenergie. Es ist die Energie, die wir alle miteinander teilen, die allem Leben innewohnt. Es ist das, was uns munter und lebendig hält. Du musst es nicht suchen, denn es ist hier, überall um uns herum, Jillan.«
Er sagt dir nicht alles. Der Erlöser war sicher, dass es sich um einen Ort handelt, den man finden kann. Du tust gut daran, ihm nicht zu vertrauen.
Aspin warf den Ast, den er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, aufs Feuer und trat zwischen die beiden. » Wie Jillan schon sagte, wir müssen weiter. Wir können nicht die Zeit erübrigen, dein Dorf zu besuchen, Thomas, es sei denn, wir werden dort mit Pferden ausgestattet.«
» Natürlich, Aspin-aus-der-Nähe! So, wie ich es sehe, verdanke ich euch beiden mein Leben, also sind Pferde das Mindeste, was ich euch geben kann. Meine Frau würde gar nichts anderes dulden und wird auch darauf bestehen, euch das beste Mahl zu kochen, das ihr je gegessen habt, wie ich wetten möchte. Ja, sie wird darauf bestehen, und ich kann nicht glauben, dass ihr beiden ablehnen werdet, so verhungert, wie ihr ausseht.«
Aspin nickte und wandte sich an Jillan. » Was meinst du? Die Pferde würden uns wertvolle Zeit erkaufen«, flüsterte er.
» Es ist gut, dass du daran gedacht hast«, erwiderte Jillan dankbar und freute sich unaussprechlich darüber, dass Aspin sich nicht auf Thomas’ Seite gestellt, sondern anscheinend beschlossen hatte, mit ihm nach Hyvans Kreuz zu reisen. Es war, als ob er wieder einen Freund hätte, und obwohl niemand je Hellas Stelle einnehmen konnte, hieß es doch, dass er nicht mehr allein war, und sorgte dafür, dass er sich tapferer und stärker fühlte. » Warum hast du ihm nicht gesagt, dass du aus den Bergen stammst? Ich dachte…«
» Ich weiß, ich weiß, aber ich spüre, dass du Zweifel hast, was ihn betrifft. Er hält Wort, da bin ich mir sicher, aber dann und wann spüre ich etwas Seltsames in ihm aufblitzen. Es ist jedoch so rasch vorüber, dass ich es nicht richtig wahrnehmen kann, als ob er es absichtlich unterdrückt, bevor ich die Möglichkeit habe, es zu lesen. Ich richte mich gern nach dir, Jillan, wie schon als du mich unbeschadet aus der Zelle und aus der Stadt gebracht hast. Das von vorhin tut mir leid… Du weißt schon, als ich gesagt habe, du wärst zu jung und so weiter. Das war nicht richtig. Und du hattest recht damit, Thomas nicht einfach am Straßenrand zum Sterben zurückzulassen.«
Jillan konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. » Und es tut mir leid, dass ich dich
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