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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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dass ausgerechnet einige Menschen aus dem Volk seiner Region sich eine solche Blasphemie gegen die gesegneten Erlöser hatten zuschulden kommen lassen, und hatte die Beteiligten auf dem Stadtplatz gefoltert. Als sie die Namen der anderen nicht hatten verraten wollen, hatte ihr Widerstand ihn in unbedachte Raserei versetzt. Er hatte sie mit dem Schwert hinrichten lassen und dann begonnen, das Volk von Neu-Heiligtum ohne Ansehen der Person niederzumetzeln. Erst als die Erlöserin, der er ergeben war, zu ihm gesprochen hatte, war er wieder zu sich gekommen. Die wenigen Stadtbewohner, die überlebt hatten oder auf der Flucht vor dem Massaker ergriffen worden waren, waren auf die anderen Städte des Südens verteilt worden, und Neu-Heiligtum war dem Erdboden gleichgemacht worden, als hätte es nie existiert. Seitdem hatte Azual nie mehr so recht über den Ort nachdenken wollen, obwohl er in seinen Erinnerungen herumspukte.
    Nein, es konnte kein Zufall sein. Vielmehr war es bisher das Einzige, was er erfahren hatte, das eine gewisse Erklärung für das bot, was in Gottesgabe vorgefallen war. Sein Instinkt sagte ihm, dass Maria und Jedadiah Geheimnisse hatten, die endlich dafür sorgen würden, dass die Heiden aus ihren letzten verbliebenen Verstecken hervorgescheucht wurden. Gemeinsam mit ihrem Sohn hatten sie Geheimnisse, die Azual endlich dazu verhelfen würden, die Macht zu erlangen, die er benötigte, um so gottgleich wie ein Erlöser zu werden. Endlich! Und er war so nahe daran.
    Er überflog rasch noch einmal das Muster der Gedanken in Gottesgabe und fand die beiden in einem kleinen Häuschen am anderen Ende der Stadt. Wie er erwartet hatte, war ihren Gedanken auf diese Entfernung wenig über die Nacht des Mordes oder Jillans Aufenthaltsort zu entnehmen. Sie hatten etwas zu verbergen.
    » Heiliger, die Ältesten und der Prediger warten im Sitzungshaus. Hier entlang.«
    » Sie können warten, Hauptmann, und werden auch warten, wenn sie wissen, was gut für sie ist. Du wirst mich mit deinen Männern an den Südrand der Stadt begleiten.«
    In diesem Viertel war Gottesgabe weit weniger ansehnlich. Die meisten Häuser– für die » Hütten« ohnehin eine angemessenere Bezeichnung gewesen wäre– waren aus den verschiedensten Materialien erbaut, die zweifellos größtenteils erbettelt, geliehen oder gestohlen waren. Es war kaum eine aufrechte Wand in Sicht, und keine zwei Gebäude schienen auch nur eine annähernd ähnliche Form oder Größe zu haben. Infolgedessen war die Gegend für alle, die hier nicht aufgewachsen waren, ein wahres Labyrinth.
    Azual hatte noch nie viel von diesem Viertel gehalten. Wenn eine Stadt nicht dagegen einschritt, dass sich solche verarmten Gebiete entwickelten, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass Verbrechen allgemein um sich griffen, weil die Verzweifeltsten von denen stahlen, die sichtlich reicher als sie waren, Banden bildeten, um Schutzgelder zu erpressen oder einen Schwarzmarkt aufzubauen, der früher oder später Auswirkungen auf alle hatte. Solche Viertel zerstörten den Zusammenhalt einer Gemeinde, und das erschwerte es dem Volk, in seiner Unterwerfung unter den Willen der Erlöser vereint zu handeln. Und Azuals Ansicht nach lohnte es sich ohnehin nur, das Volk am Leben zu erhalten, wenn es den Bedürfnissen der Erlöser diente und ihrem Willen vollkommen gehorchte. Zugleich waren solche Viertel oft höchst schmutzig und Brutstätten für jede Art von Krankheit bis hin zur Pest. War es denn ein Wunder, dass ein solch schmutziger, verderbter Ort auch Jillan hervorgebracht hatte?
    Hätte Azual über seine gesamte Energie verfügt, hätte er sich einfach in gerader Linie durch jede Wand zwischen seinem Standort und dem Haus von Jillans Eltern geschlagen. So aber war er gezwungen, ein weitaus alltäglicheres Mittel zu wählen, um sich einen Weg durch das Labyrinth zu suchen, da er keine Lust hatte, sich noch weiter anzustrengen, indem er hunderte beliebiger Gedanken las, um einen Weg auszuarbeiten. » Hauptmann Hamir, führe uns bitte zum Haus des Jägers Jedadiah.«
    Sie gelangten zu einem kleinen Häuschen in der Nähe der südlichen Stadtmauer. Hauptmann Hamir wollte an die Tür klopfen, doch der Heilige stieß ihn beiseite und brach sie auf. Der hoch aufragende Vertreter der Erlöser bückte sich und trat ein.
    » Was soll denn das…?«, rief Jed und sprang vom Frühstück auf.
    » Wo ist Jillan?«, fragte der Heilige übergangslos.
    Ein Bild blitzte auf: der Junge, wie er ein

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