Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
Vom Netzwerk:
Fingerknöchel gebrochen und die Hände blutig gerissen hatte. Er war mit Schultern und Kopf dagegen angerannt und hatte sich große Platzwunden an der Stirn zugezogen, sodass sich alles um ihn gedreht hatte. Wie ein Tier, das in der Falle sitzt, sich eine Pfote abbeißt, um sich zu befreien, bevor der Jäger kommen kann, um ihm den Hals umzudrehen, hatte Jed sich sämtliche Körperteile bei dem Versuch zerschlagen, den Holzschuppen zu zerstören. Die Leute von Neu-Heiligtum hatten gelacht und Maria zugerufen: » Dein Mann ist so hitzig und versessen auf dich, dass nach dieser Nacht kein Haus mehr stehen wird!«
    » Er rast so vor Leidenschaft, dass das Ehebett zusammenbrechen wird!«
    » Soll der Arzt morgen früh kommen, um nach dir zu sehen, Maria?«
    » Vielleicht solltest du deinem Stier den Goldring lieber in die Nase setzen lassen, damit du ihn leichter führen kannst.«
    Er erinnerte sich sonst nicht an viel aus jener Nacht, nur an Marias kühle Hände und ihr Flüstern, als sie ihm die Verletzungen geschient und verbunden hatte.
    Jetzt war er nicht nur in einem engen Raum, sondern auch noch in Ketten gelegt. Vor den Fenstern befanden sich schwere, verschlossene Läden. Seine Brust fühlte sich beengt an, und er rang nach Luft. Das Einzige, was ihn auf seinem Stuhl hielt, war Marias Rat, ruhig zu bleiben und auf ihr Zeichen zu warten, bevor er zu fliehen versuchte. Natürlich hatte sie recht– wenn er bei ihrer Verhaftung versucht hätte, gegen all die Helden zu kämpfen, wäre er jetzt tot gewesen, doch immerhin hätte eine ganze Reihe Leichen neben seiner gelegen. Und wenn er tot wäre, würde er seine geliebte Maria und den lieben Jillan nie wiedersehen und wäre auch nicht mehr in der Lage, ihnen zu helfen oder sie so zu beschützen, wie er es hätte tun sollen.
    Maria war in ihrer Ehe immer die Klügere gewesen, hatte immer gewusst, wann man kämpfen musste und wann nicht, wann sein Temperament sie alle in große Schwierigkeiten zu bringen drohte und was sie sagen musste, um ihn vom Rande des Abgrunds zurückzulocken. Sie verstand das Reich viel besser als er: warum es Heilige, Helden und Prediger gab, warum alberne Regeln aufgestellt wurden und warum die Leute immer versuchten, einen einzuengen und in die Falle zu locken. Und sie wusste, wie sie dafür sorgen konnte, dass Jed und Jillan genug Freiraum bekamen, um sie davor zu bewahren, sich selbst zu schaden.
    Es war für Jed sehr schwer, ruhig zu bleiben– besonders, da es so wenig Luft im Zimmer gab–, aber er musste tun, was Maria ihm gesagt hatte. Ohne sie war er nichts. Sie war eine besondere Frau, das wusste er, eine, die die meisten Männer in Neu-Heiligtum begehrt hatten, aber sie hatte sich für ihn entschieden. Diese Frau, die über eine solche Auffassungsgabe und Einsicht verfügte, dass es fast wie Zauberei wirkte, hatte sich für ihn entschieden. Diese Frau, die Menschen und Jahreszeiten so gut zu deuten verstand, dass es schien, als hätte sie hellseherische Fähigkeiten, hatte beschlossen, ihr Leben mit ihm zu teilen. Er hatte mehr Glück als jeder andere Mann und hatte, wie er bisweilen dachte, erst an dem Tag so recht zu leben begonnen, als Maria ihm mitteilte, dass sie von nun an gemeinsam ihren Weg gehen würden. Er fragte sich manchmal, warum sie ihn gewählt hatte, aber wann auch immer er sie danach fragte, stellte sie ihm ihrerseits verwirrende Fragen wie die, warum jeden Morgen die Sonne aufging oder warum die Blätter im Herbst von den Bäumen fielen. Dann schüttelte sie den Kopf, glättete ihm mit der Handfläche die gerunzelte Stirn, stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen, und riet ihm, etwas Holz hacken zu gehen und über etwas Nützlicheres nachzudenken.
    Ihr Leben in Neu-Heiligtum war wunderschön gewesen… bis zu jenem entsetzlichen Besuch des Heiligen, an den Jed nicht gern zurückdachte. Mehrere Jahre lang war es ihnen dort gut gegangen: Jeder Pfeil, den Jed auf der Jagd abgeschossen hatte, hatte einen Hirsch oder andere große Beute getroffen, und Marias Lederarbeiten mit ihren ungewöhnlichen Mustern waren sehr gefragt gewesen, sogar außerhalb von Neu-Heiligtum. Frauen hatten sie aufgesucht, um ihre Muster und ihr Handwerk von ihr zu lernen, und jeder in Neu-Heiligtum hatte sie respektvoll behandelt.
    Zu dem Zeitpunkt war Maria schwanger geworden, und Jillan war geboren worden. Jeds Leben war vollkommen gewesen– er war niemals glücklicher gewesen. Doch im Gegensatz zu ihm war Maria

Weitere Kostenlose Bücher