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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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immer gedankenverlorener geworden. Andere hatten ihm versichert, das sei bei einer jungen Mutter nichts Ungewöhnliches, aber als er nach Hause gekommen war und Tränenspuren in ihrem Gesicht entdeckt hatte, hatte er von ihr zu wissen verlangt, was nicht in Ordnung war, und hatte sich nicht von ihr abwimmeln lassen.
    » Etwas Schreckliches wird geschehen.«
    Jed hatte gespürt, wie sich ihm die Nackenhaare aufgestellt hatten. Er war nicht so töricht gewesen, dass er die Befürchtungen seiner Frau leichthin beiseitegewischt hätte. » Was wird denn geschehen, Liebste?«, hatte er geflüstert.
    » Ich… ich bin mir nicht sicher. Aber ich glaube, es wird geschehen, wenn wir Neu-Heiligtum nicht verlassen.«
    Jed hatte sich dagegen gesträubt. Sie hatten in Neu-Heiligtum schließlich alles, was sie sich je gewünscht hatten: Freunde, gute Geschäfte und eine angesehene Stellung in der Gemeinde, gar nicht zu reden von ihrem schönen neugeborenen Sohn. Wenn sie so plötzlich umzogen, würden sie viele schwierige Fragen beantworten müssen, und die Ältesten und die Helden würden es ihnen vielleicht sogar verbieten. Er hatte sie angefleht, noch ein wenig länger zu bleiben, und hatte halb gehofft, dass ihre düsteren Vorahnungen sich wieder legen würden. Maria hatte sich widerwillig gefügt, aber begonnen, mehr und mehr ihres Eigentums in leicht zu tragenden Taschen zu verpacken.
    Dann war der Heilige gekommen…
    Jetzt schwang die Tür auf und erlaubte Jed, einige Augenblicke lang freier zu atmen, aber dann schloss sie sich wieder, und das Gesicht des Todes sah auf ihn herab. Das bösartige, blutunterlaufene Auge blickte in ihn hinein. Ein schimmernder Nimbus der Macht umgab Azual und verbrannte Jed die Haut, wo auch immer er ihm zu nahe kam.
    » Ist Jillan nach Erlöserparadies oder nach Heldenbach gezogen, Jedadiah?«, fragte der heilige Azual. » Antworte deinem Heiligen oder mache dich einer Sünde schuldig.«
    Jed hatte seinen Verstand verschleiert, sodass das Ungeheuer, das vor ihm stand, nicht einfach in der Lage sein würde, ihm das Wissen aus dem Kopf zu pflücken. Maria hatte ihm diesen Kniff schon in Neu-Heiligtum beigebracht, obwohl sie damals behauptet hatte, er würde nur dazu dienen, ihm zu helfen, sein Temperament, seinen Zorn und seine Angst vor engen Räumen zu zügeln. » Wenn man lernt, nicht an schlimme Dinge zu denken, verhindert das oft, dass sie geschehen«, hatte sie erläutert. Dann, als sie Neu-Heiligtum verlassen hatten, hatte sie ihn angewiesen, seine Gedanken zu verschleiern, wie sie es ihm beigebracht hatte, damit sie nichts Übles anlockten. » Es ist so, wie wenn man ein Abwehrzeichen gegen das Böse schlägt, Jedadiah. Vertrau mir.« Damals hatte es anscheinend gewirkt, aber jetzt war die volle und ungeteilte Aufmerksamkeit des Bösen auf ihn gerichtet, und er hatte Angst, dass der Kunstgriff versagen würde.
    Der Heilige runzelte die Stirn und schnalzte mit der Zunge. » Wenn es nötig ist, kann ich dich zwingen, es mir zu sagen, Jedadiah. Dein Verstand ist weder stark noch geübt. Du bist aber doch ein einfacher, ehrlicher Mann, nicht wahr? Es widerstrebt mir, einen solchen Mann derart streng zu behandeln. Sicher verstehst du, dass ich dies nur aus meiner Pflicht gegenüber den Erlösern und dem Volk heraus tue, nicht wahr? Jillan stellt eine Gefahr für alle in seiner Umgebung dar. Ich habe gar nicht vor, ihm etwas anzutun: Ich muss einfach den Makel aus ihm herausziehen, sodass er nicht länger eine Bedrohung für andere ist. Er wird sich natürlich für den Mord verantworten müssen– übrigens hat er schon wieder getötet–, aber ich weiß, dass es nicht allein seine Schuld war. Eines verspreche ich dir, Jedadiah, nach ein paar Jahren wird er in ein normales Leben zurückkehren können. Er kann Hella heiraten, wie du es dir immer erhofft hast, Kinder haben und sein Glück finden. Das wünschst du dir doch sicher für ihn, nicht wahr? Du wirst Enkelkinder bekommen. Du musst mir nur sagen, wohin er gegangen ist.«
    » Ihr möchtet mich also nicht streng behandeln, Heiliger? Genau wie Ihr auch das Volk von Neu-Heiligtum nicht streng behandeln wolltet? Ihr versprecht mir ein gewöhnliches Leben? Aber was waren Eure Versprechen für die unschuldigen Toten in Neu-Heiligtum wert? Ihr habt das Recht darauf verwirkt, überhaupt etwas von mir zu verlangen. Warum sollte ich darauf vertrauen, dass Ihr meinen Sohn gut behandeln werdet, da Euer Prediger in Gottesgabe doch versucht hat, ihn zu

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