Das Wispern der Schatten - Roman
selbstbewusstes Lächeln, kein Blinzeln und ein stahlharter, erbarmungsloser Blick. Azual musste einräumen, dass dieser Mann ihm unglaublicherweise überlegen zu sein schien, weil die Verletzungen, die der Heilige zu Beginn des Kampfes davongetragen hatte, seine überlegene Kraft und Größe unwichtig gemacht hatten. Samnir war ein Veteran der Feldzüge gegen die hünenhaften Barbaren im Osten, und hatte er nicht auch als einer der Elitegardisten des Großen Erlösers selbst gedient? Ja. Der Mann war mehr als vertraut mit den Kampftechniken und Beschränkungen der Heiligen und sogar der gesegneten Erlöser selbst. Der Held war zwar vielleicht nicht mehr jung, aber seine Erfahrung glich das mehr als aus.
Azual senkte leicht sein Schwert. » Anscheinend habe ich dich unterschätzt, Held. Du hast mich eine wertvolle Lektion gelehrt.« Der Heilige wagte es, den Blick von Samnir abzuwenden, beobachtete ihn aber weiter aus dem Augenwinkel. Er nahm das Schwert in die Hand seines verletzten Arms, sodass er die freie Hand über die blutende Wunde legen konnte.
Samnir verfolgte sein Vorgehen mit scharfsichtigen Augen. » Warum hältst du inne, Heiliger? Du willst mir doch sicher nicht erzählen, dass du deinen Fehler eingesehen hast.«
» Nein, wahrlich nicht.« Azual lächelte und sammelte Blut in der hohlen Hand über seiner Wunde. Er beschwor Energie aus seinem Innersten herauf, und sie stieg langsam in ihm empor. Sie antwortete nur zögerlich auf den Ruf, denn sein Kern würde durch diesen Zugriff gefährlich geschwächt werden. Wenn er zu viel herauszog, würde es ihn höchstwahrscheinlich umbringen. Selbst wenn er nur eine geringere Menge abzapfte, lief er Gefahr, sich selbst zu verlieren und aus dem Bedürfnis heraus, mit allen Mitteln an Lebensenergie zu gelangen, wahnsinnig zu werden. Dann würde er ein Ungeheuer sein und für alle in seiner Umgebung eine Bedrohung darstellen. Aber er musste das Opfer bringen, denn er wusste, dass er es sich nicht leisten konnte, vor den Männern schwach zu erscheinen. Die Geschichte würde sich nur allzu schnell herumsprechen; einige der Dinge, die Samnir gesagt hatte, würden wiederholt werden, und dann würden alle Menschen aus dem Volke beginnen, die Heiligen und vielleicht gar die Erlöser selbst in einem anderen Licht zu sehen. Der Widerstand würde überhandnehmen. Er musste hier und jetzt gebrochen werden, bevor er begann, sich wie eine Seuche auszubreiten. Ja, der Widerstand und die Seuche in Gottesgabe waren dasselbe. Vielleicht hätte er den Ort dem Erdboden gleichmachen sollen, bevor es zu spät war. Nein, Jillan war bereits aus Gottesgabe geflohen, und er war der Ursprung und Mittelpunkt beider Probleme. Azual konnte es sich nicht leisten, die Gemeinden in der Gegend allzu bedenkenlos zu zerstören, da sie letzten Endes der Quell seiner eigenen Kraft waren. » Nein, aber ich bin neugierig, warum du dem Jungen geholfen hast. Warum hast du deinen Eid und deinen Glauben hintangestellt und dein Leben für einen jungen Mörder weggeworfen?«
Samnir zögerte, wie Azual es vorausgesehen hatte, denn er hatte die Frage gestellt, die im Herzen der Angelegenheit steckte: Er hatte Samnirs geheiligtes Herz gefunden und es direkt angesprochen. Kein Mensch konnte sein geheiligtes Herz verleugnen. » Ich… ich…«, stammelte der Held, den er auf dem falschen Fuß erwischt hatte. » Der Junge war unschuldig.«
» Er hat einen Mord begangen… an Karl. Wusstest du das nicht?«
» Es war ein Unfall. Jillan ist immer von Praxis schikaniert worden. Die anderen Schüler haben sich deshalb sicher gegen Jillan gewandt.«
» Solche mildernden Umstände hätten Berücksichtigung gefunden, sobald ich hergekommen wäre, um Gericht zu halten, wenn du nur deine Pflicht getan und den Jungen kraft meiner Autorität festgehalten hättest. Aber nein, du hast dich ketzerisch dazu aufgeschwungen, mich in dieser Region als Richter von Erlösergnaden zu verdrängen. Dadurch hast du dich strafbar gemacht und den Jungen in größere Gefahr gebracht. Ja, Samnir, glaubst du wirklich, dass ein so junger Knabe allein in der Wildnis überleben wird? Ist es nicht wahrscheinlicher, dass er von den Heiden oder irgendeinem anderen Geschöpf des Chaos geholt wird? Selbst wenn er überlebt, hast du ihn zu einem Flüchtling gemacht, der sich weigert, sich dem Gesetz der Erlöser zu beugen. Siehst du nicht, was du angerichtet hast, und dass die allwissenden, allmächtigen Erlöser immer einen Weg finden, Leute wie
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