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Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2

Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2

Titel: Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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an meinen Augen experimentiert?
    Wo war ich? Ich erinnerte mich, dass ich gefesselt war und man mir den Mund verklebt hatte. Ich erinnerte mich, dass ich das Bewusstsein verloren hatte. Und jetzt war ich hier, aber wo »hier« war, wusste ich nicht.
    Wo war der Schwarm? Keiner war aufgewacht, als man mich entführt hatte. Hatte man sie unter Drogen gesetzt? Oder Schlimmeres? Ging es ihnen gut? Ich wollte mich aufsetzen, aber es war, als schwebte ich irgendwie. Ich konnte meine Füße nicht aufstellen, konnte mich nicht abstoßen. Aber ich spürte Nässe. Ich konnte mein Gesicht berühren. Meine Haare waren nass. Ich streckte die Hände nach allen Richtungen aus und fühlte nichts. Um mich herum war nur Wasser – oder eine andere Flüssigkeit. Es war kein gewöhnliches Wasser, denn ich konnte nicht versinken.
    Ich schluckte und blinzelte wieder. Dann geriet ich in Panik. Wo war mein Schwarm? Wo war ich ? Was geschah? War ich tot? Wenn ich tot war, würde mich das unglaublich wütend machen, weil ich dieses grenzenlose Nichts keine Stunde lang ertragen konnte, ganz zu schweigen von der Ewigkeit. Niemand hatte mir gesagt, dass der Tod so ungemein langweilig sein würde.
    Mein Herz schlug schnell, ich atmete schnell und flach, meine Haut kribbelte, weil das Blut in meine Hauptorgane strömte: Kampf oder Flucht. Ich streckte meine Flügel aus und spürte überhaupt nichts . Ich griff mit einer Hand zum Rücken. Meine dicken Rückenmuskeln und die Federn waren noch an meiner Schulter. Ich hatte noch meine Flügel. Aber ich konnte sie nicht spüren.
    War ich betäubt? Hatte man mich operiert? Ich versuchte mich so heftig zu bewegen, wie ich konnte. Ich schlug in der Finsternis wild um mich, aber wieder fühlte ich nichts. Gar nichts.
    Das war übel.
    Wo zum Teufel war ich?
    Beruhige dich! Werde ruhig! Reiß dich zusammen. Wenn du tot bist, bist du tot, und da ist nichts, was du dagegen tun kannst. Wenn du nicht tot bist, musst du dich zusammenreißen, damit du fliehen und die anderen befreien und die in den Arsch treten kannst, die dich hierhergebracht haben.
    Ich war vollständig allein. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal völlig allein gewesen war. Wenn ich unter einem Sonnenschirm in einer Hängematte am Strand läge, einen Drink in der Hand, und wüsste, dass der Schwarm sicher und okay war, dann wäre ich entzückt und begeistert. Allein, ohne Verantwortung, mit der Möglichkeit, sich total zu entspannen – dann hätte sich ein Traum erfüllt.
    Stattdessen war ich allein in der Dunkelheit, hatte furchtbare Angst und litt unter der Ungewissheit. Wo war ich?
    Vielleicht willst du das gar nicht wissen?
    Die Stimme. Ich war doch nicht ganz allein. Die Stimme war noch bei mir.
    »Weißt du, wo ich bin?«, fragte ich laut. Meine Stimme verhallte im Nichts.
    Ja.
    »Dann sag es mir!«
    Bist du sicher, dass du es wissen willst?
    »O nein, ich genieße diesen Zustand totaler Ignoranz!«, brüllte ich. »Deshalb will ich auch dich nicht mehr da haben! Jetzt rede schon, du Arsch!«
    Du bist in einem Isoliertank. In einer Kammer, die jegliche Sinneswahrnehmungen auslöscht. Wo genau, weiß ich nicht.
    »O mein Gott. Du hattest recht – ich hatte es nicht wissen wollen.«
    Ein Isoliertank. Nichts außer mir, mein total verhunztes Bewusstsein und die Stimme. Gut, ich konnte das vielleicht für – sagen wir – zehn Minuten aushalten, ehe ich völlig durchdrehte.
    Wie ich die Weißkittel kannte, planten sie, mich hier für ein oder zwei Jahre festzuhalten, damit sie sich über mein Verhalten Notizen machen konnten und darüber, was aus mir wurde.
    Ich musste sterben. Und zwar sofort.
    125   Aber ich bin Maximum Ride. So leicht würde das nicht werden, oder?
Selbstverständlich nicht. Mein Leben würde nie angenehm und schmerzlos sein, wenn es auch mit endloser, ständiger Angst, Ungewissheit und Folter ausgefüllt sein konnte.
    Ich habe keine Ahnung, wie lange ich im Tank war. Es konnte zehn Minuten gewesen sein, aber es fühlte sich wie zehn Jahre an. Ein ganzes Leben. Vielleicht schlief ich. Ich weiß, dass ich Halluzinationen hatte. Immer wieder »wachte ich auf« und war bei meinem Schwarm, in unserem Haus in Colorado oder in den U-Bahn-Tunneln von New York oder im Twilight Inn. Ich sah Ella Martinez und ihre Mutter wieder. Sie lächelten und winkten mir zu.
    Ich glaube, ich habe auch geweint.
    Im Prinzip hatte ich jeden Gedanken, den ich je im Leben gehabt hatte, jetzt noch mal. Einen nach dem

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