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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Drachenkönig beeindruckte das nicht im Geringsten.
    »Du willst ein Drache sein«, sagte er, als er sie vor eines seiner Augen zog, so groß wie sie selbst. »Dann zeig auch die Vernunft eines Drachen. Wir bleiben hier, weil wir vielleicht noch etwas bewirken können. Noch können wir Pangus Herz gegen den Aether abschirmen und vielleicht verhindern, dass er hineinfährt und es mit Leben erfüllt. Noch haben wir eine Chance! Du aber hast keine, wenn du hierbleibst.«
    Sie strampelte in der Umarmung des Fühlers und versuchte eine seiner langen blutroten Wimpern zu packen, um daran zu ziehen. »Ich will helfen!«, presste sie hervor.
    Er klimperte mit dem Augenlid, um ihren Händen auszuweichen. »Das weiß ich. Aber du kannst hier nichts tun.« Seine Pupille glänzte wie ein schwarzer See. »Nur sterben.«
    »Dann sterbe ich eben mit euch.«
    »Auf dich wartet eine ganze Welt.«
    »Die Welt interessiert mich nicht!«
    »O doch, das tut sie. Du hast selbst gesagt, dass aus dir ein Mensch geworden ist. Wir Drachen wissen vielleicht mehr, als gut für uns ist. Das hat uns träge gemacht. Menschen aber sind immer auf der Suche nach dem nächsten Horizont.«
    Plötzlich erstarrte sein Fühler. Nur für einen Atemzug glaubte sie, dass das etwas mit ihr zu tun haben könnte. Die ledrigen Lider um seine Augen zogen sich zusammen, als er sich konzentrierte und auf etwas horchte, das er nicht mit den Ohren wahrnahm. Sie wusste, was dieser Blick bedeutete.
    Jemand hatte ihm eine Botschaft gesandt. Die Gedankenkraft der Drachen durchdrang selbst den Fels dieser Berge, schickte Rufe aus, die vom Portal der Dongtian bis herab zum Herzen des Ur-Riesen reichten.
    »Was ist los?« Sie ließ zu, dass er sie zurück in sein Geweih setzte. »Yaozi! Sag mir, was passiert ist!«
    Er hob den Kopf vom Fels, während Muskelberge im Inneren seines Schlangenleibs zum Leben erwachten. Sein Schuppenkleid rasselte wie ein Kettenhemd, als er sich im Eingang der Herzhöhle umwandte und aus dem Diamantlicht zurück ins Labyrinth der Kavernen glitt.
    »Ich werde am Portal gebraucht. Wir haben Gesellschaft bekommen.«
    »Gesellschaft?«, fragte sie verwirrt und überlegte, ob er nur einen Vorwand suchte, um sie hinauf zur Oberfläche zu bringen. »Hier?«
    »Luftschiffe«, entgegnete er düster. »Geheime Händler.« Und während sie noch nachdachte, wo sie diesen Namen schon einmal gehört hatte, setzte er hinzu: »Wir müssen sie vernichten, bevor sie uns in den Rücken fallen.«
    Niccolo glitt zurück in den Schatten eines Felsspalts, gerade als sich der Drachenkönig im Eingang der leuchtenden Grotte herumwälzte und den Rückweg nach oben antrat.
    Angespannt presste er sich gegen das Gestein und hielt den Atem an. Er war nicht sicher, ob Yaozi und Nugua ihn nicht doch noch im letzten Augenblick bemerkt hatten. Er hörte den Koloss vorüberrauschen und wagte erst nach einer Weile einen vorsichtigen Blick aus seinem Versteck zu werfen. Goldlicht flackerte über seine Züge, als die Schwanzspitze des Drachen die Spalte passierte und wie eine Flammenzunge im Schatten eines Felstunnels erlosch.
    Er hatte alles mit angehört. Es war ihm sogar gelungen, einen Blick auf das Innere der Grotte zu erhaschen, auf Pangus Herz inmitten der Drachen. Es war schrecklich, dass sich die Drachen opferten, und er trauerte um die Toten, die ihr Kampf mit dem Aether bereits gefordert hatte. Zugleich aber verletzte ihn das Misstrauen, das Yaozi ihm entgegenbrachte. Was hatte er getan, dass man das Geheimnis dieser Berge vor ihm bewahren wollte? Machte ihn seine Liebe zu Mondkind zu einem Feind? War nicht er es gewesen, der den Unsterblichen Tieguai aufgesucht hatte, um ihn zu warnen?
    Und warst nicht du es, zischte bösartig seine innere Stimme, die Tieguais Mörderin erst zu ihm gelockt hat?
    Vorsichtig schob er sich aus seinem Versteck, blickte erst noch einmal dem schwindenden Glanz des Drachenkönigs nach, dann zum offenen Eingang der Herzhöhle. Die gleißende Helligkeit blendete ihn, aber er hatte genug gesehen.
    Das Schwert Silberdorn, das er in seiner Scheide auf dem Rücken trug, wisperte in seinen Gedanken; es klang wirr, so als wüsste die magische Klinge nicht mehr, wo sie ihre Feinde zu suchen hatte. Das mochte an der hohen Konzentration des Aethers liegen, der in dem gewaltigen Grottendom seinen Kampf mit den Drachen führte und hinaus in die übrigen Kavernen drang. Etwas Ähnliches hatte Niccolo bereits in Mondkinds Höhle bemerkt. Auch dort schien die

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