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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Wandirr sich über die Platten zum Abhang schleppte. Einen Augenblick lang glaubte Lian, sie habe gewonnen – doch dann fuhr die Hand des Waffenträgers zum Knauf seines Degens, während er einen Schritt zurück auf die flachen Steine trat. Sein Lächeln verzerrte sich zu einem breiten Grinsen.
    »Aber nicht doch, Amazone – mir wirst du keine Befehle erteilen, nicht hier und jetzt! Von Geburt, Rang und Geschlecht bin ich dir überlegen. Du schuldest mir Gehorsam, und solltest du den verweigern, hast du jedes Anrecht auf Schutz, wie er einer Frau sonst zukommt, verwirkt. Den törichten Ingenieur habe ich bereits aus dem Weg geräumt, und der war mir nur lästig. Glaub mir, ich habe weitaus bessere Gründe, dich auszuschalten!« Seine Klinge schnellte aus der Scheide, indem er die en-garde-Position einnahm.
    Lian starrte ihn an. Hatte es überhaupt noch einen Sinn, mit Vernunftsgründen an ihn zu appellieren? Donato brachte nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch alle Abkommen, die der Comyn-Rat getroffen hatte – mit den Waldläufern, mit den Terranern und auch unter den Domänen. Während ihr dieser Gedanke noch durch den Kopf schoß, taxierte ihre Kämpfernatur schon kaltblütig den Gegner auf seine körperliche und geistige Verfassung.
    Ein wahrhaft würdiger Gegner, der durch die Schule der besten Fechtlehrer der Garde von Thendara gegangen war, dachte Lian, als sie ihr Langschwert aus dem Versteck in ihrem Köcher hervorzog. Unzählige Siege hatten ihn selbstsicher und stolz werden lassen. Sie fragte sich, ob Donato sich strikt an die klassische Fechtkunst hielt oder einen eigenen Stil entwickelt hatte.
    All diese Überlegungen verblaßten, als sie in das glänzende Licht der steinernen Arena trat. Donato tänzelte mit vorgehaltener Klinge auf sie zu. Lian war von der aufblitzenden Waffe halb geblendet, als der Degen zustach, entging ihm aber mit einer geschickten Körperdrehung zur Seite und schwang nun ihrerseits ihr Schwert in einem glatten Bogen über Kopf und Schultern, dem der Degen nicht viel entgegenzusetzen hatte.
    Donato, für den Augenblick überrascht, wich rasch zurück und nahm eine Verteidigungsposition ein. Sekundenlang standen sich beide Auge in Auge gegenüber – Donato durch die erste Riposte vorsichtiger geworden, Lian darauf bedacht, ihn zu entwaffnen.
    Durch die Felsen um sie herum strömten beständig Lichtimpulse. Lian spürte Energie unter ihrer Haut prickeln, und Muster zeichneten sich auf ihrer Netzhaut ab. Das war keine zufällige Erscheinung, das alles folgte einem höheren Zweck! Benommen geriet sie ins Stolpern, und mit einem beherzten Ausfall griff Donato sie an. Nur durch ihren Sturz verfehlte seine Klinge Lians Kehle.
    Avarra, steh’ mir bei! flehte Lian am Boden liegend. Es klirrte metallisch, als die beiden Klingen wieder und wieder aufeinandertrafen. Die Felsen durchlief ein überirdischer Gesang. Lian, die wieder auf die Beine gekommen war, schwankte im pulsierenden Kraftstrom. Ein erneuter Hieb verfehlte ihr Haupt nur um Haaresbreite, aber die Degenspitze ritzte ihren Oberarm auf. Donato lachte triumphierend auf; gefangen in der Wahnvorstellung seines eigenen Traums sprang er über die Steinplatten.
    Lian wich keuchend vor ihm zurück. Die Sonne, die jetzt fast beständig durch die Wolken brach und den heiligen Ort verwandelte, verwirrte ihre Gedanken.
    Verbinde dich mit der Kraft, die dich umgibt. Dienerin der Avarra, sei Ihr Schwert!
    Und da endlich verstand Lian.
    Sie gab sich ganz der sie umgebenden Herrlichkeit hin, ließ sich mit hocherhobenem Schwert von dem Kraftstrom nach vorne tragen, und in der Pracht, die vor ihren benommenen Sinnen aufblühte, erkannte sie, wozu dieser Ort diente.
    »Donato! Zurück von der Öffnung!« Genauso entschlossen, wie sie zuvor ihren Gegner verfolgt hatte, suchte Lian jetzt hinter den Felsen Deckung.
    Donato sah ihr noch einmal nach, und in diesem Augenblick konnte Lian bei ihm die gleiche Euphorie erkennen, mit der auch ihr Bruder jeder Gefahr begegnet war. Dann wandte Donato sich wieder der Öffnung zu und streckte die Hand aus, um zu ergreifen, was immer sie verborgen halten mochte. Sein Mantel glühte, als der Himmel endlich ganz aufriß und das volle Sonnenlicht durchließ; doch dann schien eine Explosion schierer Strahlkraft, die aus dem Inneren der Felsspalte hervorbrach dem Sonnenlicht zu antworten.
    Donatos Schrei ging in dem Freudentaumel unter, mit dem die Waldläufer ihre Gottheit priesen, und es blieb ungewiß,

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