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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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wirbelte herum und musterte den Wagen, der sich ihm, gezogen von zwei kastanienbraunen Stuten, näherte. Ein rundlicher Mann mit ergrauendem Haar hielt die Zügel der Pferde lose in den Händen. Aspin wusste, dass er Zeit gehabt hätte, zwischen die Bäume zu fliehen, wenn er gewollt hätte, aber er war gesehen worden, und außerdem hatte der Mann ein offenes Gesicht und trug keine sichtbaren Waffen.
    » Oh, tut mir leid«, sagte der Fuhrmann. » Du siehst wie jemand aus, den ich kenne, das ist alles. Ihr habt beide blonde Haare und seid ungefähr gleich groß, aber ich kann sehen, dass du älter bist. Verzeih mir. Ich heiße Jacob. Ich bin Händler und komme aus Gottesgabe. Ich nehme an, du kommst aus Heldenbach. Die Straße ist wohl immer noch überschwemmt, was? Zu Fuß ist es ein langer Weg nach Erlöserparadies.«
    » Ich… Ja. Ich heiße Aspin, mein guter Jacob.«
    » Sag mal, warum setzt du dich nicht hier neben mich? Dann kann ich dich nach Erlöserparadies bringen. Du willst doch sicher zum Markt, oder? Du willst mit Fellen handeln oder Arbeit suchen?« Jacob zwinkerte. » Oder suchst du gar nach einem jungen Mädchen?«
    Aspin nickte vorsichtig und wagte dann ein Lächeln. » Ja.«
    » Dann komm schon, herauf mit dir! Ehrlich gesagt freue ich mich über die Gesellschaft, denn Tilly und Wuschel sind nicht unbedingt gesprächig, was, Mädels?«
    Eines der Pferde schnaubte zur Antwort, als Jacob mit den Zügeln schnalzte.
    Aspin lachte mit dem munteren Mann und lehnte sich zurück, um seinen wilden, wunderbaren und zum Teil auch besorgniserregenden Geschichten über das Leben in Gottesgabe zu lauschen. Er war erleichtert, dass der erste Mensch, dem er begegnet war, nachdem er das Reich betreten hatte, nicht versucht hatte, ihn zu töten. Vielleicht hatten die alten Götter noch genügend Macht, um ihm bis zu einem gewissen Grad ein günstiges Schicksal zu bescheren.
    Einer der Erlöser regt sich! Versteckt euch, rührt euch nicht! Seht und hört nichts! Es ist D’Shaa. Die Erlöserin steigt von der Ebene der Geweihten in die der Erleuchteten hinauf. Macht der Erlöserin Platz, damit sie in aller Eile hinaufsteigen kann!
    D’Shaa schwebte die Außentreppe empor, deren Stufen jeweils sechs Fuß hoch und tief waren. Sie bildeten natürlich für ihresgleichen kein Hindernis, da sie sich wie der Wind bewegen oder auf die Luft stützen konnte. Aber die Stufen stellten eindeutig eine Herausforderung für die erbärmlichen Wesen dar, die ihre Diener waren. Sie zermalmte sie beiläufig, so wie sie Staub von ihren statuenhaften Schultern geschnippt hätte. Das Leben der Diener war so flüchtig und bedeutungslos, dass sie ohnehin nicht viel mehr als Staub waren. In der Tat bestand ein Großteil des Schmutzes, der sich aus der Luft ins Große Labyrinth herabsenkte, aus den toten Zellen, die sich immer wieder von ihrer Haut lösten. Die Diener begannen zu sterben, sobald sie geboren waren. Sie waren eine Art lebender Tod, der D’Shaa und ihresgleichen ausnahmslos anwiderte, so dass keiner von ihnen daran zweifelte, dass diese Welt vernichtet werden musste, bevor ihre Kränklichkeit einen Weg fand, sich im Kosmos auszubreiten. Nicht auszudenken, dass ihre toten Zellen in der Luft schwebten und D’Shaa sie einatmete und aß! Es stieß sie ab und sorgte dafür, dass sie sich vor ihrem eigenen Körper ekelte, der materiellen Gestalt, die ihresgleichen in dieser Welt annehmen musste. Wenn das Geas erst verschlungen war, würde sie frei von dieser elenden, schmutzigen Welt sein, ungehindert die Flügel ausbreiten und durch den Kosmos segeln können, wohin auch immer sie wollte. Oh, welche Wunder und welche Macht ihr zu Gebote stehen würden, wenn sie erst von diesem schäbigen, aber bindenden Ort befreit war! Bald, bald. Zumindest solange sie gefährliche, ränkeschmiedende Rivalen wie D’Selle überleben konnte.
    Sie schwebte schneller aufwärts und gelangte in einen höher gelegenen Abschnitt des Großen Labyrinths. Hierher durften Erlöser ihres Ranges gewöhnlich nicht kommen. Der stets wachsame Älteste Thraal hatte ihren Besuch zweifellos vorausgesehen– vielleicht schon, bevor sie sich selbst dazu entschlossen hatte–, und es war nicht angeraten, ihn warten zu lassen, wenn sie nicht seinen Zorn auf sich ziehen wollte. Es war schon riskant genug, dass sie es sich überhaupt herausnahm, sich auf eine höhere Ebene vorzuwagen, aber dass jemand um eine Audienz bei einem Ältesten ersuchte, statt zu warten, bis er zu

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