Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht
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» Sie werden dir kein Haar krümme n «, unterbrach sie ihn. » Ich habe Gildenmeister Xu und diesem Hauptmann Kangan alles erzählt über das, was der Aether plant und wie nahe er seinem Ziel bereits ist. Sie wissen Bescheid über den Tod der Xian und das Verschwinden der Drachen. Und sie haben wohl auch verstanden, wie dünn der Faden ist, an dem das Schicksal der Welt hängt. Ich habe ihnen erzählt, welche Rolle du dabei gespielt hast, das Versteck der Drachen ausfindig zu machen, damit wir sie um Hilfe bitten können, und dass du das Vertrauen eines Xian genießt … Vielleicht habe ich das eine oder andere ein wenig übertrieben. «
Feiqing starrte sie an. » Und sie haben dir geglaubt} «
» Nach dem, was mit dem Spürer geschehen ist – allerdings. «
Der Spürer – natürlich! Alarmiert wollte er den Oberkörper aufrichten, doch die Wülste seines dicken Drachenbauchs waren im Weg. » Was genau ist überhaupt geschehen? Das Letzte, an das ich mich erinnern kann, ist dieser Schrei. «
Wisperwind nickte. » Ich habe nur die Hälfte von dem versta n den, was sie mir erklärt haben, aber es hat mit den Kraftadern in der Erde zu tun. Jemand oder etwas macht sich offenbar daran zu schaffen – das mag der falsche Ausdruck sein, aber darauf läuft es hinaus –, und die Spürer sind die Ersten, die es bemerkt haben. «
» Der Aether? «
Sie schüttelte den Kopf. » Diesmal nicht. Xu scheint davon auszugehen, dass es sich um eine Art Signal gehandelt hat. Oder eher um einen Hilferuf. «
Er versuchte, das beständige Pfeifen in seinen Ohren zu ign o rieren und trotzdem zu begreifen, wovon sie da redete. » Jemand benutzt das Chi der Erde, um den Geheimen Händlern ein Signal zu geben? « Nach allem, was sie bereits erlebt hatten, war das zwar eine eigenwillige, aber keineswegs abwegige Vorstellung.
Wisperwind nickte langsam, während sie augenscheinlich selbst Mühe hatte, sich die Dinge im Kopf zurechtzulegen. » Wir sind bereits unterwegs zu dem Ort, von dem die Signale ausg e hen. Der Gildenmeister will Genaueres verraten, sobald jeder Irrtum ausgeschlossen ist. «
Er sah sie prüfend an. Es gehörte nicht viel dazu, ihre Miene zu deuten. » Und wie es der Zufall wil l «, fragte er gedehnt, » l iegt der Ort, von dem dieses Signal ausgeht, ausgerechnet in derse l ben Richtung, in die wir auch wollen? «
Ihre Augen verengten sich, und zum ersten Mal sah er Veru n sicherung im Blick der Schwertmeisterin. » Erstaunlich, nicht wahr? «
* * *
Auf der Brücke der Abendstern begrüßte man ihn nicht, als Feiqing mit Wisperwind dort ankam, aber zumindest hielten die Geheimen Händler ihre Feindseligkeiten im Zaum. Es gab keine offenen Drohungen mehr, nur ein paar düstere Blicke. Was immer die Besatzung der Kommandobrücke beschäftigte, war offenbar von größerer Wichtigkeit als die Vergehen eines Ausgestoßenen. Und manch einer mochte sich insgeheim denken, dass die Strafe, in einem Kostüm wie diesem festzust e cken, schwerer wog als alles, das sie ihm noch antun konnten.
Gildenmeister Xu, zugleich der Kapitän des Luftschiffs, schenkte ihnen kaum Beachtung, als sie die Brücke betraten. Hauptmann Kangan war nirgends zu sehen. Der Spürer saß wieder festgeschnallt auf seinem Hochsitz vorn im Bug, unweit der gelblichen Fenster, den Kopf im Gewirr der Goldstränge gefangen, die hinauf zur Decke führten . Jemand musste all jene Fäden, die während seines Anfalls zerrissen waren, entfernt oder durch neue ersetzt haben . Hätte Feiqing es nicht besser gewusst, er hätte annehmen können, dass alles wieder beim Alten war.
Und doch hing merkliche Spannung in der Luft. Der U m gangston der Brückenbesatzung war gereizt, die Bewegungen der meisten Männer hektisch. Was immer si e a n all den Hebeln und Rädern zu tun hatten – Feiqing vermutete, dass es mit der Justierung der Papiersegelwaben im Bauch der Abendstern zu tun hatte –, sie taten es mit schweißtreibender Schnelligkeit und Perfektion.
» Sagt mir jetzt die Wahrhei t «, verlangte Wisperwind, als sie neben den Gildenmeister trat. » Wohin fliegen wir? «
Xu warf einen schnellen Blick über ihre Schulter hinweg auf Feiqing – ein Blick, der wie zufällig den Griff des Schwertes auf ihrem Rücken streifte und in Feiqing die Ahnung aufkommen ließ, dass sie ihm nicht alle Argumente verraten hatte, mit denen sie die Händler dazu gebracht hatte, seine Bestrafung aufzuh e ben.
» Es hat sich gezeigt, dass unsere erste Vermutung die
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