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Das Wüten der ganzen Welt

Das Wüten der ganzen Welt

Titel: Das Wüten der ganzen Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maarten 't Hart
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wieder voll, sagte: »Ich bin froh, daß du hier ab und zu aufpassen willst. Daß hier in einem solch hinfälligen Hafenstädtchen so viel eingebrochen wird! Ja, ja, die Verbrechensstatistiken hier... So jung, wie du bist, und doch hast du schon einen Mord mit angesehen.«
    »Ich hab nichts gesehen«, sagte ich.
    »Wirklich nicht?«
    »Nein«, sagte ich, »ich hörte wohl einen Knall, aber ich dachte, daß mein Vater eine Papiertüte kaputtschlug.«
    »Du dachtest nicht, daß einer von den Rotznasen einen Schwärmer angesteckt hätte?«
    »Nein, so klang es nicht, es klang wirklich, als ob mein Vater eine Papiertüte aufgeblasen hätte und die jetzt kaputtschlug. Er schlägt beinahe jeden Samstag eine Papiertüte kaputt, um mich zu erschrecken, also...«
    »Ist er so einer? Piesackt er gern?« »Ja, er triezt immer.«
    »Mein Vater sagte immer: ›Menschen, die gern hänseln, sind todunglücklich.‹« Er hob sein Glas, sah den Wein an, fragte: »Als dieser Knall war, hast du dich da nicht kurz umgedreht?«
    »Nicht sofort, denn ich erschrak nicht bei dem Knall, ich dachte erst, daß mein Vater... aber der war unterwegs in den Häusern, also dachte ich, daß sie einen Knallfrosch... Man hörte den ganzen Tag nichts anderes. Ich habe mich erst umgedreht, als ich etwas fallen hörte. Ich sah einen Mann mit einem Schlapphut, der sich mit der linken Hand einen Schal vor den Mund hielt.«
    »Es ist fast nicht zu glauben, aber du bist der einzige, der den Mörder gesehen hat. Ich stand auch da draußen, aber ich...« Durch den Wein hatte ich jetzt zu meinem eigenen Erstaunen den Mut zu fragen: »Warum waren Sie eigentlich dabei?«
    »Du bist nicht der erste, der das fragt«, sagte er, »Graswinckel hat mir deswegen auch schon wochenlang in den Ohren gelegen. Immer wieder sagte er ziemlich unverblümt: ›Das ist doch nichts für dich, im Hoofd bei einer solchen Evangelisationsversammlung herumzustehen und zu glotzen, um kein Wort zu verpassen.‹ Nein, da hatte er recht, das ist auch nichts für mich; von Gott und seinem Sohn will ich nur hören, wenn es so unverständlich wie möglich in Musik gesetzt ist, aber ich war auf dem Weg zum Konsul von Südafrika, der, wie du weißt, in dem schönen weißen Haus in der Burgemeester Lelykade wohnt. Der ist dank unseres hiesigen Wetters einer meiner besten Kunden. Und der besteht nicht nur darauf, daß ihm die Medizin gebracht wird, sondern auch noch vom Apotheker höchstpersönlich, nun, von mir aus ist das in Ordnung - meist steht dem ein sehr gutes Glas Wein von weit unterhalb des Äquators gegenüber, ja, Wein ist meine schwache Seite, ich gebe es ehrlich zu -, also, ich gehe da, im Hoofd, und da sehe ich Alice stehen. Graswinckel fragte mich genau wie du: ›Warum warst du da?‹ Nun, so fragte ich Alice: ›Was machst du denn hier?‹ Und was machte sie da? Sie war auf dem Weg zu De Vries, um ein Paket Waschmittel zu hole n, und war einen Moment stehengeblieben, weil das eine so verrückte Darbietung war: ein Mann auf einer Gemüsekiste, der die ganze Zeit zum Waterweg zeigt und dauernd behauptet, da stünde ein Kreuz. Und dann wird da in diesem Regen tüchtig und sehr passend gesungen von rauschenden Wolken, und der arme Pianist sitzt ganz hinten im Lagerhaus und kann nichts sehen.«
    »Das ging noch«, sagte ich, »ich konnte Everaarts da stehen sehen, und ich sah Sie, als Sie da ankamen...«
    »Bist du«, unterbrach er mich, »eigentlich auch so scharf von Graswinckel verhört worden?«
    »Er war ein paarmal abends da. Dann wollte er nur ein bißchen mit mir am Hafen Spazierengehen.« »Was für eine unorthodoxe Methode! Nicht schlecht! Er wollte dich natürlich nicht aufregen. Wenn er dich in sein Büro hätte kommen lassen... aber, was konntest du ihm eigentlich erzählen? Du hattest den Mann nur einen Augenblick gesehen, mehr konntest du natürlich auch nicht...« »Nein«, sagte ich.
    »Genau«, sagte er, »aber hattest du nicht auch das Gefühl, daß Graswinckel doch irgendeiner Sache auf der Spur war?«
    Irgendwie übermütig geworden durch den Alkohol und außerdem stolz darauf, daß ich ihm erzählen konnte, was ich wußte, sagte ich: »Er wußte, daß Vroombout Jungen Geld gab, um... um... wie soll ich das sagen?« »Du brauchst es nicht zu sagen, ich kapier das auch so.«
    »Und daß es vielleicht auch andere Männer gab, die dasselbe taten, und daß einer von diesen anderen... aus Eifersucht oder so was...«
    »Oh, seine Gedanken gingen in die Richtung? Das

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