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Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant

Titel: Das Wolkenvolk 03 - Drache und Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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neben ihr zu Boden. Die Erschütterungen waren heftiger geworden, der Kranich fürchtete sich. Guo Lao sprang von seinem Rücken, packte Wisperwind am rechten Arm und schob sie hinauf in den Sattel. Eilends nahm er hinter ihr Platz, rief dem Vogel etwas zu und einen Augenblick später schnellte der Kranich schon wieder empor, stieß durch die Qualmglocke über dem Tal und trug sie höher hinauf Richtung Gipfel.
    Mit einem Mal konnte sie wieder durchatmen. Schwindel peinigte sie wie nie zuvor im Leben, aber sie bekam wieder Luft. Unter ihnen erstreckte sich der schwarze Rauch wie die Oberfläche eines Ozeans aus wogendem Pech, durch den hier und da mächtige Umrisse pflügten, eingehüllt in Aureolen aus Flammen.
    Wie lange sie flogen, vermochte sie unterwegs nicht zu sagen. Wahrscheinlich waren nur wenige Minuten vergangen, ehe sie schließlich den Bergkamm erreichten, die südliche Begrenzung des Tals. Auf einer Länge von fünf-zig oder sechzig Metern hatte der Fels einen ausgewaschenen Sattel gebildet, fast eine kleine Hochebene, an deren Rand Feiqing sie erwartete. Er stand unweit einer schroffen Felskante, ungeachtet seiner Höhenangst; doch was sie vor allem erstaunte, war, dass er nicht dem Kranich entgegenblickte, sondern wie hypnotisiert nach Osten starrte, zu jener Seite des Tals, die dem Tor der Heiligen Grotten genau gegenüberlag.
    Gerade wollte sie sich umschauen und seinem Blick folgen, als der Kranich landete, nur wenige Schritte von Feiqing entfernt. Der Rattendrache fluchte nicht einmal, als ihn die Windstöße der Schwingen erfassten und beinahe in den Abgrund schleuderten. Stattdessen machte er widerwillig ein paar Schritte zurück, ohne die Berge im Osten aus den Augen zu lassen.
    Wisperwind rutschte aus dem Sattel, eine taumelnde Bewegung, die wenig mit ihrer üblichen Eleganz gemein hatte. Fast hätte sie sich an Guo Laos Schwert Phönixfeder festgehalten, aber etwas sagte ihr, dass das ein Fehler gewesen wäre. Der Xian war nicht ihr Freund - sie war nach wie vor nicht sicher, was genau er eigentlich war - und er hätte es ihr übel genommen, wenn sie nach seiner Waffe gegriffen hätte.
    So kam sie schwankend am Boden auf, stolperte zwei Schritte vom Kranich fort und wandte sich um zu Feiqing. Der Schwindel war noch da, ganz zu schweigen von ihrer Erschöpfung, aber all das verlor an Bedeutung, als sie entdeckte, was im Osten über die Berge stieg.
    Auf den ersten Blick schien es, als hätten sich dort eine
    Unzahl neuer Gipfel aus dem Nichts erhoben - Gipfel, die sich bewegten und näher kamen. Sie zeichneten sich als Silhouetten vor der anbrechenden Morgendämmerung ab, ein rosafarbener Streifen am Horizont jenseits des Gebirges. Qualmschlieren, die aus dem Tal aufstiegen, verschleierten die Sicht und verschmolzen vor der Glut des anbrechenden Tages mit den dunklen Umrissen. Das machte deren Formen noch unscharfer, beinahe fließend.
    Maginog und das Volk der Riesen hatten ihren Marsch um die Wüste Taklamakan beendet und näherten sich dem Ort, an dem über das Schicksal der Welt entschieden wurde. Wisperwind hatte Recht behalten: Die Riesen waren gekommen, wie sie es versprochen hatten.
    »Zu spät«, flüsterte Feiqing, als sie benommen neben ihn trat, ganz nah an den Abgrund und den rauchverhangenen Talkessel.
    Sie wünschte, sie hätte darauf etwas entgegnen können. Doch es gab nichts zu sagen. Die Riesen mochten endlich eingetroffen sein, aber sie kamen zu einem Zeitpunkt, an dem die Entscheidung bereits gefallen war.
    Jeder der gewaltigen Kolosse war an die zweihundertfünfzig Meter hoch. In den Ruinen der Riesenstadt hatte Wisperwind sie von nahem gesehen und sich gefragt, ob sie tatsächlich aus Fels bestanden oder ob ihre Haut nur aussah, als wären sie aus Stein gemeißelt. Auch jetzt, da sie wie ein natürlicher Teil des Gebirges erschienen, fand sie darauf keine Antwort. Noch stärker als zuvor wirkten sie nun wie gehauene Götzenbilder mit eckigen Schultern, grobschlächtigen Gliedmaßen und Schädeln, die jede Fes-tungsmauer rammen und zum Einsturz bringen konnten. Die Riesen besaßen Hände und Füße wie Menschen, auch Gesichter, aber ihre Augen waren tiefe schwarze Höhlen unter einer vorspringenden Stirn, und ihr Mund ein Spalt, den ein Erdbeben nicht schartiger und gezackter hätte aufbrechen können. Nirgends an ihren Körpern gab es Haare, nirgends Nägel. Nur diese dunkle Borkenhaut, die aussah, als hätte man sie den ältesten Gebirgen der Welt abgezogen und

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