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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Weitere kümmern wir uns später.«
    Â»Enrique hat recht«, sagte Marek leise. Er legte Astarte die Hand auf den Arm. »Viktor können sie nichts mehr tun. Aber du musst an das Wörterbuch denken! Was soll daraus werden, wenn sie dich und Enrique festnehmen?«
    Astarte antwortete nicht. Schließlich rutschte sie langsam zur Seite und ließ Viktors Kopf auf das Polster gleiten. Noch einmal strich sie ihm über die Wange und öffnete dann die Tür. Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht.
    Â»Also gut«, sagte sie. »Erfüllen wir Viktors letzten Wunsch und vernichten sein Wörterbuch.«

vi:
Entscheidungen
1.
    Hauptstadt der Union
    In der Metrostation sammelten sich die ersten Fahrgäste, die zur Frühschicht in die Stadt fuhren, und die Händler öffneten ihre Geschäfte. Marek stieß Enrique in die Seite, als er den Stapel mit den Zeitungen sah.
    Auf jeder Titelseite prangte ein Foto von Enrique.
    Marek zog die oberste Zeitung vom Stapel und warf dem Kioskbesitzer eine Münze hin.
    Ungläubig starrte Enrique auf die Schlagzeile.
    Das ist der Florist!
    Enrique überflog den Artikel. Danach hatte die Kriminalpolizei in seiner Wohnung eindeutige Beweise gefunden, dass es sich bei ihm um den gesuchten Serienmörder handelte. Auf Hinweise, die zu seiner Ergreifung führten, war eine Belohnung von 100 000 Unions-Credits ausgesetzt.
    Geschockt ließ er die Zeitung sinken. Bereits jetzt hatte er das Gefühl, von jedem Vorbeikommenden beobachtet zu werden. Zum Glück war das veröffentlichte Foto nur eine Kopie seines Passbildes. Er starrte mit weit aufgerissenen Augen und starrer Miene in die Kamera. Aber die Ähnlichkeit war groß genug, um ihn auch im wirklichen Leben zu erkennen, wenn jemand genauer hinschaute.
    Â»Ob das ein Manöver der Sicherheitsdienste ist?«, fragte Marek.
    Enrique schüttelte den Kopf. »So schnell sind sie nicht. Und warum sollten sie so eine Geschichte erfinden? Dahinter muss etwas anderes stecken.«
    Â»Es ist sowieso ein Wunder, dass keiner mit dem Finger auf uns zeigt«, sagte Astarte. Ihre Jeans wiesen dunkle Blutflecken auf. Viktors Blut. Auch die Ärmel von Mareks Jacke waren blutverschmiert. Er hatte sie zwar hochgekrempelt und den Reißverschluss bis zum Hals geschlossen, aber es sah für die kühlen Temperaturen doch sehr luftig aus.
    Marek fummelte in seiner Hosentasche und zog eine Wollmütze hervor. Er streckte sie Enrique hin. »Hier. Damit kannst du dich wenigstens notdürftig verkleiden.«
    Enrique zog die Mütze über. Trotzdem fühlte er sich wie auf dem Präsentierteller. Er faltete die Zeitung zusammen und klemmte sie unter den Arm.
    Â»Wieso schiebt mir jemand unter, der Florist zu sein?«, fragte er erneut. »Wem nützt das?«
    Â»Dem Floristen«, erwiderte Marek leichthin.
    Enrique stutzte. »Was sagst du da?«
    Â»Na ja, wenn alle dich für den Frauenmörder halten, dann kann der eigentliche Täter weiterhin ungestört seinem Handwerk nachgehen.«
    Â»Aber … das würde bedeuten, dass der Florist mich kennt.«
    Â»Ich war schon immer der Meinung, dass du mit merkwürdigen Leuten verkehrst.« Marek grinste kurz. »Was immer es bedeutet, es bringt uns alle in größte Gefahr. Wir sollten hier verschwinden. Noch ist es früh, und die Zeitungen sind noch nicht verkauft. Bald wird dich jeder Mensch erkennen, dem du begegnest.«
    Enrique folgte seinen Freunden auf den Bahnsteig. In der Metro verbarg er sein Gesicht hinter der aufgeschlagenen Zeitung. Marek stieg im Calvaniviertel aus, um vorübergehend bei einem Bekannten unterzutauchen. Astarte und Enrique fuhren weiter. Sie verließen die Metro wenige Hundert Meter von Thuras Buchladen entfernt. Langsam kroch die Morgendämmerung über den Horizont. Noch waren die Bürgersteige verlassen.
    Â»Nun hast du dein Ziel doch noch erreicht«, sagte Enrique.
    Astarte starrte ihn böse an. »Ich hatte nicht vor, ihn umzubringen.«
    Â»Ich weiß.« Er legte ihr beschwichtigend die Hand auf den Arm. Astarte drehte sich weg.
    Â»Du weißt überhaupt nichts.« Sie verbarg ihr Gesicht zwischen ihren Händen und lehnte sich gegen eine Hauswand.
    Â»Du hast ihn sehr gemocht«, sagte er leise.
    Â»Er hatte etwas … Besonderes an sich«, schluchzte sie. »Wie ein Mensch, der in eine Zeit geworfen wird, in die er nicht

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