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Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert

Titel: Das Wolkenvolk 01 - Seide und Schwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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über uns – «
    » Keine Priester! «, unterbrach Niccolo ihn schroff.
    Nugua ging ein paar Schritte vor ihnen. Stumm schüttelte sie den Kopf, ohne sich umzudrehen.
    » Aber ein Mönch wäre gut für un s «, fuhr Feiqing unbekü m mert fort. » Die Götter hätten dann ein Auge auf uns. Tiandi, der höchste Herr des Himmels, wäre mit uns. Wir könnten ein wenig Glück gebrauchen. « Er senkte die Stimme. » Und was Vernün f tiges zu essen. «
    Wie sich rasch gezeigt hatte, verstand sich keiner von ihnen auf die Jagd. Nugua behauptete, dort, wo sie herkäme, sei stets gut für sie gesorgt worden. Feiqing hatte zwei linke Hände. Und Niccolos Jagdtalent beschränkte sich aufs Taubenschießen. Zwar hatte Nugua ihm den Bogen des Mandschukriegers gegeben, aber die einzigen Vögel, die sie zu sehen bekamen, waren Habichte und Bussarde. Keine einzige Taube. Und auch sonst nichts, das träge und faul genug war, sich von Niccolo treffen zu lassen.
    Der Vorrat aus seinem Bündel war beinahe aufgebraucht, weil jetzt drei statt nur einer davon aßen, und auch wenn sie versuc h ten, ihre kargen Mahlzeiten durch allerlei Beeren anzureichern, lief Niccolo allein bei dem Gedanken an ein gebratenes Huhn das Wasser im Mund zusammen. Seit ihrer Flucht vor den Mandschu waren sie in den Wäldern keiner Menschenseele begegnet, sodass sie nicht einmal irgendwo Reis kaufen kon n ten, geschweige denn etwas anderes Essbares.
    Seit ein paar Stunden folgten sie dem scharfen Grat einer Hügelkette, von der aus sie eine gute Aussicht über eine Landschaft aus breit verzweigten Ginkowäldern hatten. Dass auch sie selbst von unten aus gut zu sehen sein mussten, nahmen sie notgedrungen in Kauf.
    » Erzähl mir von deinen Göttern, Feiqin g «, bat Niccolo den watschelnden Rattendrachen.
    Sie hörten Nugua weiter vorn abschätzig schnauben, so als wären Götter nun wirklich das Letzte, das sie interessierte. Doch Feiqing schien dankbar, sich über etwas anderes als seinen knurrenden Magen und rachsüchtige Mandschukrieger Geda n ken machen zu können.
    » Tiandi ist der Himme l «, begann er und fuchtelte mit den Armen hinauf in die blaue Unendlichkeit des Nachmittags. » Er ist der Herrscher über alles. «
    » Heißt das, er lebt im Himmel? «
    Feiqing schüttelte den Kopf. » Er ist der Himmel. Als der Riese Pangu die Welt erschaffen hat, entstand auch Tiandi, um über sie zu wachen. Über das alles hier. « Wieder hob er die Arme, aber diesmal zeigte er in weitem Bogen über die Bambuswälder am Fuß der Hügel und die dunstblauen Umrisse zerklüfteter Berge.
    » Wenn Tiandi der Herr über alles is t «, sagte Niccolo, » w er ist dann Pangu? «
    » Zuerst herrschten überall nur Dunkelheit und Chaos. Aber aus der Dunkelheit formte sich ein gewaltiges Ei, und aus diesem Ei schlüpfte Pangu, der Erste der Riesen. « Feiqing lachte, was in Anbetracht seines breiten Rattendrachenmauls reichlich sonderbar aussah. » Du musst wahrlich von weither kommen, dass du noch nie von ihm oder von Tiandi gehört hast! «
    » Sieh dir seine Augen an, Feiqin g «, rief Nugua. » Sie sind golden und rund. Und trotzdem ist er kein Drache. Natürlich kommt er von weither. «
    » Erzähl weite r «, bat Niccolo.
    Feiqing räusperte sich. » Das Ei, aus dem der Riese Pangu schlüpfte, ist dabei in zwei Hälften zerbrochen. Die reine, saubere Hälfte stieg auf und wurde zum Himmel, die unreine, schwerere Hälfte blieb liegen – das ist die Erde. Und weil Pangu befürchtete, dass beide Teile wieder eins werden könnten, stellte er sich dazwischen und stützte sie. Auf seinem Kopf trug er den Himmel, und seine Füße drüc k ten die Erde nieder. Dadurch schuf er das Gleichgewicht aller Dinge, Yin und Yang. «
    Nugua blieb stehen, bis die beiden zu ihr aufgeschlossen hatten. » Und dann kamen die Drache n «, sagte sie.
    » Noch nicht. «
    Sie zog eine Schnute, die unter all dem Schmutz beinahe niedlich wirkte. » Aber vor den Menschen. «
    » So weit sind wir noch nicht. «
    Vielleicht ist Feiqing in seinem früheren Leben ein Lehrmei s ter gewesen, überlegte Niccolo. Ganz sicher war er ein Besserwisser. Ebenso wie Nugua. So viel zum Gleichgewicht aller Dinge.
    Feiqing schenkte dem Mädchen einen finsteren Blick, der sie unverhofft zum Schweigen brachte. » Achtzehntausend Jahre lang stand Pangu zwischen den beiden Hälften des Eis, und an jedem Tag ist er drei Meter gewachsen. Dadurch wurde der Abstand zwischen Himmel und Erde immer größer, und als sie schlie

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