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Das Wort des Hastur - 12

Das Wort des Hastur - 12

Titel: Das Wort des Hastur - 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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daß er unsere Ideen klaut, aber er verhunzt sie so, daß sie für uns unbrauchbar werden.«
    »Lord Ridenow wird euch dessen bestimmt nicht bezichtigen, dazu ist er viel zu klug«, zweifelte Varzil.
    Bei diesen Worten blickte ihn Anndra nur noch deprimierter an. »Auch das ist schon vorgekommen, mein König! Nur meine Behauptung, daß ich selber dem Lehrling den Auftrag erteilt hätte, eine Variation zu Jehans Thema anzufertigen, rettete ihn damals. Ich weiß nicht mehr ein noch aus. Schon fragt mich Lord Ridenow, warum ich keine neuen Lieder mehr für ihn komponiere. Wie kann ich ihm nur erklären, daß sein eigener Sohn alles, was ich vorbereite, stiehlt und entstellt?«
    Varzil lehnte sich mit tief besorgter Miene in die weichen Kissen seines Throns zurück. Als Zeichen seiner Macht als Laranzu und Bewahrer trug er auch jetzt noch die rote Robe. »Rafael Ridenow verliert leicht die Beherrschung«, meinte er bedächtig. »Und er ist stolz auf sein eigen Fleisch und Blut. Wenn dein Wort gegen das des Jungen stünde – «
    » – würde ich alles verlieren – Stellung, Ruf, einfach alles«, pflichtete Anndra resigniert bei. »Ratet mir, mein König, was kann ich tun?«
    Tayksa erriet, was Varzil durch den Kopf ging, auch wenn sie keine Leronis war, die seine Gedanken lesen konnte. Lord Ridenow war ein mächtiger Mann, der jede auch nur vermeintliche Kränkung sehr persönlich nahm. Varzils neue Stellung war noch lange nicht unangefochten und basierte auf einem prekären Machtausgleich zwischen den Lords aller Domänen. Er könnte Anndra in seine eigenen Dienste aufnehmen, falls Lord Ridenow ihn entlassen würde; aber wenn er das täte, könnte Rafael Ridenow dies als einen bewußten Affront auslegen und entsprechend reagieren. Wegen solch geringfügiger Anlässe war es in der Vergangenheit schon oft zum Krieg gekommen.
    »Vielleicht ließe es sich einrichten, den Jungen eine Zeit lang anderswo unterzubringen«, überlegte Varzil laut. »Ich könnte ihn an meinen Hof bitten – aber nein, das hat keinen Zweck. Rafael würde annehmen, ich wolle ihn als Geißel behalten, und sich weigern.«
    Tayksa räusperte sich vorsichtig, aber vernehmlich. Sofort blickte Varzil sie an.
    »Ich vermute, du hast eine Idee, Mestra?« Der andere Wächter schaute schockiert, aber Cemoc lächelte nur nachsichtig. Tayksa traute sich, was nur wenige andere gewagt hätten, wohl auch deshalb, weil sie Varzil bereits zweimal das Leben gerettet hatte. Der König gestand ihr gewisse Freiheiten zu, die er bei anderen niemals geduldet hätte. Tayksa ihrerseits bemühte sich, nicht allzu vorlaut zu erscheinen, ergriff aber doch hier und da die Gelegenheit, sich etwas einzumischen. Der König und sie verstanden dies Spiel nur zu gut und schienen es beide zu genießen.
    »Jeder wahre Künstler braucht Inspiration«, erklärte sie unbefangen. »Und jeder junge Mann muß Erfahrungen sammeln, die ihm diese Inspiration verschaffen. Welch bessere Inspiration für eine heroische Ballade, oder sogar eine ganze Reihe von Balladen, wäre denkbar als eine Reise? Vielleicht ein Besuch am heiligen See zu Hali, um zu sehen, was Ihr wiederhergestellt habt, um den rhu fead, die Kapelle, den Schleier und all die anderen heiligen Dinge aus eigener Anschauung zu erleben. Dieses Erlebnis sollte allein schon ausreichen, um bei jedem die dichterische Ader zu wecken. Außerdem wäre es ein frommes Unterfangen, das jedem jungen Adligen gut täte.«
    Varzil schaute zunächst etwas verblüfft, aber dann schien er zu begreifen, worauf sie hinauswollte. »Aber natürlich! Und wenn dann zusätzlich einige Reiseberichte der Begleiter des Jungen durchsickern und, rein zufällig versteht sich, auch Anndra und seine Lehrlinge zu einem Lied anregen …«
    »… dann würde deutlich, daß es nicht so sehr auf die Idee ankommt, sondern darauf, was die Begabung des einzelnen Barden daraus macht«, schloß Tayksa gewitzt. »Ganz besonders dann, wenn sich der Junge trotz der Erlebnisse als nicht besonders inspiriert erweist.« Und schließlich fügte sie noch beiläufig hinzu: »Ich darf sagen, daß meine Partnerin und ich diesen Landesteil recht gut kennen. Und ich bin durchaus in der Lage, ein paar staubtrockene Berichte über die Reise zusammenzustoppeln. Wenn Ihr also die Güte hättet, uns als Führer des jungen Lords zu empfehlen …«
    Damit wäre ich für mehrere Langwochen von diesem öden Wachdienst freigestellt! Und Deena juckt es schon lange, wieder mal in die Wildnis

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