Das Wort des Hastur - 12
Frau spottet jeder Beschreibung«, stöhnte Gavin. »Die mußt du selbst erleben!«
»Sie ist eine der Ridenow-Töchter«, erklärte Floria seufzend, »und gehört zur Zeit zu Königin Antonellas Hofdamen. Sie ist völlig kopfblind und trifft keinen einzigen Ton, aber trotzdem soll sie die Sopranstimme in Gavins neuer Kantate singen.«
»Mein Beileid, alter Junge«, meinte Conn. »Ist das die gleiche Partie, die Floria gerade gesungen hat?«
»Ganz genau. Floria hat sich freundlicherweise bereit erklärt, sie einzustudieren, damit ich sie wenigstens einmal richtig höre. Du kannst dir nicht vorstellen, was diese Person daraus macht!«
»Sie scheint mir eine sehr unglückliche Frau zu sein«, bemerkte Conn plötzlich ernst.
Floria drehte sich zu ihm, um in sein Gesicht blicken zu können. »Hast du sie denn schon getroffen?«
Conn schüttelte den Kopf. »Sie hat mir einen Brief geschrieben.«
Floria begriff sofort, aber für Gavin mußte Conn es erst erklären. »Ich kann durch die Berührung von Gegenständen noch einiges mehr spüren. Am besten klappt es mit oft getragenen Schmuckstücken, aber auch von einem Brief kann ich noch das eine oder andere auffangen, ganz besonders, wenn die betreffende Person beim Schreiben gefühlsmäßig stark erregt war.«
»Wovon hat sie dir denn geschrieben?« wollte Floria wissen.
Ihr Mann konnte sich bei der Antwort ein Lachen nicht verkneifen. »Sie behauptete, du und Gavin würden ganz unverhohlen eine Affäre miteinander haben und am Hof einen Riesenskandal verursachen, und sie hielte es für ihre Pflicht, mich darüber zu unterrichten.«
Floria mußte erst einmal schlucken. »Nein, wie gütig von ihr«, meinte sie schließlich schwach.
Gavin fand es überhaupt nicht komisch. »Dieses hinterhältige, intrigante, skrupellose Mist …«
»Na na, wer wird sich denn so aufregen«, beruhigte Floria ihn. »Du weißt doch genausogut wie ich, daß Conn einem solchen Unsinn keinen Glauben schenken würde.«
»Ganz bestimmt vertraue ich meiner Frau und meinen Freunden mehr als dem Gerede einer mir Unbekannten«, bekräftigte Conn. »Aber immerhin hatte ich damit einen Vorwand, an den Hof zu kommen und Floria wiederzusehen – und natürlich auch, deine neue Kantate zu hören.«
»Wenn du sie richtig aufgeführt hören willst«, erklärte Gavin bissig, »muß vorher noch jemand dieser Kanaille die Gurgel umdrehen! Es ist schon schlimm genug, daß sie meint, sie könne singen, aber Floria derart zu verleumden! Da hört sich doch wohl alles auf!«
»Hat sie denn versucht, auch anderen diese Geschichte unterzujubeln?« erkundigte sich Conn.
»Das glaube ich kaum«, erwiderte Floria. »Die Königin hätte mir sicherlich etwas gesagt, wenn Capella probiert hätte, solche Gerüchte auszustreuen. Und da wir schon von der Königin sprechen – sollten wir nicht besser zu ihr gehen und sie von deiner Ankunft unterrichten?« Floria löste sich widerstrebend aus Conns Armen und erhob sich.
»Da hast du völlig recht«, stimmte Conn ihr zu. »Es ist wirklich nachlässig von mir, nicht zuerst der Königin meine Aufwartung gemacht zu haben, aber ich wollte dich unbedingt sehen.«
Floria lächelte geschmeichelt. »Ich glaube, das wird die Königin – und auch der König – verstehen können.«
»Aber natürlich werden sie das«, pflichtete Gavin bei, als sie in die Halle hinaustraten. »Wer selbst einmal verliebt war, wird Liebe auch bei anderen erkennen.«
Als sie sich den Gemächern der Königin näherten, hörten sie von dort erregte Stimmen. Gavin und Floria schauten sich besorgt an.
»Das ist doch Lord Alton«, meinte Gavin.
Floria nickte. »Ich hoffe nur, daß Capella sein Pferd in Ruhe gelassen hat. Aber ich könnte wetten, daß es genau darum geht.«
»Ist das etwa Capella? Diese Närrin, die ich bei meiner Ankunft in den Stallungen gesehen habe?« fragte Conn. »Eine Frau so Mitte dreißig mit krausen, roten Haaren?«
»Das klingt ganz nach ihr«, sagte Gavin. »Was hat sie denn angestellt?«
»Sie lief gerade auf den hinteren Teil der Stallungen zu, der normalerweise nicht benutzt wird. Sie schien dort eine Verabredung mit jemandem zu haben.«
»So kann man es auch nennen«, seufzte Floria. »Der Jemand ist Lord Altons weißer Hengst …«
»Du willst doch wohl nicht sagen …« Conn wußte nicht so recht, wie er es ausdrücken sollte.
»Nein, nicht was du denkst«, lachte Floria. »Sie möchte das Pferd nur reiten. Lord Alton hat es ihr aber verboten, weil es zu
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