Das Wispern der Schatten - Roman
eindeutig etwas Erholung. Das Licht der Sonnenmetallkugel brannte erbarmungslos auf sie hernieder, und Freda spürte, wie es auch die Haut der Kinder verbrannte.
Gerade als sie sich zu fragen begann, ob sie die Wagen selbst aufhalten sollte, um den Kindern zu helfen, begann die Sonnenmetallkugel sich zurückzuziehen, und es wurde kühler. Die Wagen hielten ähnlich wie beim letzten Mal, als die Kugel sich zurückgezogen hatte. Die Kinder wurden wie zuvor herumgescheucht, und die Feuer wurden genau auf die gleiche Weise angezündet. Freda ließ ihr Sackleinen an einem sicheren Ort zurück und legte sich an der Stelle, wo die schweren Männer beisammensaßen, unmittelbar unter die Erdoberfläche, um ihr Gespräch zu belauschen.
» …erreichen wir die Alte Festung morgen, nehme ich an«, sagte der Pfeifenraucher gerade, » da es ja unterwegs keine Schwierigkeiten gegeben hat.«
Der Älteste brummte: » Wann gibt es denn je Schwierigkeiten, hm? Aber es ist dennoch schön, dass wir so schnell zurück sind, dass wir Zeit für ein Bad und eine Frau in der Stadt haben, bevor wir die Kinder zu den Musterungsoffizieren der Festung bringen müssen. Am Tag danach eskortieren wir dann das Sonnenmetall nach Erlöserschmiede, sodass ihr ein paar Stunden Freizeit in der Stadt haben könnt, wenn ihr nicht gerade damit an der Reihe seid, den Wagen zu bewachen. Aber bringt euch nicht in Schwierigkeiten, verstanden? Ich will am nächsten Morgen nicht in irgendeiner Absteige, Hinterhoftaverne, Spielhölle oder Bestrafungskammer nach euch suchen müssen. Falls ihr nicht alle anwesend und vorzeigbar seid, wenn ich zum Aufbruch bereit bin, melde ich euch als Deserteure, verstanden?«
Die Männer bejahten fröhlich.
» Ich wette, du findest Pferd am nächsten Morgen im Stall!«, sagte Hager leise und brachte die anderen damit zum Lachen, obwohl Freda nicht verstand, was er andeuten wollte.
» Wenigstens hat ein Pferd eine höfliche Zunge im Maul«, antwortete der Mann, der sich um die starken Tiere kümmerte, die sich nie beschwerten.
» Kann sich nicht beklagen, meinst du«, entgegnete Hager rasch.
Ein lauter Schlag und ein Knacken ertönten, dann schrie Hager vor Schmerz.
» Du kannst dich glücklich schätzen, dass ich dir nur die Nase gebrochen habe«, sagte der Älteste mit gehöriger Befriedigung. » Das war die letzte Warnung für dich, Hager. Wenn du einfach nicht in der Lage bist, deine Zunge respektvoll im Zaum zu halten, schlage ich vor, dass du sie dir herausschneiden lässt, bevor dir stattdessen jemand die Kehle durchschneidet. Und nun hör auf zu heulen– was für ein Soldat weint wegen solch einer Kleinigkeit wie einer gebrochenen Nase?«
» Sieh ’s von der guten Seite«, riet ihm der Große Harald und senkte die stinkende Flasche, aus der er getrunken hatte. » Ich finde, der Hauptmann hat dafür gesorgt, dass du ein bisschen besser aussiehst. Du solltest ihm dafür danken, weißt du.«
Alle lachten. Der Mann mit der Pfeife schien am Ende Mitleid mit dem jaulenden Hager zu bekommen. » Los, rüber hier! Mach dir keine Sorgen. Ich habe so etwas schon einmal gemacht.«
Ein lautes Knacken und Knirschen ertönte, dann schrie Hager sogar noch lauter als zuvor.
» Sterbende sind leiser«, bemerkte Pferd.
» Er scheint reichlich Luft in die Lunge zu bekommen. Das ist ein gutes Zeichen«, befand der Hauptmann.
» Hat auch einen guten Stimmumfang. Er könnte eine Frau auf der Bühne spielen«, wagte der Jüngste sich vor und war entzückt, als die meisten Älteren lachten oder nickten.
» Ich musste sie richten, Hager«, erklärte Pfeife. » Glaub mir– ich habe dir einen Gefallen getan. Wenn sie schief geblieben wäre, hättest du bis ans Ende deiner Tage Schwierigkeiten beim Atmen gehabt.«
» Oder hätte er vielleicht um die Ecke riechen können?«, überlegte der Große Harald laut. » Das wäre nützlich, denn dann würde man wissen, wer um die Ecke kommt, bevor er einem begegnet. Vielleicht sollten wir Hager wieder einen Knick in die Nase machen.«
» Stimmt«, pflichtete Pferd ihm bei. » Wenn man mit einer Freundin spazieren geht und dann riecht, dass eine andere Freundin um die Ecke kommt, dann hätte man Zeit, zu verschwinden oder schnell dafür zu sorgen, dass man ans andere Ende des Reichs versetzt wird.«
» Dann müffen deine Freundinnen ja dziemlich sdinken, Pferd!«, rief Hager, so gut er konnte.
» Was hat er gesagt?«
» Sagst du’s noch mal, Hager? Ich hab’s nicht ganz verstanden. Liegt
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