Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
der Schwertmeisterin ein paar Sekunden länger stand, ehe er resigniert die Achseln zuckte. » Soll der Gildenmeister entscheiden. Ich bin nicht hier, um mit dir zu streiten, Clankriegerin. «
    Er ging voraus, und die beiden eilten in einigem Abstand hinterher. Das grimmige Zucken um Wisperwinds Mundwinkel machte auf Feiqing den unangenehmen Eindruck, dass sie es genoss, Kangan zu reizen.
    » Ich will gar nicht mitgehe n «, flüsterte der Rattendrache.
    » Ich weiß. «
    » Dann glaubst du wirklic h « – er räusperte sich – » s ie würden mich umbringen? «
    » Nein. «
    » Aber du hast gesagt – «
    » Wir werden in die Schlucht hinabsteigen, um den König der Riesen zu treffe n «, unterbrach sie ihn. » Da unten möchte ich jemanden an meiner Seite haben, dem ich vertrauen kann. «
    » König der Riesen? «
    » Das ist es, was Xu gesagt hat. «
    Feiqing bekam unter seinem Rattendrachenkostüm heiße Schweißausbrüche. » Ich will aber keinen König der Riesen treffen! «
    » Ach, sei still, Feiqing. «
    » Nein, im Ernst! «
    Kangan blickte über die Schulter zurück. » Wir könnten ihn gemeinsam über die Brüstung werfen, Schwertmeisterin. Was meinst du? «
    Feiqing wartete darauf, dass Wisperwind ihn erneut in Schutz nehmen würde, aber diesmal lächelte sie nur wortlos in sich hinein.
    » Vielen Dan k «, knurrte Feiqing. » Vielen herzlichen Dank! «
    Kangan sah wieder nach vorn, während die Winde sein leises Lachen verwehten.
    * * *
    Ein Gesicht wie aus Fels, viel größer als jeder Tempelgötze. Augen so schwarz wie die Nacht, verborgen im Schatten einer vorgewölbten Stirn. Ein Mundspalt, mindestens zehn Meter breit, ohne Lippen, aber mit gesplitterten Rändern wie Felska n ten eines Steinbruchs.
    Der König der Riesen ragte aus der Dunkelheit empor wie ein Berg, und nur vage waren hinter ihm weitere Silhouetten auszumachen, höher als die höchsten Bauwerke der Menschen, eine Armee erstarrter Giganten, die das Werk vorzeitlicher Steinmetze hätten sein können – wäre da nicht das Flüstern gewesen, das zwischen ihnen umhergeisterte wie verirrte Winde.
    Feiqing schaute ehrfurchtsvoll in die Augen des Königs, Tore zu unergründlichen Felshöhlen. Falls etwas daraus seinen Blick erwiderte, zeigte es sich nicht. Keine Pupillen, auch kein Schimmern oder Glosen. Nur Leere.
    Feiqing bebte am ganzen Körper. Er und die anderen befanden sich nicht am Boden der Schlucht – der lag noch immer unsich t bar in der Schwärze unter ihnen. Stattdes sen standen sie auf dem Rand einer Mauer aus gewaltigen Steinquadern, Teil einer Ruine im unteren Bereich der Riesenstadt; weil die Blöcke so groß waren, hatte die Fläche oben auf der Mauer nach menschl i chem Ermessen eine beachtliche Ausdehnung. Der König der Riesen mochte volle zweihundertfünfzig Meter groß sein und aufrecht am Grunde der Schlucht stehen – das Fackellicht der Delegation reichte kaum bis zu seiner Brust hinab, und das ließ zumindest erahnen, wie tief ein Sturz von hier oben sein würde. Der Mauerrand befand sich auf Höhe seines Kinns, sodass sein Riesengesicht jenseits der Steinkante hing wie ein blassgelber Mond, auf den statt Sonnenlicht zuckender Fackelschein fiel.
    Hoch über ihnen erkannte Feiqing einen Spalt aus Himmel s blau: die Ränder der Klamm, in die man sie in einer schwankenden Gondel hinabgelassen hatte. Keines der fünf Luftschiffe hatte das Risiko eingehen wollen, so weit abzusi n ken und von den tückischen Winden gegen die Felsen geschleudert zu werden. Sie schwebten weiterhin an ihren Ankerplätzen und wirkten von hier unten kleiner als Ruderbo o te. Die Gondel war beim Abseilen mehrfach ins Schwingen geraten und hatte nur haarscharf die geborstenen Ränder der Ruinen verfehlt. Feiqing kämpfte auch jetzt noch gegen seine Übelkeit an . » Ich danke euch, dass ihr gekommen seid. « Es waren die ersten Worte, die der König der Riesen von sich gab. Für ein so grobschlächtiges Antlitz und einen Mund, der aussah wie ein Felsspalt, waren sie überraschend klar formuliert. Seine do n nernde Stimme wurd e v on einem Grollen begleitet, das aus den Untiefen seiner Riesenbrust aufstieg.
    Die fünf Gildenmeister, unter ihnen Xu, verbeugten sich. Ebenso Kangan und das halbe Dutzend hochrangiger Soldaten. Wisperwind warf Feiqing einen Blick zu, darauf folgte er ihrem Beispiel und neigte ebenfalls den Oberkörper; mit seinem Kostüm hatte er allerdings Mühe, wieder hochzukommen. Ein leises Ächzen entfuhr ihm, das von den

Weitere Kostenlose Bücher